Название: Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden Bestseller
isbn: 9783740914073
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Dann aber kam der Morgen, an dem Miriam anrief, dass Carry operiert werden würde. Professor Dietl hätte ihr gestattet, bei der Operation zu assistieren.
Die Vorgeschichte dazu kannten Fee und Daniel noch nicht. Jonas hatte ein langes Gespräch mit dem Klinikchef geführt, der trotz seiner fast siebzig Jahre und seiner schmerzhaften Arthritis sehr aufgeschlossen und lebhaft war.
Er machte zuerst eine sarkastische Bemerkung darüber, dass er sich selbst und auch kein anderer ihn heilen könnte. Natürlich verschafften Medikamente Linderung, aber schließlich könne es möglich sein, dass gerade unter einer Operation plötzlich wieder diese gemeinen Schmerzen aufträten und da wollte er solch ein Risiko doch nicht eingehen.
»Ich habe ja einen tüchtigen Assistenten«, sagte er zu Jonas, wohl, um etwaige Vorurteile gegen Dr. Semmelbrot wegzufegen, doch die hatte Jonas schon längst nicht mehr. Als er dann vorsichtig auf Miriam zu sprechen kam, richtete sich Professor Dietl auf.
»Sagten Sie Miriam Perez? Sie ist hier?«, fragte der alte Herr erregt.
»Sie lebt in meinem Haus.« Dann musste Jonas erzählen, wie es dazu gekommen war, bevor Professor Dietl eine Erklärung gab, woher Miriam ihm bekannt war.
»Man redete seinerzeit viel davon, dass Benten sie heiraten wolle. Er war mein Famulus. An seinem Können gab es nichts auszusetzen, menschlich hat er mich enttäuscht. Aber Schwamm drüber. Ich will nicht in den Verdacht geraten, ein Schwätzer zu sein, wenn man auch mit zunehmendem Alter mehr und mehr Erinnerungen nachhängt.«
»Sie wissen aber, dass Miriam übel mitgespielt wurde in Beirut?«
»Ich habe davon gehört, aber diese Geschichte ist doch geklärt und beigelegt? Von hier aus ist doch alles getan worden, um der jungen Kollegin zu helfen.«
»Davon ist Miriam nichts bekannt. Sie wurde zwar freigelassen, dann aber abgeschoben, ohne Rehabilitation.«
»Das ist mir unverständlich, aber vielleicht sind daran die misslichen Verhältnisse in diesem Lande schuld. Wir hören zwar, was man dort beschließt, aber was sich unter den Verantwortlichen abspielt, erfahren wir doch nicht.«
»Hat sich Professor Benten auch mit Miriam solidarisch erklärt?«, fragte Jonas sehr direkt, denn Dr. Semmelbrot hatte ja geraten, ohne Umschweife mit seinem Chef zu reden.
»Benten ist nicht Fisch und nicht Fleisch«, meinte der andere. »Er sagte wohl, dass man von hier aus nicht überprüfen könne, wie sich die Dinge wirklich verhielten. Außerdem sei Frau Perez keine deutsche Staatsbürgerin. Aber so weit mir bekannt ist, wurde doch eine Ehrenerklärung für sie abgegeben. Ich werde mich jetzt erkundigen, ob ihr hier die Ausübung ihres Berufes versagt wurde, und wenn das nicht geschah, habe ich nichts dagegen einzuwenden, dass sie der Operation beiwohnt.«
Jonas konnte Miriam eine positive Nachricht bringen, doch augenblicklich war ihr Carry so wichtig, dass sie ganz vergaß, auch Daniel diesen günstigen Bescheid mitzuteilen. Er erfuhr dann von Dr. Behnisch, dass Miriam nichts mehr zu befürchten hätte. Ihr Anwalt hätte ihren Freispruch erreicht. Dass sie vorher des Landes verwiesen worden sei, beruhe auf einem Irrtum.
»Da mögen schöne Zustände herrschen«, sagte Fee kopfschüttelnd. »Wir haben in unserem guten alten Europa wahrhaftig keinen Grund zu meckern, wenn uns auch manches nicht passt. Doch immerhin kann man sagen, dass ihr dieser Irrtum irgendwie doch Glück gebracht hat.«
»Das wollen wir erst sagen, wenn Carry die Operation gut überstanden hat«, sagte Daniel.
*
Miriam kämpfte gegen die innere Angst an, als sie Carry auf dem Operationstisch liegen sah. Es ging nicht um irgendeinen Patienten, es ging um den Menschen, dem ihre ganze Zuneigung gehörte. Carry, die so schwach erschien, hatte ihre Kräfte mobilisiert. Sie war voller Vertrauen.
»Ich freue mich so auf mein neues Leben, Miriam«, hatte sie noch am Vorabend gesagt. »Und wenn wir das hinter uns gebracht haben, werden wir alles tun, damit du dich auch wieder richtig freuen kannst.«
Carry dachte nie nur an sich selbst. Sie bewies so viel Mut, dass Miriam sich wegen ihrer inneren Ängste nun fast schämte.
Dr. Jürgen Semmelbrot lächelte ihr aufmunternd zu, aber sie fragte sich, ob er so zuversichtlich wäre, wie er sich gab.
Zu aller Überraschung erschien Professor Dietl im Operationssaal, gekleidet wie es sein musste.
»Keine Angst, ich will Ihnen nicht ins Handwerk pfuschen, mein Junge«, sagte er zu Dr. Semmelbrot, und Staunen war in manchen Augen, dass er den Jüngeren so anredete. »Vielleicht kann ich doch noch einen Tipp geben, wenn es nötig sein sollte«, fuhr Professor Dietl fort. »Wird es akzeptiert?«
»Mit Dank, Herr Professor«, erwiderte Dr. Semmelbrot. Und dann setzte er das Skalpell an, so sicher, dass Miriam den Atem anhielt.
Sie hatte schon öfter Menschenherzen freigelegt gesehen, aber dies war Carrys Herz. Sie musste für einen Augenblick die Augen schließen.
Professor Dietl tat das für sie, was sie nun eigentlich tun musste, er reichte seinem jungen Kollegen die richtigen Instrumente. Mit der linken Hand konnte er es, ohne dass diese zitterte. Aber zu sagen brauchte er nichts.
Das tat er erst später, als die Wunden vernäht waren.
»Sie haben sich gut vorbereitet«, sagte er zu Dr. Semmelbrot. »Sie sind unter der Zeit geblieben.«
»Eine Nachnarkose hätten wir nicht geben können«, murmelte Jürgen.
Er sah kurz zu Miriam hinüber, die leicht schwankend den Operationssaal verließ. »Ich hatte einen sehr guten Lehrer, der immer mein Vorbild bleiben wird«, fuhr er dann fort.
»Nur keine Ovationen, Nachfolger«, sagte Professor Dietl. »Das war ein Meisterstück. Ich weiß nicht, ob ich es so perfekt vollbracht hätte.«
Diese hohe Anerkennung brachte den bescheidenen Jürgen nun doch in Verlegenheit. »Ich habe doch alles von Ihnen gelernt, Herr Professor«, sagte er leise.
»Und warum soll der Schüler nicht mal besser sein als der Lehrer?«, fragte der. »Legen wir doch den verflixten Hochmut ab, diese verdammte Eitelkeit, die so viel anrichtet und die in unserem verantwortungsvollen Beruf fehl am Platze ist. Ich bin heute nur stolz auf meinen gelehrigen Schüler.«
Und Miriam fiel in Jonas’ Arme, als sie befreit von Kittel, Maske und Handschuhen auf den Gang trat. »Es ist geglückt. Es wird alles gut«, sagte sie aufschluchzend, »aber beitragen konnte ich nichts.«
»Du warst bei Carry, wie sie es sich gewünscht hat«, sagt er leise. »Ich weiß, wie viel Kraft es dich gekostet hat, Miriam.«
Ganz nahe waren sie sich und hielten sich eng umschlungen, sie merkten gar nicht, dass der Professor und sein Schüler an ihnen vorbeigingen.
»Da sind noch ein paar mehr Menschen glücklich«, sagte Professor Dietl. »Welch ein schöner Tag!«
Konnten sie sich jetzt wirklich schon freuen? Professor Dietl schien davon überzeugt zu sein. Er tat etwas, was bisher einmalig in seiner Klinik war, er würdigte СКАЧАТЬ