Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ mehr nach Ovelgönne.«

      Karoline wollte Einwendungen machen.

      Es kam anders, als sie beide dachten.

      Der Kutscher hatte gehalten; er wollte absteigen.

      Man hörte plötzlich Schüsse fallen, eine ganze Salve; einzelne folgten.

      »Es ist zu spät!« rief Karoline.

      »Die Hetze hat schon begonnen!« sagte der Domherr.

      Es war so. Und sie sollte fortgesetzt werden.

      Die Schüsse waren tiefer hinten im Tale gefallen, nach Ovelgönne zu, aber seitwärts, dort, wo aus dem Tale eine Seitenschlucht lief.

      An dem Wagen vorüber rannten Menschen nach der Gegend hin. Sie trugen Gewehre; es waren Grenzjäger, wohl dieselben, an denen der Wagen vorbeigefahren war, als sie in dem Gebüsch auf Wache standen.

      »Hin, hin! Ihnen nach!« rief Karoline dem Kutscher zu.

      Der Wagen flog den Grenzjägern nach.

      Einzelne Schüsse fielen noch zur Seite.

      Der Wagen kam ihnen näher.

      Aus dem Gebüsche seitwärts kam ein Mensch hervorgestürzt.

      Andere folgten ihm, verfolgten ihn.

      »Hilfe!« rief der Fliehende.

      Er rief es wie in Todesangst.

      »Bernhard! Bernhard!« schrie Karoline Lohrmann auf.

      Sie sprang aus dem Wagen in seinem vollen Laufe.

      Sie flog auf den Knaben zu.

      »Hier, Bernhard, hier!« rief sie.

      Die Verfolger waren keine zehn Schritte mehr von ihm.

      Sie hatte ihn eher erreicht, er sie.

      Er lief mit seiner letzten Kraft.

      Er schwankte, er war am Niedersinken.

      Sie fing ihn auf; sie schlug ihre beiden Arme um ihn. Sie hob ihn auf mit allem seinem Blute, das ihm den Körper schon bedeckte, das noch aus der verwundeten Schulter floss, mit seinem todbleichen Gesichte, mit seinen brechenden Augen. Er hatte sie noch einen Augenblick damit ansehen können.

      »Mamsell!« hatte er noch sagen können.

      Dann war er zusammengebrochen, dann hatten die Augen sich ihm geschlossen. Karoline Lohrmann trug ihn wie eine Leiche.

      »Haben sie Dich zu Tode gehetzt, Du armes Kind?« sagte sie.

      Sie trug ihn zu dem Wagen, der gehalten hatte.

      Die beiden verfolgenden Grenzjäger waren herangekommen, wollten sie aufhalten.

      Der Domherr trat ihnen entgegen.

      »Rühre einer sie an!«

      Er rief es so stolz, so befehlend; seine Augen flammten durch die Nacht.

      Die Zollbeamten standen verlegen.

      Aber sie erhielten Hilfe

      In einer Entfernung von hundert Schritten hielt ein zweiter Wagen. Von ihm her eilten mehrere Personen heran.

      Ein großer, stattlicher Herr war an ihrer Spitze.

      »Was gibt es hier?« fragte er vornehm.

      »Herr Regierungsrat«, wurde berichtet, »wir verfolgten einen Schmuggler. Er wurde uns hier entrissen; er ist dort in den Wagen gebracht. Man verweigert seine Herausgabe.«

      »Wer darf sich königlichen Beamten widersetzen?« sagte der Regierungsrat streng.

      Er ging zu dem Wagen.

      Karoline hatte den Knaben auf die Kissen des Wagens gelegt. Die Frau Mahler hatte ihr geholfen.

      Da hatte die Frau die Stimme des Regierungsrats gehört.

      Sie hatte einen Schrei der Angst, des Entsetzens erstickt. Sie war bleich wie der Knabe, den sie wie eine Leiche hielt. Sie konnte ihn nur noch krampfhaft halten.

      Sie gewann dennoch ihre Fassung wieder.

      »Meine Damen«, trat der Regierungsrat mit strenger Miene, seine Gestalt höher aufrichtend, seinen Worten Nachdruck gebend, unmittelbar an den Wagen heran, »meine Damen, ich bedaure, dass ich hier befehlend auftreten muss; mein Amt zwingt mich ——«

      Da sah er die zweite der Frauen, die Frau Mahler.

      Sie hatte sich zusammengenommen. Sie sah ihn mit einem Blick unsäglichen Hasses und tiefster Verachtung an.

      Dem Blicke begegnete der seinige.

      Er flog von dem Wagen zurück, als ob ihn der Biss eines wilden Tieres getroffen habe. Er wollte sich wieder aufraffen, zurückkehren; er vermochte es nicht.

      »Fort!« rief er feinen Beamten zu. »Der Bursche ist tot. Leichen verfolgen wir nicht.«

      Er entfernte sich mit den sämtlichen Beamten.

      Die Frau Mahler lag ohnmächtig neben dem Körper des Knaben, den der Regierungsrat eine Leiche genannt hatte.

      »Vorwärts, Christoph!« rief der Domherr dem Kutscher zu. »In zehn Minuten müssen wir in Ovelgönne sein.«

       Zweites Kapitel.

       Studentengeschichten.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Universität Göttingen stand im Sommer des Jahres 1816 in besonderer Blüte. Sie hatte gerade damals bedeutende Lehrer in den meisten Fächern der Wissenschaft und gewährte den jungen Leuten, die sie besuchten, vor andern deutschen Universitäten die meisten akademischen Freiheiten. So fanden sich auf ihr in sehr großer Anzahl namentlich auch diejenigen zum Teil schon gereifteren jungen Männer zusammen, die in den Jahren 1813 bis 1815 die Freiheitskriege mitgemacht hatten und nach deren Beendigung die lange unterbrochenen und versäumten Studien mit umso größerem Eifer nachzuholen suchten, dabei aber auch von der einen Seite keiner pedantischen Schuldisziplin und von der andern nicht dem noch engherzigeren Burschenpennalismus sich unterwerfen wollten. Besonders waren viele Preußen da. Man sah zu jener Zeit in Göttingen mehr Bart als Flaum, mehr Narben, die in der Feldschlacht, als die auf dem Paukboden eingezeichnet waren; man sah mehr männlichen Ernst als burschikose Wichtigkeit; man sah manche mit Orden und Kriegsmedaillen geschmückte Brust, man sah nicht minder manche Offiziers- oder Freiwilligenuniform, oder irgendein Stück davon, die Beinkleider, den Rock, die Feldmütze. Und diese Uniformstücke sah man nicht als Schmuck oder Zierrat!

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