Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
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»Alles gut!« wurde ihm geantwortet.
Man sah in der Dunkelheit den Antwortenden nicht.
Es musste die Schildwache sein, die der Gefangenenwärter für sich gewonnen hatte.
Sie traten durch das Pförtchen.
Beermann wollte das Pförtchen verschließen, wie er die andern Türen verschlossen hatte.
Plötzlich hörte man ein Geräusch in dem Flur, zur Seite. Eine Tür schien dort geöffnet zu werden.
Er gab den Verschluss des Pförtchens auf.
»Fort, fort!« flüsterte er.
Er eilte voran; die beiden Gefangenen folgten ihm.
Sie waren in dem Garten hinter dem Schlosse.
Sie eilten durch die Gänge.
Hinter ihnen wurde es laut.
»Hierher, hierher!« rief es.
»Schulz!« sagte der Gefangenenwärter Beermann. »Er hatte doch etwas gemerkt.«
Schritte wurden vom Schlosse her gehört, das Klirren von Waffen.
Die drei Flüchtigen liefen, flogen.
Die Schritte der Verfolgenden blieben hinter ihnen.
Beermann eilte in ein Bosquet; die beiden Gefangenen folgten ihm.
Die Verfolger waren auch hier hinter ihnen.
»Aber ihre Kugeln treffen uns nicht zwischen den Bäumen!« sagte der Gefangenenwärter.
Sie hatten im Laufen gehört, wie die Gewehre gespannt wurden.
Es wurde hinter den Fliehenden gerufen: »Steht, oder es wird geschossen!«
Sie standen nicht.
»Noch fünfzehn Schritte und wir sind am Wasser und in dem Nachen«, sagte Beermann.
»Und sie sind über fünfzig Schritt hinter uns«, sagte Franz Horst.
In dem Augenblicke stürzte ihnen jemand entgegen.
»Halt!« wurde gerufen.
Der Gefangenenwärter Beermann, der vorderste der drei Fliehenden, wurde festgehalten.
Auch Mahlberg und Horst hemmten ihre Schritte.
Sie wollten ihren Gefährten, ihren Führer befreien.
Sie warfen sich auf seinen Angreifer.
Aber sie hatten es mit einem Manne zu tun, der Riesenkräfte besaß. Er hatte den Gefangenenwärter zu Boden geworfen. Er kniete ihm auf der Brust; so erwartete er den Gegenangriff der beiden Gefangenen.
»Hilfe!« rief er dabei mit lauter Stimme in die Dunkelheit. »Hilfe! Hierher! Hier sind sie! Alle Mann hierher!«
»Retten Sie sich!« keuchte der Gefangenenwärter am Boden. »Retten Sie sich! Mich können Sie nicht befreien.«
Sie konnten es nicht.
Mahlberg hatte den Arm des Angreifers gefasst. Er wurde von einer dreifach überlegenen Kraft zurückgeschleudert.
Horst hatte den andern Arm ergreifen wollen; er fühlte sich selbst festgehalten; er konnte sich kaum losreißen.
Die Verfolger kamen näher, der ganze Haufe. Waren sie im Moment vorher noch fünfzig Schritt entfernt gewesen, jetzt waren sie keine fünfundzwanzig mehr zurück.
»Retten Sie sich!« rief noch einmal Beermann.
»Retten wir uns!« sagte Franz Horst.
Er riss den Freund mit sich fort.
Sie erreichten das Ende des Bosquets. Sie waren noch zehn Schritt vom Ufer der Spree.
Am Ufer im Wasser sahen sie einen dunklen Gegenstand. Es· war der Nachen, der auf sie wartete.
Ein Gegenstand bewegte sich auf dem Lande, wollte ihnen entgegenkommen.
»Feuer!« wurde hinter ihnen kommandiert. Es fielen Schüsse.
An der Seite Mahlbergs stürzte Franz Horst nieder.
»Rette Dich, rette Dich!« rief er dem Freunde zu.
»Armer Franz! Soll ich auch Dein Mörder werden?«
Mahlberg wollte den Gefallenen aufheben.
»Lass’ mich! Rette Dich nur. Mir ist die Hüfte zerschmettert. Ich müsste sterben, wolltest Du mich mit Dir nehmen.«
»Ich sterbe mit Dir, Franz!«
Die Gestalt vom Wasser war näher gekommen.
»Gisbert, hilf mir!« sagte Mahlberg.
Er meinte, Gisbert von Aschen sei es.
Er erhielt keine Antwort. Aber eine Hand fasste die seinige.
»Fort, fort! Ich beschwöre Dich!« rief der Verwundete.
Die Hand, die Mahlbergs Hand ergriffen hatte, zog ihn mit sich fort, zum Nachen.
Er folgte, wie betäubt.
So wurde er in den Nachen gezogen.
Vier Ruder setzten sich in Bewegung. Das Fahrzeug glitt nach der Mitte der Spree hin.
»O Gisbert, ich habe Franz Horst gemordet!« rief klagend der unglückliche Entflohene.
»Er steht in Gottes Hand!« wurde ihm geantwortet.
Aber es war nicht die Stimme Gisberts von Aschen, die ihm die Antwort gab.
Von dem Städtchen Warburg her fuhr eine einspännige Bergchaise aus dem Diemeltal in das Ovelgönner Tal.
In dem hübschen Tale herrschte wie immer die stille, ruhige, geordnete Geschäftigkeit, die hier schon manches Jahr von der Hand der Mamsell Karoline Lohrmann geleitet war.
Es war in der Zeit der Roggenernte. Das Korn hatte üppig in dem Tale gestanden; es stand zum Teil noch so. Auf allen den weiten Ackerfeldern herrschte reges Leben; alle Leute des Gutes Ovelgönne waren hier heute beschäftigt. Auf der Hälfte der Äcker stand das geschnittene Korn schon in Garben; Wagen waren da, es einzufahren; die Leute bei den Wagen luden es auf. Auf der andern Hälfte wurde es geschnitten, das geschnittene in Garben aufgerichtet, um an den folgenden Tagen aufgeladen und eingefahren zu werden.
Die warme Julisonne schien den fleißigen, rüstigen Arbeitern zu helfen. Sie neigte sich schon tief der Erde zu; da wollten alle sich noch sputen.
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