Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme страница 51

Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ an ihre Kriegszeit feierte, hatten sich von einer andern Seite der Tafel mehrere Studierende genaht, die zu jenem Kreise nicht zu gehören schienen. Sie hatten nicht einmal so recht das frische studentische Aussehen; langes, flatterndes Haar, graue Gesichtsfarbe, hohle Augen, schwarze deutsche Röcke zeichneten sie aus.

      »Brüder, Ihr feiert die Einheit des deutschen Vaterlandes«, sagten sie, »da dürfen wir dabei sein.«

      »Es sind Burschenschafter!« sprachen einzelne der andern unter sich.

      Die Burschenschaft wurde damals bei ihrem ersten Entstehen und noch lange Zeit nachher von der Mehrzahl der Studierenden, die nicht zu ihr gehörte, mit einem gewissen Misstrauen angesehen. Sie war mit großer Heimlichkeit gegründet; sie hielt ihren eigentlichen Zweck fortwährend im Dunkeln; was sie laut verkündete, war das Streben, eine das ganze Studenten leben umstürzende studentische Asketik einzuführen; das war den andern Phantasterei. Dazu kam, dass die Hauptpersonen der Burschenschaft sich in der Tat durch ein phantastisches Wesen hervortaten, in ihrem Äußern, in ihren Reden, in ihrem ganzen Auftreten.

      Phantastereien halten nicht lange vor und Phantasten harren nicht lange aus; da wird bald ein Umschlag folgen! sagte der realistische Burschensinn.

      Wie sehr er, wenigstens im Einzelnen, Recht hatte, zeigte sich schon wenige Jahre nachher.

      Die Burschenschafter wurden trotz jener Bemerkungen am Tische aufgenommen.

      Sie griffen den früheren Gegenstand der Unterhaltung wieder auf.

      »Ja, teure Brüder«, nahm einer von ihnen das Wort — Lantermann war sein Name; er war lang und blass, sein Blick still und doch etwas unheimlich — »ja, meine teuren Brüder, Ihr habt nicht umsonst gekämpft für das große und einige Deutschland. Es wird werden, wofür Ihr Euer Blut vergossen habt: Es wird freilich noch manchen Kampfes bedürfen. Und da werden wir an Eurer Seite stehen, wir Jüngern, denen es nicht vergönnt war, an dem Kampfe gegen den französischen Erbfeind teilzunehmen. Denn wir haben noch einen andern Erbfeind, der niedergeschlagen werden muss, wenn Deutschland einig und frei werden soll, und der ist in Deutschland selbst. Jene zweiunddreißig Fürsten —«

      Der Student wurde in seiner emphatischen Rede unterbrochen.

      »Freund Lantermann, sehen Sie sich einmal dort nach links um«, stieß ihn einer der Nichtburschenschafter an.

      »Was soll ich da sehen?«

      »Einen kleinen braunen Mann mit einem grauen Spitzbubengesichte.«

      »Und was geht er mich an?«

      »Er ist ein Demagogenfänger und schaut hierher, als ob er gerade im Begriff stehe, einen recht tüchtigen Fang zu tun.«

      Der Student Lantermann schwieg.

      Aber einer seiner Begleiter glaubte das Wort nehmen zu müssen, ein kleiner, sehr wohlgenährter Jüngling, dessen sonderbar glänzendes Gesicht von langen schwarzen Haaren so umwallt war, dass man fast nur seinen sonderbaren Glanz sah.

      »Ha«, rief der, »werden wir die elenden, feigen, spionierenden Häscher fürchten, die man gegen uns aussendet? Wir kämpfen für eine große Sache; wir wollen dafür kämpfen. Und durch Spionage unterdrückt man einen solchen Kampf nicht, wie man die große Sache eines großen Volkes dadurch nicht unterdrückt. Mögen sie kommen, unsere Verfolger. Mögen sie uns niederwerfen, mögen sie uns auf die Scheiterhaufen werfen; mit dem Blute eines jeden einzelnen von uns werden tausend Rächer erstehen. Ja, Rache und Freiheit! Frei, fromm, furchtlos, das ist unser Wahlspruch Ihn wollen wir —«

      Auch er wurde von dem Nichtburschenschafter unterbrochen.

      »Edler kleiner deutscher Jüngling Bahn, wollten Sie nicht Ihre Worte und Ihren Mut für die Kneipe heute Abend aufsparen? Die Philister dort möchten sonst über uns kommen.«

      »Ha, diese Philister!«

      Mehr sprach denn auch der kleine deutsche Jüngling Bahn nicht.

      Der junge Student — Franz Horst hieß er — hatte unterdes so sonderbar still dabei gesessen.

      »Franz Daniel« — es war sein Studentenname —— »Du siehst ja so selig aus wie eine Geliebte, die plötzlich den Geliebten wiedergefunden hat; Du kannst nur schauen und hören, und in seinem Anschauen verlierst Du Dich und seine Stimme bezaubert Dich.«

      »Ja«, sagte der Jüngling, »findet Ihr einmal den Mann wieder, der Euch so das Leben gerettet hat!«

      Und er saß wieder still da mit dem seligen Gesichte und seine Augen hingen wie trunken an dem Freunde und sein Ohr lauschte nur den Worten desselben.

      Den Hauptmann aber hatte die Bemerkung des andern gegen den jungen Mann ernster gemacht. Er suchte das Gespräch auf anderes zu bringen.

      »Gisbert von Aschen ist doch noch hier?« fragte er seinen jungen Freund.

      »Gewiss.«

      »Er speist nicht mit Dir? Ihr wart befreundet!«

      »Er lebt hier sehr eingezogen. Ich sehe ihn selten.«

      »Er ist«, setzte ein anderer der Gesellschaft hinzu, »ein Sonderling, den überhaupt niemand sieht. Er hockt den ganzen Tag in seiner Stube und geht nur aus, um ein paar Geschichtskollegien zu besuchen· Heute —«

      Der Sprechende wurde von seinem Nachbar angestoßen und fuhr nicht fort.

      »O«, sagte er selbst, als wenn auch ihm klar geworden sei, dass er zu viel habe sagen wollen.

      Er warf den Blick nach einer andern Seite der Tafel. Ein Göttinger Polizeibeamter saß dort, und zu diesem hatte sich der Reisende gefunden, der vorhin als Berliner Demagogenfänger bezeichnet war. Der kleine, graue, hässliche Mann schien jedes Gesicht in der Gruppe der Studenten sich tief in das Gedächtnis prägen und jedes ihrer Worte verschlingen zu wollen.

      So sah ihn der Student, der unterbrochen war, und er sprach ruhig und laut, dass es in dem ganzen Saale zu hören war —

      »Man muss dem König von England sagen, dass er keine Spinne mehr bei sich aufnimmt!«

      Das graue Gesicht des Demagogenfängers sah aus, als wolle es Gift ausspeien.

      Die Studenten aber erhoben sich und verließen den Saal.

      »Der Franz Daniel«, sagte draußen einer, »muss heute Nachmittag mit seinem Hauptmann allein bleiben. Sie haben sich beide genug zu sagen. Aber wo treffen wir uns alle zum Abend wieder?«

      »Auf dem Ullrich!« wurde vorgeschlagen.

      »Auf dem Ullrich!« gingen sie einverstanden aus einander.

      Der Hauptmann Mahlberg und Franz Horst waren allein.

      »Heute Nachmittag gehörst Du mir«, sagte Franz zu dem Hauptmann. »Fahren wir hinter den Hainberg. Ich kenne dort eine einsame Waldschenke. Wir sind allein da.«

      »Führst Du mich nicht vorher zu Aschen?« erwiderte der Hauptmann.

      »Ah, zu ihm zieht es Dich mehr als zu mir?«

      »Ich habe mit ihm zu sprechen, notwendig.«

      »Er СКАЧАТЬ