Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme страница 47

Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ soll, und wie sie die Augen unter der Maske verdrehen mag, wenn sich kein Mensch um sie kümmern will!«

      »Mamsell Gretchen«, sagte der Student, »wer das gewahrt, hat sich um sie gekümmert!«

      Mamsell Gretchen wurde rot, aber sie war umso eifriger geworden.

      »Und wie hässlich sie sein muss! Warum würde sie sonst die garstige Maske tragen? Aber wie solch eine hässliche Person sich noch überhaupt zeigen kann? Was sie sich nur dabei denken mag? Wenn sie auch die runden weißen Schultern zur Schau tragen kann und mit der feinen Taille kokettiert, zuletzt will man doch das Gesicht sehen; und wenn sie dann die Maske abnehmen muss, oder wenn sie ihr mit Gewalt abgenommen wird, und es kommt noch etwas Hässlicheres zu Tage als die die hässliche schwarze Larve selbst, ein von Blattern zerrissenes Gesicht, oder ein Gesicht ohne Nase, oder gar ein Totenkopf, und der Anbeter fliegt entsetzt, mit Abscheu zurück und läuft und eilt, so schnell und soweit er kann — was hat sie dann, was will sie dann noch?«

      Der Student hatte mit keinem Worte und mit keiner Bewegung seine hübsche Aufwärterin unterbrochen, er hatte sich nur bequemer in sein Sofa zurückgelegt und schien behaglicher zu rauchen als vorher. Vielleicht trugen die eifrigen Worte der Aufwärterin zu seiner Behaglichkeit bei.

      Seine Ruhe störte ihren Eifer nicht.

      »Und jedenfalls ist sie eine zweideutige Person, eine Abenteurerin, die es hier auf jemand abgesehen hat, und man braucht auch nicht lange zu raten, um zu wissen, auf wen. Sie ist nun vier Tage, ja, heute gerade den vierten Tag da drüben, und sie hat in der ganzen Zeit noch keinen Fuß aus dem Hause, nicht einmal ans ihrem Zimmer gesetzt; und sie ist den ganzen Tag allein mit ihrer Kammerjungfer, eigentlich auch ohne diese; denn die Jungfer darf nur zu ihr kommen, wenn sie klingelt, und muss sonst von früh bis abends in ihrem Hinterstübchen sitzen —«

      Der Student unterbrach das Mädchen doch endlich.

      »Sie haben genaue Nachrichten, Mamsell Gretchen«, warf er hin.

      Mamsell Gretchen wurde noch eifriger.

      »Ja, Herr Baron, die habe ich, Und die ganze Nachbarschaft hat sie. Wie wäre das auch anders möglich, da man die schwarze Maske immer und immer wieder an dem Fenster sieht? Und in der ganzen Weender Straße mag vielleicht nur ein einziger Mensch nichts von ihr wissen, und —«

      Die Aufwärterin machte eine Pause und sah den Studenten an, als ob sie wieder eine Unterbrechung von ihm erwarte.

      »Und der einzige Mensch bin ich!« sollte er wohl sagen.

      Er schwieg aber, und sie musste das selbst sagen, aber noch nicht sogleich.

      »Und dieser einzige Mensch«, fuhr sie fort, »ist gerade derjenige, gegen den ihre Pläne gerichtet sind, mit dem sie anbinden möchte, und der —«

      Sie sah wieder den Studenten an, und der Student sprach wieder nicht, und sie sagte nun:

      »Und der sind Sie, Herr Baron!«

      Damit schwieg sie und blickte den Studenten an, um zu sehen, welchen Eindruck ihre Worte aus ihn machten.

      Er blieb aber in seiner Lage und bei seinem Rauchen; doch sprach er:

      »Mamsell Gretchen, warum sagten Sie mir das alles?«

      Der Student und seine Aufwärterin kannten einander gewiss. Die Studenten und ihre Aufwärterinnen pflegen schon in den ersten Wochen ihres Beisammenseins genaue Bekannte zu sein. Die phlegmatische Frage des jungen Mannes ließ sie doch fast erstarren; aber nur einen Augenblick stand sie regungslos; dann schoss ihr plötzlich dunkle Röte in das hübsche Gesichtchen, und in ihre Augen schien etwas anderes zu schießen, und ohne ein Wort zu sagen und ohne sich nach dem Studenten umzublicken, verließ sie rasch das Zimmer.

      Der Student sah ihr eine Sekunde lang wie verwundert nach; dann hatte sein Gesicht wieder den Ausdruck der Gleichgültigkeit, und man glaubte darin zu lesen: Sie ist ein junges Ding, und junge Dinger haben oft allerlei Einfälle.

      Vielleicht hatte er nicht einmal so viele Worte für den Gedanken.

      Die Aufwärterin war ein noch junges Ding. Sie mochte kaum sechzehn oder siebzehn Jahre zählen.

      Der Student wollte wieder nach seiner Zeitung langen. Nach der schwarzen Maske sah er nicht wieder hinüber. Sie war ihm also durch das Gespräch der Aufwärterin nicht interessanter geworden.

      Es ist eine eigene Sache um die Psychologie!

      Der Student kam auch nicht wieder zum Lesen der Zeitung.

      Die Tür des Zimmers öffnete sich wieder.

      Diesmal trat ein Student ein.

      An der Farbe des Bandes, das er über der Brust trug, sah man, dass er zu der Verbindung der Kurländer, zur Kuronia gehörte. Er musste ein Fuchs der Verbindung sein.

      »Bocholtz lässt Ihnen sagen«, sprach er meldend, »dass er leider wieder recht unwohl geworden ist; er kann Ihnen daher heute nicht sekundieren und fragt Sie, ob Sie die Paukerei nicht bis morgen aufschieben könnten.«

      Der Student, an den die Worte gerichtet waren, nahm sie mit seiner gewöhnlichen Ruhe auf.

      »Wenn ich es nicht könnte?« fragte er.

      »So wird Ihnen Rurik sekundieren. Aber Bocholtz möchte gern selbst Ihr Sekundant sein.«

      Der andere sann einen kurzen Augenblick nach.

      »Es muss heute sein«, sagte er dann. »Ich bitte Rurik, in einer halben Stunde hier zu sein. Der Wagen fährt hier vor. Bocholtz spreche ich später.«

      Der Fuchs ging.

      Der andere wollte wieder nach der Zeitung langen.

      Die Tür wurde nochmals geöffnet; die Aufwärterin trat wieder ein.

      Sie sah etwas blass aus.

      »Herr Baron, ein Herr wünscht Sie zu sprechen.«

      »Wer?«

      »Er wollte sich nicht nennen.«

      »Sein Aussehen?«

      »Ein alter Herr. Ein Fremder, wie es schien.«

      Der Student wollte wohl sagen, dass er nicht zu Hause sei.

      Die Tür wurde geöffnet. Der alte Herr, der sich hatte anmelden lassen, trat ein. Er war wohl weniger phlegmatisch als der junge Student.

      »Guten Morgen, Gisbert.«

      »Guten Morgen, Onkel Florens!«

      Die Aufwärterin verließ das Zimmer.

      Onkel und Neffe reichten sich die Hand.

      »Woher kommst Du, Onkel?« fragte der Neffe.

      »Von dahinten, aus den Sandwüsten unseres neuen Vaterlandes.«

      »Aus Berlin?«

      Der Domherr antwortete nicht. Er hatte sich in dem Zimmer СКАЧАТЬ