Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ drücken –, aber hat nicht jüngst der Herr Vetter selbst im Roten Rössel unter vielen Emigranten eine scharfe Rede für Königliche Würden aus Schweden und gegen den Kurfürsten gehalten? Oder hat man mich angelogen?«

      »Zum Teufel,« fuhr Haus Andre auf, und seine Blicke suchten unstet in der Stube herum, »ich kann ja wohl einmal ein freies Wort sagen unter guten Freunden; denn ich für meine Person hab' keinen Maulwurfshaufen mehr zu eigen im Lande der oberen Pfalz. Aber an euch hängt Theuern, und auf Theuern stehen meine Zwölftausend, und da muß einer schon ein Dummkopf sein, wenn er alles auf eine Karte setzt, wie dein Bruder Hansjörg.«

      »Ich verbitte mir das, Herr Vetter,« sagte Georg.

      »Na, mußt nicht jedes Wort krumm nehmen,« lenkte der andre ein. »Aber sag selber, was wär's gewesen, wenn er nun vorsichtig hätte im Hintertreffen warten wollen? Klug wär's gewesen, Jörg!«

      »Klug!« murmelte Georg. »Klug in solchen Zeitläuften, wo's auf jeden Arm ankommt? Wollte Gott, ich verstände auch das Kriegswesen wie mein Bruder, daß sie mich auch nähmen als einen Fähnrich, und ich auch reiten könnte für die evangelische Sache!«

      »Jawohl, evangelische Sache! Daß ich mein Geld gesehen hätte für alle Zeiten!«

      »Aber es ist ja doch gar kein Zweifel, daß –« Georg wankte und griff nach der nächsten Stuhllehne. »Vergebt, es ist mir, es ist mir – etwas arg schwach.«

      »Ein großer Zweifel!« rief Hans Andre. »Fürs erste, ob die Stadt ein Bündnis abschließt, und fürs zweite, ob der König seinen Weg auf die Oberpfalz oder anderswohin nimmt.«

      »Vergebt, ich muß mich nun doch ein wenig setzen, es ist mir zu schwach.«

      »Und ein Kluger hätte sich freie Hand behalten, und je nachdem hätte er sich so oder so entschieden,« schloß Hans Andre.

      »Ich muß Euch nun doch sagen,« begann Georg und erhob sich mit Anstrengung, »bei mir zu Hause sieht's traurig aus: mein Weib liegt in den Wochen, und das Geld ist mir – es ist mir seit etlichen Tagen ausgegangen.«

      »Und da hat sich der leichtfertige Mensch mit Weib und Kind nach Nürnberg gesetzt!« rief Hans Andre Portner und schlug die Hände zusammen.

      »Ich hätte zwar noch keinen Mangel,« fuhr Georg fort, »aber es ist mir an der oberpfälzischen Grenze ein Wagen mit Getreide angehalten worden, unter dem Vorgeben, man lasse ins Feindesland keine Lebensmittel hinaus.«

      »Na, da haben wir's ja schon!« rief Hans Andre und begann in der Stube umherzurennen. »Ich hab's ja gesagt. Angehalten? Das gilt nur dem Rebellen, ich hab's ja gesagt! Oder glaubst du, Jörg, daß die zu Amberg nicht schon längst alles wissen von deinem saubern Herrn Bruder?«

      »Ihr höhnt einen Wehrlosen,« sagte Georg mit bebenden Lippen. »Und wär's nicht um meiner hungernden Magd und Kindleins – ich bliebe – ich bliebe keine Minute –.« Er schwankte wieder.

      »Höhnen? Ich werd' mich wohl ärgern dürfen über mein verlorenes Geld! Aber da, nimm einen Schluck Wein und einen Bissen Brot, mein Sohn!«

      Georg trank und verschlang einen Bissen. »Ich – ich habe seit vierundzwanzig Stunden nichts mehr über die Lippen gebracht,« murmelte er.

      »Zu dumm, wollt' sagen zu leichtsinnig!« jammerte Hans Andre. »Und jetzt auch noch das Unglück in Theuern!«

      »Welches Unglück?« fragte Georg.

      »Na, das weißt du doch selber schon so gut wie ich.«

      »Wissen? Nicht ein Wort, Herr Vetter!«

      »Na, das Aergste ist's auch nicht; das Hin- und Herschwedeln, wie's der Hansjörg treibt, ist weit ärger. Also du weißt nicht, daß euch vor acht Tagen das Gesindel in Theuern das Herrenhaus zusammengebrannt hat?«

      »Herr Vetter!« schrie Georg und faltete die Hände und stand da mit entsetzten Augen. »Das neue oder das alte?«

      »Na, das alte Rattennest haben sie freilich stehen lassen – das neue, Jörg! So, du hast's nicht gewußt? Thut mir leid, aber sagen hab' ich's doch müssen. Und sorg du nur, daß nicht der Fiskal zuletzt auf alles noch die Hand legt! Du hast jetzt einen Vorgeschmack, wie's thäte.«

      »Es ist mein Vaterhaus gewesen,« murmelte Georg.

      »Na, hat mich auch gekränkt, war ja nicht minder auch mein Stammhaus. Von Theuern!« Er lachte kurz auf. »Aber vergieb, ich habe nunmehr einen wichtigen Gang. Ich wünsche dir alles Gute, mein Sohn.«

      Georg stand ruhig da und heftete die Augen auf das Gesicht des kleinen Mannes.

      »Ja so, ich habe vergessen, Jörg, freilich – aber du wirst mir zugeben, Bargeld ist rar, und ich bin ein Familienvater mit Weib und vier Kindern – doch soll's mir nicht ankommen auf – na, ich will's der Magd sagen; könntest übrigens gleich selber, ist ja dunkel draußen – einen Topf voll Sauerkraut –«

      »Ich danke Euch, bemüht Euch nicht,« sagte Georg Portner mit gebrochener Stimme, wandte sich und ging aus der Thüre, tastete sich mit schweren Schritten die Stiege hinab und durch den dunkeln Flur.

      »Jörg, so war's ja nicht gemeint, komm doch!« rief der andre von oben herunter.

      »Gute Nacht!« sagte Georg mit fester Stimme und schloß die Hausthüre hinter sich.

      ›Der echte Bettelstolz!‹ murmelte Hans Andre verdrießlich, ging in die warme Stube und zog die Stiefel aus. »Na, um so besser, Hans Andre Portner von und auf Theuern!«

      *

      Eilig war das Kind über den gefrorenen Schnee getrippelt und hatte die alte Magd hinter sich hergezogen bis zur Straßenecke an des Bäckers Haus. Dort blieb es stehen und streckte sich zum Schiebfenster empor – aber das Fingerlein konnt's nicht erreichen.

      »Nein, Dorel, nit so, nit so,« flüsterte die Alte, »wir gehen in die Stube, so, da komm!«

      Und sie bog mit Zögern in den finstern Hausflur und klopfte an der Thüre. Dann standen die zwei in der heißen Bäckerstube.

      Begehrlich schaute das Kind auf die Körbe voll Weißbrot an den Wänden, und der Bäcker am Schiebfenster wandte mürrisch das feiste Gesicht herüber: »Was giebt's?«

      »Verzeiht schon,« stieß die alte Magd hervor und trat einen Schritt näher, »ich stell mich dumm an zum Borgen, aber –«

      »Ich hab' dir's heut' früh schon gesagt, ich borg' nicht,« knurrte der Bäcker, »'naus da!«

      »Hernach muß ich was thun, was ich noch meiner Lebtag nit gethan hab',« sagte die Magd mit bebender Stimme. »Schaut Euch das unschuldige Kind an und gebt ihm um Gottes willen ein Stückel Brot, es hat Hunger, daß ihm der Magen weh thut.«

      »Das kann jeder sagen,« kam die Antwort zurück, während das Kind unverwandt auf das Brot starrte, »'naus, Bettelvolk!«

      »Ich bitt' Euch mit aufgehobenen Händen, Herr, seid barmherzig, wie Euch Gott barmherzig sein soll in Eurer letzten Stund'!«

      Der feiste Mann sprang von seinem Sitz auf, daß der Stuhl polternd auf den Boden stürzte, und griff nach einem Stecken: »Heiligs Dunnerwetter, ob du jetzt СКАЧАТЬ