Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ bewegte sich das Fuhrwerk über den pfeifenden Schnee zu den Linden, hinaus über die Steinbrücke, rechts hin gegen den Fluß.

      »Herr,« fragte Mathes, »und ich darf also nit mit Euch?«

      »Und wer sollte denn das Haus bewachen?« rief Hansjörg ärgerlich.

      »Schon, schon,« murmelte der Reitknecht.

      »Bis zum Frühjahr muß ja doch eine Aenderung kommen, und dann – wie oft soll ich dir das alles noch sagen, Mathes?«

      »Schon, schon.« –

      Nun war der Lastwagen auf der Holzbrücke und fuhr langsam und mit Gepolter über den schreienden Schnee und die wackligen Bohlen.

      »Bis zum Frühjahr mußt du bleiben und gut haushalten, Mathes!«

      »Ich schon, ich, Herr. Aber was werden die andern fragen nach mir?«

      »Es wird schon gehen. Du mußt dir Respekt verschaffen!«

      »Den könnt Ihr mir nit geben, Herr, durch Euer Wort, und den kann ich mir nit verschaffen von heut auf morgen. Unter den Hammerknechten ist gar mancher Alte, der mir vor Jahren die Hosen gespannt hat.«

      »Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch den Verstand, Mathes.«

      »Hier ist der Rötel, Herr,« sagte der Knecht und gab dem Junker den Brocken. »Ich hab' die Kisten alle angezeichnet nach Euerm Gebot.«

      Hansjörg nahm den Brocken und ging ins Schloß. Aus der Kinderstube zu ebener Erde kam lautes Beten.

      Hansjörg blieb stehen und lauschte. Da vernahm er seinen Bruder, der mit starker Stimme las. »Und der Herr sprach zu Abram: Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will.«

      Der Lesende schluchzte. Da erklang die helle Stimme der Portnerin: »Gieb her, guter Jörg, nun will ich lesen!«

      Hansjörg hörte das Rauschen der Buchblätter; dann hob die Portnerin an und las: »Und er blieb allein. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Und da er sahe, daß er ihn nicht übermochte, rührte er das Gelenk seiner Hüfte an; und das Gelenk der Hüfte Jakobs ward über dem Ringen mit ihm verrenket. Und er sprach: Laß mich gehen; denn die Morgenröte bricht an. – Aber er antwortete: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.«

      Hansjörg begann die Stiege ins obere Stockwerk hinanzugehen und murmelte vor sich hin, als wäre er noch ein Knabe und säße in der Schule. »Er sprach: Wie heißest du? Er antwortete: Jakob. Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist obgelegen . . . Und er segnete ihn daselbst . . .«

      Hansjörg Portner öffnete die Stubenthüre und betrat das kalte, leere Gemach. Unschlüssig stand er und drehte den Rötel zwischen den Fingern –: ›Warum bin ich denn hier? Was will ich denn? Die alte Stube will ich nochmal sehen!‹

      ›Was sie nun liest in ihrer Einfalt, das weiß ich wohl,‹ murmelte er nach einer Weile. ›Und warum gehe ich nicht hinunter zu ihnen? – Zantner, du bist's gewesen, nur du! Damals war's, damals hast du mir den Funken ins Herz geblasen, und dann hat's weitergefressen und hat mich leergebrannt. Ja, du, Zantner! – Que sais-je?‹

      Er lachte hart auf. ›Und dennoch: Que sais-je?!‹

      Er spielte mit dem Rötel. ›Ich weiß, was sie nun betet da drunten: "Ich habe Gott von Angesicht gesehen, und meine Seele ist genesen." – Und wer hat ihn jemals gesehen?‹ –

      Vor ihm starrte die kahle, weiße Wand, und während zur Seite ein hartgefrorenes Fenster in Purpurfarbe erglühte unter den Strahlen der aufgehenden Sonne, schritt er an die Wand und begann langsam und mit großen Buchstaben zu malen:

      Rebus in angustis facile est contemnere vitam -

       Fortiter ille facit, qui miser esse potest.

      Das betrachtete er eine Weile in tiefen Gedanken. Dann warf er den Rötel in eine Ecke und ging mit Geklirre aus der Stube.

      Kniebeuge.

       Inhaltsverzeichnis

      In den warmen Kellern der Burg Zant lagen haufenweise die Rüben, in den kühlen Vorratskammern hing reihenweise das Schwarzfleisch, in den reinlichen Truhen blinkte das Mehl, in den geräumigen Fässern stand das Kraut, im luftigen Obstgaden dufteten die großen Säcke mit Dörrobst, bauchig und steif. Ueber den Ställen war das Heu geschichtet bis unter den First, aus der Tenne klang der Flegelschlag vom frühen Morgen bis zum späten Abend. In den Kachelöfen ging das Feuer nicht aus den ganzen Tag, und von den kleinen, runden, bleigefaßten Fensterscheiben tropfte das Wasser. Die mächtige Linde reckte ihre kahlen, schneebedeckten Aeste in die klare Luft, enge Weglein liefen kreuz und quer über den Hof; eine schmale Fahrstraße wand sich hinunter ins Thal, von den Dächern hingen die langen Zapfen; so weit das Auge reichte, lag die schwere, weiße Decke auf dem Lande: Burg Zant war eingeschneit und eingefroren. –

      Im Turmstüblein der Ahnfrau war's behaglich warm, und die Morgensonne malte die runden Butzenscheiben auf den blanken Fußboden.

      Die Greisin saß gebückt in ihrem Lehnstuhle, hatte eine gewaltige Hornbrille auf dem alten, runzeligen und doch so rosigen Gesichte und las in ihrer Bibel. Leise ging die Magd ab und zu, legte eine Decke über das frischgemachte Bett, begoß den Epheu mit warmem Wasser und streute weißen Sand auf die Dielen. Fernher klang der Siebenschlag der Drescher von der Tenne.

      »Kalt?« fragte die Greisin, klappte das Buch zusammen, nahm die Brille ab, rieb die Nase und murmelte gähnend: »Warum beißt mich's denn so heftig?«

      »Kalt, daß der Schnee pfeift,« antwortete die Magd und rieb an der schönen, geschnitzten Truhe.

      »Was hast g'sagt?« fragte die Ahnfrau gedehnt, erhob sich, stieg von ihrem Schemelein und ging an ihr Bett, hob die Decke und schob das Buch darunter.

      »Kalt, daß der Schnee pfeift!« schrie die Magd und rieb und rieb.

      »Jetzela ist's recht, jetzela hab' ich's verstanden,« meinte Frau Barbara von Breuning und hatschte ans Fensterlein. »Mußt laut sprechen, Rettl, alte Leut' hören oft nicht gut. Aber wenn ich nur wüßt', warum mich meine Nase so sehr beißt.«

      »Werdet halt was Neues innewerden!« schrie die Magd.

      »Was hast g'sagt?« fragte die Ahnfrau gedehnt und kratzte ein wenig an der gefrorenen Scheibe.

      »Was Neues werdet Ihr innewerden!« schrie die Magd, daß es gellte, und brummend setzte sie bei: »Weiß gar nit, wird alle Tag schlechter mit der Ahne, gar nimmer hören kann's, das alte Leut.«

      Ein feines Lächeln zuckte um die Mundwinkel der Greisin, und freundlich sagte sie: »Jetzela ist's recht, Rettl, mußt laut reden, daß ich's verstehen kann. Was Neues, sagst? Mußt mir halt was Neues erzählen, Rettl, daß ich was Neues erfahr'!«

      »Der Herr hat den Nikl heut früh –«

      »So versteh' ich gar nichts,« sagte die Ahnfrau, rückte ihr Spinnrädchen zurecht, nahm eine Hutzel in den Mund und begann СКАЧАТЬ