Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 125

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ nit weinen, Dorel, nit weinen, du kriegst 'n Weck, so wahr ich Liesi Fischerin heiß'. Aber nit weinen, bscht!«

      Und sie zog das Kind um die Ecke und ging hastig weiter bis an das nächste enge Gäßlein. »Nit weinen, Dorel, nit weinen! So, Dorel, da stell dich her, da hinter den Prellstein in Schatten – so. Und nit fürchten – ich bring' dir 'n Weck, ich bin gleich wieder da.« Das Kind drückte sich an die Mauer und hielt den Atem an.

      Und eilig lief die Magd den kurzen Weg zurück, schlüpfte wieder in den Hausflur und blieb einen Augenblick lauschend an der Stubenthüre stehen. Reden und Lachen klang heraus. Die Greisin aber öffnete vorsichtig die Thüre und spähte durch den Spalt hinein. Dann ballte sie die Hände, atmete tief, murrte vor sich hin – stieß die Thüre auf, schoß wie ein Habicht auf den nächsten Korb, griff ein Brötchen heraus und rannte zurück in den Hausflur, hinaus ins Freie.

      »Die war's – Dibio!« kreischte der Bäcker und stürzte ihr nach, und mit Hallo und Dibio rannten die Leute aus der Stube hinter ihm drein.

      »Dibio, Dibio!« keuchte der Bäcker. »Die dort ist's – Dibio, festhalten!«

      Und Dibio gellte es die Gasse hinunter. –

      Wie eine schwarze Furie mit ausgebreiteten Armen stand die Greisin vor dem bebenden Kinde am Eingange in das Gäßlein.

      »Die war's!« keuchte der Bäcker und schüttelte sie heftig an der Schulter. »'raus damit!«

      Und ein Knäuel von schreienden, schimpfenden, gaffenden Menschen ballte sich vor dem engen Gäßlein zusammen.

      Schwer atmend, wortlos, mit funkelnden Augen stand die alte Magd vor dem zornigen Manne.

      »Was giebt's denn da?« fragte einer mit tiefer Stimme, und es drängte sich ein großer, vornehm gekleideter Mann durch die Menge.

      »Eine Diebin haben wir,« sagte der Bäcker, »nicht einmal mehr das Brot in den Ladenstuben ist sicher vor dem Emigrantengesindel, Herr.«

      »Ich bin keine Diebin, ich bin des Herrn Portners von Theuern Magd, die Liesi Fischerin, dürft fragen, wen Ihr wollt!« schrie nun die Greisin.

      »Aus der Ladenstube hat sie mir das Brot geraubt!« brüllte der Bäcker.

      »Weil des Herrn Georg Portner von Theuern Kind nit Hungers verkommen darf!« kreischte die Magd, zog das weinende Kind aus dem Schatten und stellte es vor den Fremden. »Da, Herr, schaut Euch den Wurm an und helft, wenn Ihr ein Herz habt!«

      Der Vornehme fragte: »Nochmal, wie hast du gesagt – Georg Portner von Theuern? Ist das nicht ein Oberpfälzischer vom Adel?«

      »Da hört Ihr's, der Herr kennt uns, und ich bin keine Diebin!« rief die Magd und bückte sich, die Hand des Fremden zu küssen.

      »Was hast du genommen?« fragte dieser und entzog ihr die Hand.

      »Einen Arm voll Wecken hat mir das Vieh gestohlen!« schrie der Bäcker.

      »Das da hab' ich genommen, weil er mich mit dem Kind aus dem Laden gejagt hat wie einen Hund,« sagte die Greisin und zog das Brötchen aus der Tasche und hielt es dem Fremden hin.

      »Nicht wahr ist's!« kreischte der Bäcker.

      »So sucht meine Taschen aus!« sagte die Alte mit Abscheu.

      Der Fremde zog den Beutel und reichte dem Bäcker ein Geldstück. »Ist das auf Euern Haaren Mehlstaub oder sind sie von Natur so weiß?«

      Der Bäcker ließ das Geldstück in die Tasche gleiten, murmelte etwas Unverständliches, wandte sich ab und schob sich durch den Haufen.

      »Iß, Dorel!« raunte die Magd, bückte sich und brach das Brötchen. »Tausendmal vergelt's Gott, Herr!«

      »Georg Portner von Theuern?« fragte der Fremde noch einmal und strich liebkosend über das Köpflein des Kindes. »Platz da!« herrschte er die Gaffer an. »Und du,« befahl er der Magd, »führst mich zu deinem Herrn!« – –

      Es war spät am Abende. Der Mond stand hinter den Dächern, und in der Kammer der Wöchnerin brannte ein kleines Licht.

      Georg Portner saß am Lager seines Weibes und lauschte auf die ruhigen Atemzüge der Schläfer.

      Da regte sich das Kindlein in der Wiege und begann zu weinen. Frau Anna Felicitas erwachte und richtete sich auf. »Du?« sagte sie schlaftrunken und tastete mit der Hand nach ihrem Manne. »Gieb mir das Kind!«

      Georg hob das Kind aus der Wiege und legte es behutsam an ihre Brust.

      »Es hat mir so wundervoll geträumt,« murmelte sie nach einer Weile, während das Kindlein in tiefen Zügen trank, »und nun ist alles ganz anders.«

      Georg schwieg.

      »Es war ein schöner Sommerabend in Theuern. Ich trug dir das Kind entgegen, und neben mir trippelte das Dorel. Da kamst du vom Hammer und nahmst mir das Kind ab, und selbviert gingen wir unterm Betläuten zurück. Es ist mir, als hörte ich noch die Glocke klingen. ›Sieh nur, wie rot, wie feuerrot!‹ rief ich und blieb stehen und wies auf die Fenster. Dann aber lachte ich: ›Es ist ja nur die rote Abendsonne, die spiegelt sich in den Scheiben, als wollten die Flammen daraus brechen; aber fast wäre ich erschrocken!‹«

      Georg stöhnte.

      »Mit Lachen gingen wir weiter. Hansjörg und Ruth kamen uns entgegen. Ich sehe die weißen, schimmernden Mauern und die grünen Läden, Jörg, und höre die Lerchen jubeln im Felde und – ach, Jörg, es war doch wunderschön im Herrenhause zu Theuern!« – Georg schwieg.

      »O, wie dumm bin ich, vergieb mir!« murmelte sie und tastete nach seiner Hand. »Vergieb, ich war noch halb im Traume.«

      »Freilich ist's wunderschön gewesen im Herrenhause zu Theuern,« sagte Georg mit Anstrengung. »Und es wird auch wieder schön werden,« setzte er mit fester Stimme bei.

      »Aber sag, Jörg, ich rede und träume da wie ein Kind – wie bist du denn über die letzten Tage gekommen?« fragte sie ängstlich.

      Da stand Georg Portner auf, beugte sich auf sie herab und küßte sie: »Furchtbar war's, doch es ist alles vorüber, Anna Feli.«

      »Furchtbar, sagst du? Ach Gott, und ich habe nicht helfen sorgen können, Jörg! Ist das Getreide freigegeben? Sag!«

      »Es ist vorüber, Anna Feli,« wiederholte der Mann. »Wir sind aus aller Not.«

      Dann kniete er nieder an ihrem Bett und erzählte ihr flüsternd eine lange Geschichte. Atemlos lauschte das Weib.

      »Es ist mir fast zu viel auf einmal,« murmelte die Portnerin. »Ein Nürnberger Geschlechter, sagst du? Mit Hansjörg hat er in Bologna studiert?«

      »Ja, und dort hat ihm der Bruder das Leben gerettet.«

      »Aber davon hat er ja niemals erzählt, Jörg?«

      »Niemals.«

      »Das sieht ihm gleich. Und in Rothenburg ist das Haus und Gut, das du verwalten sollst? Ach, wie freundlich handelt doch der Herr an den Seinen, Jörg! – Bitte, СКАЧАТЬ