Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme страница 86

Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ war geschlossen; die Truppen kehrten aus Frankreich zurück.

      Ich erwartete ihn, ich erwartete Dich. Ihn — soll ich es Dir noch sagen, mit welcher marternden Herzensangst? Dich, um an Deiner treuen Brust laut in meinem Glücke aufzujubeln, oder mit brechendem Herzen zu sterben. Ja, Onkel Florens, so war mir. Es ist doch ein eigen Ding um die Liebe, mag das Herz sich noch so stark fühlen, der Verstand sich noch so hell und klar dünken. Wäre er nicht wiedergekommen, wäre er in einer der wilden Schlachten gefallen, hätte er gar mich vergessen —. aber er kam.

      Es war ein stiller Sommerabend. Ich saß allein im Garten träumend, nur von ihm. Da hörte ich das Rollen eines Wagens, der zum Hause fuhr. Da sah ich an dem Pförtchen des Gartens ihn. Er war ausgestiegen und dem Wagen vorausgegangen.

      Wie ich ihn sah, wie er mich sah, wie ich aufstand, ihm entgegenzugehen und nicht von der Stelle konnte, wie er auf mich zueilte und meine Hand nahm, wie ich ihm meine Hand ließ und sie in der seinigen zitterte — da hatten wir uns nichts mehr zu sagen. Wir gingen als Brautleute aus dem Garten in das Haus.

      An meinem Glücke fehltest nur Du mir, Onkel Florens. Du kamst in dem Jahre nicht. Ich wusste nicht, wo Du warst, und ich konnte Dir nicht einmal Nachricht von mir geben. Aber im vorigen Jahre kamst Du wieder, und Du warst bei mir in den schweren Stunden der Angst, mit welcher der von neuem ausgebrochene Krieg mir noch so oft das Herz zuschnürte, dann aber auch in den Stunden meines seligsten Glücks.

      Und heute, Onkel Florens, sollst Du Richter sein zwischen uns beiden, zwischen Friedrichs und mir, in einem schweren Kampfe, der aber nicht zwischen uns beiden, sondern in uns selbst ausgebrochen ist. Darum hatte mein Zettelchen Dich hierher gebeten.

      Die Sache ist kurz und einfach und klar und doch so schwer für uns.

      Friedrichs war der Erste, der im Jahre 1813 dem Rufe des Königs folgte. Er gehörte schon vor diesem Rufe zu jenen Männern, die insgeheim für die Befreiung des Vaterlandes arbeiteten, von denen auch der Gedanke der Landwehr ausging. Wie er im Kriege gekämpft, an fast allen Schlachten seinen ruhmvollen Anteil gehabt hat, das weiß die Geschichte. Die Geschichte wird es auch aufbewahren, welcher Lohn ihm jetzt dafür wird.

      Seine militärische Laufbahn hat er verlassen müssen.«

      Der Domherr unterbrach sie.

      »Warum hat er die Landwehr stiften helfen? Warum ist er bürgerlich?«

      »Ja, ja, Onkel Florens, und wie klar ist mir jetzt geworden, was Du schon im vorigen Jahre von dem Kriege sprachst. Aber lass’ mich fortfahren. Zum Ersatz für das, was er aufgeben musste, haben sie ihm jetzt eine Gerichtsassessorstelle hinten in Polen oder Westpreußen angetragen. Vor drei Jahren wäre er schon Rat beim Obergerichte gewesen, hätte er nicht die Waffen für das Vaterland ergriffen.

      Friedrichs schrieb mir das. Ich bat ihn, bevor er einen Entschluss fasse, hierher zu mir zu kommen. Er ist seit einigen Tagen hier, und wir können nicht einig werden, weil jedes von uns seinen besonderen Entschluss hat und doch daran nicht so festhalten mag, um den des andern umzuwerfen.

      ‘Komme nicht’, sage ich zu ihm, ‘ferner bittend ein, wo Versprechungen Dir ein Recht geben; verpflichte Dich dem Undank nicht zum Danke. Werde Herr auf Ovelgönne, es bringt zehnmal mehr ein als eine Ratsstelle.’

      ‘Ich habe kein Vermögen’, sagt er. ‘Ich käme als ein Bettler nach Ovelgönne. Der Mann muss die Frau ernähren. Umgekehrt taugt es nicht; es bringt keine Ehre.’

      ‘Du kommst nimmer als Bettler hierher’, erwidere ich ihm. ‘Du bringst einen reichen Schatz an Arbeitskraft und Geschäftskenntnis mit; Du wirst in geringer Zeit vollendeter Landwirt werden.’

      ‘Ich würde Dir kaum einen Wirtschaftsinspektor ersetzen’, erwidert er mir dann, um mir nicht geradezu zu sagen, er werde hier nur mein Inspektor sein.

      Kann ich ihm da noch sagen: ‘Aber ich liebe mein Ovelgönne so sehr; hier war meine Wiege, hier ist mein ganzes Leben; hier liegen meine Eltern begraben! Soll ich das alles verlassen, um Dir in ein trauriges polnisches oder westpreußisches Städtchen zu folgen?’

      So stehen wir, Onkel Florens, und Du sollst zwischen uns, nein, für uns entscheiden.«

      Karoline schwieg.

      »Ihr habt Euch beide auf meinen Entscheid vereinigt?« fragte der Domherr.

      »Ja.«

      »Und jedes von Euch wird sich ihm unterwerfen?«

      »Jedes von uns; wir haben es uns feierlich gelobt.«

      »Auch Friedrichs, ohne dass ich ihn selbst gehört habe?«

      »Ich allein sollte Dir die Sache vortragen.«

      »Er hat viel Vertrauen zu Dir.«

      »Ja«, sagte das junge Mädchen stolz.

      »Und er kann es haben«, sagte der Domherr.

      »Das heißt, Onkel?«

      »Das Recht steht auf seiner Seite, die Ehre des Mannes.«

      »Ah, und der gegenüber sind wir Frauen nichts?«

      »Die Ehre des Mannes ist die Ehre der Frau.«

      »Du bist in den alttestamentlichen Ansichten der Bibel befangen. Der Jude ist der Herr, der Despot der Familie.«

      »Ich sprach von der Ehre, Karoline, von der Ehre des Mannes. Der Begriff gehört der neuern Zivilisation an.«

      »Und die neuere Zivilisation kennt keine Frauenehre?«

      »Sie kennt auch sie, mein Kind, und sie erkennt sie so sehr an, dass die Ehre der Frau ihr das Höchste ist und dass sie daher als die höchste Pflicht des Mannes die aufstellt, die Ehre der Frau zu verteidigen. Denn die Verteidigung fordert einen Kampf, und der Kampf fordert ein Hinaustreten in die Welt, das der weiblichen Natur widerstrebt, das diese verneint, vernichtet. Verteidigen kann aber die Ehre einer Frau nur der Mann, der seine Ehre hat.«

      »Onkel Florens«, sagte Karoline, »mein Verstand kann in diesem Augenblick nicht unterscheiden, ob Du Recht oder Sophismen vorgebracht hast. Aber jedenfalls, meine ich, hättest Du mir nicht bewiesen, dass es die Ehre eines Mannes beeinträchtigt, eine reiche Frau zu heiraten.«

      »Hm, Karoline«, sagte der Domherr, »über die Frage lass’ lediglich Dein Herz, Dein Gefühl, Deine Liebe entscheiden.«

      »Ah, und die Liebe wollte ich selbst mir noch gegen Dich zu Hilfe rufen.«

      »Du hast sie ja bei Dir. Frage sie.«

      Karoline saß lange schweigend.

      »Du hast Recht«, sagte sie dann. »Ich werde Frau Assessorin in Meseritz oder Wongrowitz oder Filehne oder in der Tucheler Heide.«

      Sie sprach es mit heiterem Blick, mit munterer Stimme, aber wohl, um das Weh ihres Herzens über den Abschied von dem freundlichen Ovelgönne, von der teuren Heimat, von der Schöpfung der Tätigkeit ihrer Eltern, ihres eigenen Denkens und Arbeitens zu verbergen. Ihr Entschluss stand nicht minder fest.

      »Und nun wird Friedrichs nicht wollen«, sagte der СКАЧАТЬ