Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
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Alte Magdeburger Chronik.
11. Bestrafte Tanzlust.
Am Sonntage nach Laurentii im Jahre 1381 wurde Ludwig, ein Markgraf zu Meißen, Administrator des Erzbisthums Magdeburg. Erzbischof wollte er nicht werden, weil sein Sinn nach Mainz stand, wo er schon zum Erzbischofe postulirt war, und weil er zwei Erzbisthümer zusammen nicht behalten konnte. Er war überhaupt ein weltlicher Herr; deshalb regierte er denn auch nicht lange, und es traf ihn bald der Zorn des Himmels. – In der Fastnacht des Jahres 1382 ließ er nämlich ein großes Bankett zu Calbe an der Saale bestimmen, wohin er seine Brüder, die Markgrafen zu Meißen, nebst vielen andern großen Leuten berief. Da geschah es denn nun, als der Administrator am Montage in der Fastnacht, des Abends nach dem Essen mit seiner ganzen Gesellschaft zum Rathhause gegangen war, den Abendtanz und gute Kurzweil zu vollbringen, daß in einer kleinen Kammer nebenan das Bettstroh aus Versehen anfing zu brennen, und darüber ein groß Gerücht entstand, daß sich ein gefährliches Feuer erhoben hätte, obgleich die Sache doch ohne alle Gefahr gewesen, worüber denn nun Jedermann bestürzet, und gesuchet, der Erste aus dem Rathhause zu entkommen. In solchem Gedränge und Tumult ist die Rathhausstiege zerbrochen, und viel Volk hart beschädigt worden. Zu Tode ist aber blos gekommen der Administrator Ludwig von Meißen mit noch zwei Anderen. Er ist die zerbrochene Stiege herunter gefallen, hat den Hals abgestürzet und ist in Puncto todt geblieben.
Gottfried Gengenbacher, Magdeb. Chr.
Andr. Werner, Magdeb. Chronik.
12. Die Cardinalsbirne.
Unter dem Namen der Cardinalsbirne ist zu Magdeburg eine schöne, wohlschmeckende Birne bekannt. Dieser Name ist schon sehr alt, und im Jahre 1453 entstanden. Dazumal hatte der Papst den Bruder Johann Capistran, Barfüßer-Ordens, mit mehreren seiner Brüder in das Land zu Böhmen geschicket. Der wurde von dem Erzbischof Fridericus mit nach Magdeburg gebracht, wo er wegen seiner großen Frömmigkeit von der ganzen Clerisei und von der Gemeinde mit Kreuzen und Fahnen prächtiglich empfangen wurde. Man bauete ihm einen Pallast auf dem neuen Markte, davon er predigte. Er predigte mit solchem Ernst und Eifer, daß man ihm alle Wurftafeln, Würfel, Karten, Larven und anderes Spielgeräthe, und die Frauen ihre Schnüre und Haare, und ihre Bretter, darauf sie ihre Schleier und Tücher zu kleistern pflegten, darbrachten, und es wurde alles dieses öffentlich auf dem neuen Markte verbrannt. – Dieser Capistran aß einesmals von jenen schönen Birnen, und weil er sie so gar wohlschmeckend fand, so segnete und weihete er sie. Davon haben sie den Namen Cardinalsbirnen erhalten, den sie noch jetzt haben.
Alte Magd. Chronik.
13. Der Erzbischof Ernestus zu Magdeburg.
Der ein und vierzigste Erzbischof von Magdeburg war Ernestus, ein Herzog von Sachsen, Herzogs Ernsten des Churfürsten Sohn. Er wurde am heiligen drei Königs-Tage des Jahres 1476 zum Erzbischofe erkoren, und bekleidete den erzbischöflichen Stuhl bis zum Jahre 1513, wo er starb. Er war ein frommer und einsichtsvoller Herr, der gar löblich regierte. Als er zum Sterben kam, boten ihm die Barfüßer-Mönche alle ihre Werke und Verdienste bei Gott an, als die ihm zur Seligkeit desto sicherer verhelfen sollten. Denen hat er aber geantwortet: »Lieben Herren, es ist nichts mit allen Euren Verdiensten und Werken; ich begehre derselbigen auch nicht. Die Werke meines Herrn und Heilandes Jesu Christi müssen es alleine thun.” Darauf ist er selig abgeschieden, nachdem er 37 Jahre regieret.
Alte Magd. Chronik.
14. Der Warner vor der Schlacht, und die Magdeburger Taufe.
Im Jahre 1550 hatten die Magdeburger einen schweren Krieg mit dem Herzog Georg von Mecklenburg; dieser, ein junges hitziges Blut, war in das Magdeburgische Land eingefallen, und trieb ein arges Wesen mit Rauben, Plündern und Brandschatzen, also daß des Flehens des Landvolks an den Rath der Stadt Magdeburg um Hülfe und Errettung mit jedem Tage mehr ward. Da rüsteten sich denn die Magdeburger, und am Tage Mauritii, welcher damals war der 22ste Tag des Septembers, zogen sie aus, dem Feinde eine große Schlacht zu liefern. An ihrer Spitze waren der Bürgermeister Georg Gericke und Heinrich Müller mit dem Hauptmanne Hans Springer.
Der Tag Mauritii aber war für die Magdeburger ein Unglückstag, und er war ihnen schon zwei Mal in Kriegsläuften zum Unheil gewesen, indem sie an solchem Tage zweimal eine Niederlage erlitten hatten. Daher geschah es auch, daß, als sie ausgezogen waren, vor dem Dorfe Barleben, eine Meile von der Stadt, ihnen ein Mann begegnete, der sie verwarnete. Dieß war ein feiner, langer, ansehnlicher Mann, der Kleidung nach einem Bauersmann nicht ganz unähnlich. Er war zwar gar alt und eisgrau, aber so schönen holdseligen, röthlichen und jungen Angesichts, daß es zu verwundern. Der hielt die Magdeburger an, und fragte sie, wo sie mit dem Kriegsvolk und der Kriegsrüstung hinaus gedächten? Und da er ihres Vorhabens unterrichtet, hat er sie mit aufgehobenen Händen herzlich gebeten, von ihrem Vorsatze abzustehen, wieder heim zu kehren und ihrer Stadt Acht zu haben, und ja des Orts, und sonderlich der Zeit nichts vorzunehmen, indem gerade vor zweihundert Jahren auf den Tag und an dem Ort die Magdeburger geschlagen worden, wie ein Jeder, der es nicht wüßte, auf der Tafel in der Sanct Johannes-Kirche zu Magdeburg lesen könne; er ermahnte sie, daß es ihnen gewiß auch dieses Mal unglücklich ergehen werde, wenn sie nicht umkehrten.
Ob nun wohl sich Etliche über die Person und die Rede dieses Mannes verwundert, so haben doch ihrer sehr Viele seiner gespottet und die Warnung höhnisch verachtet. Das ist ihnen aber zu ihrem großen Unglück geworden.
Die Magdeburger rückten nämlich weiter, und früh um sieben Uhr trafen sie auf den Feind. Sie griffen diesen sogleich an, aber schon nach einer halben Stunde waren sie so auf das Haupt geschlagen, daß sie 1200 Todte und 300 Gefangene verloren hatten, und daß 11 Stück Feldgeschütz und 11 Bürgerfähnlein in die Hände der Feinde gefallen waren. Absonderlich war keiner von den Spöttern des alten Warners unerschlagen oder ungefangen geblieben.
Dabei trug sich auch noch folgender verwunderliche Umstand zu, der den Meisten das Leben kostete. Die Magdeburger hatten nämlich, als sie dem Feinde entgegen gingen, das Flüßlein, die Ohre genannt, passiren müssen, welches zu damaliger Zeit gerade sehr tief gewesen. Sie hatten daher eine seichte Stelle gesucht, durch welche sie ohne große Beschwerde über den Fluß gelangten, und dieselbe, um sie bei ihrer Rückkehr desto sicherer wieder finden zu können, mit einem Merkmale bezeichnet. Wie sie aber nun von dem Feinde geschlagen und zu einer eiligen Flucht gezwungen worden, da war unterdeß, ohne daß sie etwas davon wußten, das Zeichen von der Furth weggenommen und an eine Stelle gesteckt, wo die Ohre gerade am allertiefsten war. Die Magdeburger glaubten, das sei ihre Furth, sie stürzten in ihrer großen Angst sich in die Tiefe hinein, und fanden einen gar jämmerlichen Tod im Wasser. Auf welche Weise das Zeichen von seiner alten Stelle fortgekommen war, hat man niemals erfahren können. Die Stelle, wo solches passiret, heißt zum Wahrzeichen bis auf den heutigen Tag die Magdeburger Taufe.
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