Название: Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden
isbn: 9783959790024
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»Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir den Kontakt nicht mehr verlieren würden.«
»Wie stellst du dir das vor? Immerhin lebst du in Heidelberg«, fragte sie postwendend. Auch sie fühlte sich außergewöhnlich wohl in Hannos Gesellschaft. Der Abend war wie im Flug vergangen. Und doch wusste sie nicht, wohin das alles führen sollte. Was sie eigentlich wollte.
Hanno schien ihre Gedanken lesen zu können.
»Du tust ja gerade so, als wäre Heidelberg auf dem Mond«, amüsierte er sich. »Ich würde dir gern mein Zuhause zeigen. Es ist ein altes Fachwerkhaus, das dir bestimmt gefällt. Warum kommst du nicht einfach am Wochenende mit, wenn ich zurückfahre? Ich zeige dir meine Wahlheimat. Heidelberg hat eine grandiose Altstadt mit einer imposanten Burg.«
»Außerdem befindet sich dort die älteste Hochschule auf dem Gebiet des heutigen Deutschland, die Wissenschaftler und Besucher aus aller Welt anzieht«, trumpfte Wendy mit ihrem Wissen über die deutsche Großstadt am Neckar auf und beeindruckte Hanno damit sichtlich.
»Alle Achtung«, lobte er, und wenn möglich leuchteten seine Augen noch mehr. »Sag bloß, dass du schon mal da warst und mich nicht besucht hast?«
Sein betrübter Gesichtsausdruck brachte sie zum Lachen.
»Nein, ich war noch nie dort. Aber ich kenne Bilder. Es ist bestimmt sehr schön«, räumte sie zögernd ein.
Hanno ahnte, dass er nicht mehr weit von seinem Ziel entfernt war. Er beugte sich vor und sah ihr tief in die Augen.
»Dann tu mir den Gefallen und komm mit«, bat er sie fast flehend. »Nur dieses eine Wochenende. Das wäre wunderschön.«
Wendy haderte mit sich, und so spielte er schließlich den letzten Trumpf aus, den er im Ärmel hatte.
»Du kannst mich alten, kranken Mann doch nicht allein reisen lassen.« Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er nach dem verletzten Knie, das Danny Norden am Vormittag fachgerecht versorgt hatte. »Stell dir vor, mir passiert etwas. Du würdest deines Lebens nicht mehr froh werden.«
Dieser Überzeugungskraft hatte Wendy nicht viel entgegenzusetzen. Selten zuvor hatte jemand versucht, sie mit so viel Charme zu einem Wochenendausflug zu überreden.
»Mal abgesehen davon, dass du von deinem Knie die ganze Zeit nichts gespürt hast, hast du natürlich absolut recht«, ließ sie durchblicken, dass sie seine List durchschaut hatte. »Ich werde darüber nachdenken«, gab sie sich schließlich geschlagen. »Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du dir nicht zu viele Hoffnungen machst, was uns betrifft.«
»Alles kann, nichts muss«, machte Hanno einen Vorschlag und winkte dem Ober, um die Rechnung zu ordern.
Dagegen hatte Wendy nichts einzuwenden, und so beschloss sie, seinen Rat anzunehmen. Vielleicht war sie inzwischen wirklich zu engstirnig und vorsichtig. Warum nicht einmal die Dinge entspannt auf sich zukommen lassen und gut gelaunt genießen? Mal abgesehen davon, dass ihr Leben offenbar doch nicht so unspektakulär war, wie sie gedacht hatte. Würde sonst ein aufregender Mann wie Hanno Thalbach derart nachdrücklich um ihre Gesellschaft bitten?
*
Désis Hausaufgaben nahmen mehr Zeit in Anspruch als gedacht, und der Abend war schon weiter vorangeschritten als gedacht, als Daniel Norden endlich aus dem Zimmer seiner Tochter kam. Fee hatte sich in der Zwischenzeit ins Arbeitszimmer zurückgezogen. Seit einigen Monaten absolvierte sie eine Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und musste neben ihrem Praktikum an der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik fleißig lernen.
Da auch die anderen Familienmitglieder beschäftigt waren, setzte sich Daniel Norden schließlich allein ins Wohnzimmer und schaltete lustlos den Fernseher ein. Er zappte durch die Programme, fand aber nichts Ansprechendes und schaltete den Apparat wieder ab. Eine Weile saß er im Wohnzimmer und lauschte auf die Geräusche des friedlichen Abends, die durch die offen stehende Terrassentür hereindrangen. Ab und zu fuhr ein Wagen vorbei. Irgendwo saßen junge Leute zusammen und unterhielten sich. Hin und wieder lachten ein paar von ihnen. Sonst war alles still, und unwillkürlich wanderten Daniels Gedanken wieder zu seiner jungen Patientin Teresa Berger, die er eigentlich hatte besuchen wollen. Nach einem Blick auf die Uhr traf er eine Entscheidung und stand auf.
»Ich fahr schnell noch einmal in die Klinik«, teilte er seiner Frau mit, die hochkonzentriert inmitten Bergen von Büchern und einem Wust an Papier saß.
»Hmmm«, antwortete Felicitas, ohne den Kopf zu heben.
Daniel hatte Verständnis für dieses Maß an Versenkung und zog sich lächelnd zurück. Er bewunderte seine fleißige Frau grenzenlos für ihren Ehrgeiz und dachte sogar noch daran, als er die Klinik betrat.
»Nanu, Kollege Norden, sind Sie verliebt oder warum lächeln Sie so selig?«, erkundigte sich die Chirurgin Dr. Paula Clement launig. Sie hatte Nachtschicht und freute sich über den Besuch des Allgemeinarztes. »Und was machen Sie überhaupt um diese Uhrzeit in der Klinik? Hatten Sie Sehnsucht nach mir?«, fragte sie frech und zwinkerte ihm zu.
»Ehrlich gesagt eher nach einer Auskunft von Ihnen«, gab Daniel offen zu, und Paula verdrehte in gespielter Verzweiflung die Augen.
»Das ist mein Schicksal. Hier in der Klinik geht es immer nur um meine fachliche Kompetenz.« Seite an Seite mit ihrem Kollegen wanderte sie den Klinikflur hinunter. Sie hatten dasselbe Ziel.
»Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass Sie keine Chancen auf dem Markt der Eitelkeiten haben?« Ungläubig schüttelte Daniel Norden den Kopf und musste unwillkürlich an seinen Patienten Stephan Hagedorn denken, der ähnliche Probleme hatte wie seine Kollegin.
Mit ihren blauen Augen zu den dunklen Haaren und dem ovalen Gesicht war Paula Clement eine äußerst aparte Erscheinung. Zudem war sie alles andere als zickig, dafür intelligent und humorvoll, warmherzig, witzig und loyal. Im Grunde genommen war Paula Clement der fleischgewordene Männertraum. Zumindest in der Theorie. Wie bei so vielen Ärzten scheiterte es aber an der Praxis, der kaum vorhandenen Freizeit. Ständig wechselnde Arbeitszeiten, Bereitschaftsdienste und kaum freie Wochenenden bereiteten jeder hoffnungsvollen Liebelei ein schmerzliches Ende.
»Stellen Sie sich vor: In meiner Verzweiflung hab ich’s sogar mit einer Singlebörse im Internet versucht«, erwiderte Paula düster und steckte ihre Hände noch tiefer in die Taschen ihres Kittels. »Aber wenn das so weitergeht, lösche ich mein Profil wieder. Noch ein einziger attraktiver, erfolgreicher, gebildeter Geschäftsmann, und ich drehe durch.«
Nur mit Mühe konnte Daniel ein Lachen unterdrücken.
»So schlimm?«, fragte er und versteckte sich hinter einem Hustenanfall.
Paula Clement bemerkte es nicht.
»Noch schlimmer. Die meisten Angaben im Internet sind gelogen oder gnadenlos geschönt. Inzwischen glaube ich gar nichts mehr!« Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Dann doch lieber harte medizinische Fakten. Da weiß man wenigstens, was man hat.« Sie waren vor der Station angekommen, und Daniel hielt ihr zuvorkommend die Tür auf.
»Bestimmt braucht man eine sehr ausgeprägte Menschenkenntnis, um die Joker aus der Vielzahl der Anzeigen herauszufischen«, gab Daniel Norden unumwunden zu. Dabei war er mehr als froh, seit so vielen Jahren glücklich verheiratet und nicht gezwungen СКАЧАТЬ