Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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      »Hast du meinen Großvater und meine Großmutter gekannt, Liesi?«

      »Ei freilich, warum sollt' ich denn unsre selige Herrschaft nit gekannt haben, Dorel?«

      »Liesi, du mußt aber schon alt sein – sag?«

      »Zweiundsiebenzig, Dorel.«

      »Und ich fünfe vorbei,« sagte das Kind nachdenklich. »Und wie alt bin ich denn gewesen, da wir in dem schönen Hause wohnten, Liesi?«

      »Ein Jahr bist alt gewesen, Dorel, da sind wir fortgezogen.«

      »Du, Liesi, hat der Ohm Hansjörg auch dort gewohnt?«

      »Ei ja freilich, wo denn?«

      »Du, Liesi, wo ist er denn jetzt?«

      »Der ist zu dem großmächtigen König geritten, Dorel,« raunte die Magd.

      »Und die Muhme?«

      »Die ist auch bei ihm, Dorel.«

      »Du, Liesi, mich hungert, ich halt's nimmer aus,« jammerte das Kind. »Da, schau, da brennt mich's im Magen. Gieb mir doch ein Stückel Brot, Liesi!«

      »Aber, Herr Jesus, Dorel, ich hab' ja kein Krümmel Brot. Wart nur, Kind, noch ein bissel nur wart, gleich muß der Herr Vater kommen und bringt uns Brot. Ich will dir ja auch noch viel erzählen von Theuern, sei gut, liebs Dorel.«

      »Ich mag das Märlein von Theuern nimmer hören! Liesi, bitte, geh mit mir zum Bäcker, der hat ja doch Brot, Liesi, weißt, vorn an der Ecke!« bettelte das Kind.

      Der alten Magd rannen zwei dicke Thränen herunter: »Das halt' aus, wer will,« murmelte sie.

      »Was, Liesi?«

      »Sei gut, liebs Dorel.«

      »Bitte, Liesi, bitte!« schmeichelte das Kind und versuchte, sich aus der Hülle zu befreien.

      »Jetzt wart nur ein bissel, Dorel, ich will horchen, ob die Frau Mutter nichts brauchen thut. So – da – nu bleib ganz ruhig stehen.«

      Sie ging auf den Fußspitzen an die Kammerthüre und lauschte. Dann kam sie zurück, schlug hastig das Tuch kreuzweis um das Kind, nahm es an der Hand und ging leise mit ihm aus der Thüre.

      *

      Hans Andre Portner von Rieden stand in seiner warmen Wohnstube, und vor ihm stand sein Neffe Georg.

      »So, so, Jörg, hm. Also auch in Nürnberg? Ich möchte dir gerne Platz anbieten, aber ich habe einen wichtigen Gang – na, soll mir nicht ankommen auf etliche Minuten, bitte, setze dich!«

      »Danke,« kam die Antwort zurück. »Ich will den Herrn Vetter nicht lange stören.«

      »Von stören hab' ich nichts gesagt,« murmelte Hans Andre und blickte an Georg vorbei. »Also in Nürnberg? Das ist ja eine rechte Ueberraschung.«

      »Ich habe den Herrn Vetter jüngst schon vor der Lorenzerkirche gegrüßt, aber da hat mich der Herr Vetter nicht beachtet, und also wollt' ich ihn auch nicht mit meinem Besuche –«

      »I, da hast du wohl jemand andern für mich angesehen, Jörg!«

      »Nein, es ist der Herr Vetter mit der Frau Muhme gewesen,« wiederholte Georg.

      »Na, und es gefällt dir in Nürnberg?«

      »Gefallen?« Georg lächelte schmerzlich. »Das ist ein teures Pflaster, Herr Vetter.«

      »Na freilich, Geld muß einer haben in der Stadt Nürnberg,« sagte der andre lauernd. »Aber daran wird's ja wohl nicht fehlen?«

      »Ach, das ist's eben, Herr Vetter,« seufzte Georg und trat einen Schritt näher.

      »Ja, warum bist du denn – 's geht mich freilich nichts an, aber ich muß doch fragen –, warum bist du denn nicht da draußen in Happurg geblieben?«

      »Aber, Herr Vetter, Ihr wißt ja doch, daß da draußen kein ehrlicher Mensch bleiben kann, weil die Kaiserlichen sengen und brennen und schänden und morden!«

      »Jawohl, und dann packt man auf und verzieht sich in die Stadt!« polterte Hans Andre heraus. »Und was treibst du denn hier?«

      »Es hat keinen andern Ausweg gegeben,« sagte Georg ruhig. »Ich suche Arbeit, aber es ist alles überfüllt. Und dennoch, wäre nicht mein Bruder Hansjörg schon acht Tage länger aus der Stadt, als er vorhatte –«

      »Ja, der Hansjörg!« fuhr Hans Andre auf. »Das ist auch solch ein Kapitel: läßt sich anwerben von der Stadt, mir nichts, dir nichts, fragt keinen Menschen um Rat, und nun reitet er zum Schwedenkönig, – der Henker soll ihn holen, den Schlingel!«

      »Ich dächte, der Herr Vetter spricht von meinem Bruder, dem Ehrenmanne,« sagte Georg Portner. »Und wen hätt' er denn um Rat fragen sollen, als er sich anwerben ließ? Ich dächte, er macht der Familie keine Schande als nürnbergischer Fähnrich!«

      »Davon ist nicht die Rede,« unterbrach ihn Hans Andre mürrisch.

      »Und warum hätte er sich weigern sollen, als man ihn zum König schickte?«

      »Das ist's eben,« brach Hans Andre wieder los. »Freilich hätt' er sich weigern sollen. Wer wird denn die Nase immer vorndran haben? Ich wollt', es könnt' mir gleich sein, wenn er sich die Nase verbrennt. Aber so darf mir's nicht gleich sein.«

      »Ich dächte, das kann uns wohl allen sogar noch nützen,« sagte Georg. »Wenn nun das Bündnis zwischen der Stadt Nürnberg und dem König zu stande kommt –«

      »Ja, wenn!« rief Hans Andre. »Aber das ist eben die große Frage.«

      »Ich dächte, das ist so gut wie abgeschlossen!«

      »Jawohl, hat sich was – abgeschlossen? Und wenn auch – was muß er dann die Nase, ich sag's noch einmal, die Nase vorndran haben?«

      »Ist er nicht Manns genug, sich selber zu entscheiden?« fragte Georg.

      »Für seine Person kann er meinetwegen zu den Türken gehen!« schrie Hans Andre. »Was für einen Schaden aber ich von seinen Abenteuern haben werde, das ist ein ander Ding.«

      Georg Portner sah dem Vetter ruhig ins Antlitz.

      »Oder hat er dir vielleicht die zwölftausend Gulden Kapital samt Zins und Zinseszins gegeben, die ich auf Theuern stehen habe, und du willst mir das Geld aufzählen, Jörg? Ei, recht so, nur her – dort ist ein Tisch, mach nur immer die Taschen auf!«

      Georg Portner senkte das Haupt.

      »Aha, so war's nicht gemeint – gelt, Jörg? Aber in nürnbergische Dienste treten, sich herandrängen zu gefährlichen Gesandtschaften, den Rebellen machen, das ist ein ander Ding. Hin ist hin, verloren ist verloren, – was kümmert's die Herren Brüder? ›Bettelleut' han's gut, han's gut‹ – heißt's im Liedel, und ist ja wahr –, ›bricht ihnen kein Ochs ein Horn, pfeift ihnen kein' Maus ins Korn, Bettelleut' han's gut, han's gut.‹ Aber an wem СКАЧАТЬ