Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen - August Sperl страница 122

Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Nebel wallten im Thale von Reicheneck her, und auch die Houbirg auf der andern Seite über'm Dorfe hatte eine Nebelkappe. In den dürren Blättern raschelte der Morgenwind. Eng aneinander geschmiegt standen die beiden und sprachen kein Wort.

      Da hellte sich allgemach von Osten her das Firmament auf und wurde stahlblau, und mit einem Male brach die Sonne durch den Dunstflor, daß der hohe, spitze Kirchturm schneeweiß leuchtete und der goldene Wetterhahn funkelte.

      »O Hansjörg, ich bin so glücklich!« sagte Ruth und sah ihm in die Augen.

      Hansjörg Portner aber schlang die Arme um sein Weib, drückte sie ans Herz und jauchzte: »Ruth, dunkel ist's gewesen, Ruth, helle ist's geworden, die Sonne ist durchgebrochen!«

      Das Weib zitterte in seinen Armen.

      »Und immer heller wird's, immer heller! Ihr alle meine Feinde, was habt ihr über mich vermocht? Ist Gott für uns, wer will wider uns sein? Ihr alle meine Feinde, in Christi Namen werf' ich Panier auf!«

      Das Weib hob das thränenüberströmte Antlitz und lächelte: »O Hansjörg!« Dann aber ging ein Beben über ihre Glieder: »Da – da schau!«

      Neue Nebelmassen wallten über die Berge her, die Sonne verschwand, und in fahlem, grauem Lichte dehnte sich das Land.

      »Es ist wieder dunkel geworden, Hansjörg, dunkler als vorher,« flüsterte sie angstvoll.

      Vom Dorfe herauf erklang ein Trompetensignal, hell und schmetternd.

      »Komm, Ruth,« sagte Hansjörg Portner, »wir müssen fort!«

      Krächzende Raben flogen querfeldein.

      »Und wenn's auch wieder dunkel wird,« sagte er und atmete tief auf, »ganz dunkel kann's doch nimmer werden, Ruth!«

      Hunger.

       Inhaltsverzeichnis

      Man schrieb den fünfzehnten Januar 1632, und Alt-Nürnbergs weiße Dächer glitzerten im Mondlichte des frühen Winterabends.

      Es war eine kalte Dachkammer nahe beim Laufer Schlagturm, eine kalte Kammer mit geringem Hausrat. Der Mond schaute vom schwarzblauen Himmel in das kleine Fenster und malte die sechseckigen Scheiblein auf die weißen Dielen. Und im bleichen Mondlichte saß Georg Portners alte Magd auf einem Holzstuhle und hielt Klein-Dorel in ein Tuch gehüllt auf dem Schoße.

      »Wie schön der Mond scheint!« staunte das Kind und wandte immer wieder das bleiche Gesichtchen zu der goldfunkelnden Scheibe empor.

      »Leis, Dorel, ganz leis, daß die Frau Mutter und das Brüderlein nit aufwachen!« raunte die alte Magd.

      »Aber mich hungert, Liesi,« sagte das Kind mit weinerlicher Stimme.

      »Leis, Dorel, ganz leis, gut's Dorel, lieb's Dorel!« raunte die Magd. »Nur noch ein bissel Geduld, gleich wird ja der Herr Vater kommen!«

      »Wohin ist der Vater gegangen, Liesi, sag?«

      »Der Herr Vater ist 'gangen, den reichen Vetter besuchen und Geld holen, Dorel, und wenn er das Geld hat, kauft er Brot, und paß nur auf, wie bald er da sein wird mit dem Brot, der Herr Vater!«

      »Liesi, das sagst du jetzt immer schon, und er kommt ja doch nicht. Liesi, da, schau, da brennt mich's, da im Magen!«

      »Komm, Dorel, darauf merken wir gar nit! Horch, Dorel, ich will dir was erzählen! Dorel, was soll ich dir denn erzählen, sag?«

      »Ach ja, Liesi, erzählen!« bat das Kind und schmiegte sich an die alte Magd.

      »Aber was denn, Dorel?«

      »Erzählen!« sagte das Kind und schloß die Augen.

      »Horch nur, dort, wie gut sie schläft, die Frau Mutter, horch nur, wie tief sie schnauft! Nu, was denn, Dorel? Von den drei steinernen Jungfrauen, Dorel?«

      Das Kind schüttelte den Kopf.

      »Oder vom Holzfrauerl?«

      Das Kind schüttelte abermals den Kopf. »Liesi,« flüsterte es und öffnete die großen Augen, »mich hungert.«

      »Oder vom großen Hans?« fragte die Magd eifrig.

      »Das Märlein von Theuern, Liesi! Bitte, bitte, das Märlein von Theuern!«

      »Aber, Dorel, das ist ja gar kein Märlein!«

      »Du hast mir's aber doch so oft erzählt, Liesi?«

      »Vorm Herrenhaus zu Theuern stehen hohe Lindenbäum', und führt eine steinerne Brucken über den Graben. Und auf der steinernen Brucken sitzen zwei steinerne Hirschen, rechts einer, links einer –« begann die alte Magd.

      »Du, Liesi, was ist denn ein Herrenhaus?«

      »Ein großes Haus, wo Herrenleut' wohnen, hat viele Kammern und Stuben.«

      »Und gelt, Liesi, du bist selber einmal schon in Theuern gewesen?«

      »Tapperl, bin ja fünfzig Jahr' drin aus- und eingegangen im Herrenhaus zu Theuern! Und bist ja du selber geboren, Tapperl, im Herrenhaus zu Theuern, weiß noch wie heut.«

      Das Kind sah nachdenklich aus den großen Augen. »Sag, Liesi, warum sind wir denn von Theuern fortgegangen, wenn dort solch ein schönes Haus ist?«

      »Weil da böse Leut' im Land wohnen zu Amberg, nah' bei Theuern, die sind dem Herrn Vater feind und haben uns vertrieben,« raunte die Greisin und machte ein zorniges Gesicht.

      »Und gehen wir also nie mehr nach Theuern, Liesi?« fragte das Kind und sah erwartungsvoll auf.

      »Schon, schon, Dorel, aber noch nit gleich, müssen halt noch ein bissel warten,« flüsterte die Magd geheimnisvoll.

      »Wie lange denn, Liesi?«

      »Nimmer lang, Dorel, dann kommt ein großmächtiger König mit vieltausend Soldaten, und der führt den Herrn Vater schnurstracks nach Theuern zurück.«

      »Mit einer goldenen Krone?« fragte das Kind, und seine Augen leuchteten.

      »Mit einer Krone von Gold und Edelgestein,« raunte die Magd.

      »Aber, Liesi, wo bleiben dann wir?«

      »Wir? Ja, Dorel, wir fahren alle nach Theuern, hinter dem großmächtigen König. Und paß auf, Dorel, horch, da wirst schauen! Hinterm Herrenhaus zu Theuern ist auch ein Garten, und in dem Garten stehen hundert und hundert Apfelbäum' und Birnbäum' –«

      »Voll von Aepfeln und Birnen, Liesi?« fragte das Kind begehrlich.

      »Voller Aepfel und Birn', Dorel.«

      »Liesi, mich hungert, ich möcht' einen Apfel.«

      »Jetzt wart nur, Kind, jetzt muß ich ja doch von Theuern erzählen! Ja, Dorel, in СКАЧАТЬ