Название: Die beliebtesten Jungmädelgeschichten von Else Ury
Автор: Else Ury
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027238576
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»Natürlich vom Pferd, denn er ist ebenso braun!«
Schallendes Gelächter folgte auf Klein-Annemies Ausspruch. Selbst die Kühe lachten, daß ihr langer Schwanz hin und her wackelte.
Annemie aber lief aus dem Kuhstall und teilte Elli heimlich mit, daß sie sich »ganz schrecklich schoniere«.
Die Schweinchen fanden auch nicht den Beifall der kleinen Kusine. Sie meinte geringschätzig: »Die sind ja gar nicht richtig! Die Ferkelchen in meinem Bilderbuch sehen rosenrot aus und riechen auch gar nicht so abscheulich!«
Aber von der Geflügel-Kinderstube war Annemie nicht fortzubringen.
Ach Gott, wie niedlich! Die kleinen Entchen, die noch ganz gelbe Flaumfedern hatten, die winzigen Gänschen, und die süßen, kleinen Kücken, die so unbeholfen hinter ihrer Hennenmutter hertappelten.
Auch der Kaninchenstall mit seinen übermütigen Bewohnern, die sich gar lustig überpurzelten, machte den Stadtkindern große Freude.
»Nun wollen wir in den Garten gehen«, meinte Elli.
Ach, war es da schön! Lauter Stiefmütterchen und Vergißmeinnicht, und die vielen Gänseblümchen, die da alle auf dem Rasen wuchsen.
»Pflücke dir doch welche, wir wollen für deine Gerda einen Kranz machen, Annemiechen«, schlug Elli vor.
Die Kleine zögerte.
»Ja, darf ich denn auf den Rasen treten?« fragte sie erstaunt.
»Aber natürlich«, lachte Elli.
»Gibt’s denn hier keinen Tiergartenwächter?« Scheu sah sich die kleine Berlinerin um.
»Nein, Annemie, hier darfst du laufen, wohin du willst, hier tut dir keiner was«, beruhigte sie die Kusine.
»Ach, ist das schön bei euch – ich will niemals wieder in den ollen Tiergarten!« Das klang wie der Jubellaut eines Vögelchens, das zum erstenmal aus dem engen Bauer in die weite Luft hineinfliegt.
Klaus aber hatte seine ländliche Freiheit schneller begriffen. Der war bereits mit einem Satz in die Hängematte und mit dem nächsten wieder heraus und in die Schaukel. Jetzt strampelte er am Reck, und dann ging es mit den Vettern in die Johannisbeeren und Stachelbeersträucher.
Und am nächsten Tage hatte er bereits einen verdorbenen Magen.
15. Kapitel
»Kommt ein Vogel geflogen«
Herrliche Wochen verlebten die Berliner Kinder auf dem Gute. Viel schneller als zu Haus gingen die Tage dahin, mit beiden Händen hätten Klaus und Annemie sie festhalten mögen, denn jeder Tag brachte etwas neues Schönes.
Klaus sah aus wie ein richtiger Bandit, sonnverbrannt und meistens zerfetzt. Kein Baum war ihm zu hoch und kein Graben zu tief. Fräuleins Sommererholung bestand in täglichem Höschenflicken.
Auch Annemie war ein tüchtiger Wildfang geworden. Allenthalben trieb sie sich mit den drei Jungen herum. Ihre Angst vor Pferden, Kühen und Schweinen hatte sich längst gegeben. Selbst der große Truthahn konnte sich nur bei ihr in Respekt setzen, wenn er seinen Koller bekam. Aber wie hatte Nesthäkchen sich auch erholt. Ihre Bäckchen waren so rot wie ihr Musselinkleidchen und ihre Beinchen so braun wie ihre braunen Strümpfe.
Auch die sanfte Gerda war hier ganz außer Rand und Band. Sie blieb mit ihren hübschen Kleidern an allen Zäunen und Sträuchern hängen, schlug sich Beulen in den Kopf, tauchte mit zerkratztem Gesicht aus den Dornenhecken auf und kam meistens barfuß nach Hause.
Wenn sie sich trotzdem nicht so gut erholt hatte wie ihre kleine Mama, so lag das nicht an der Arnsdorfer Luft, sondern einzig und allein an Klaus. Der brachte die Puppe um ihre ganze Erholung, ewig mußte sie vor dem Schlingel zittern.
Durften die Kinder mit dem Leiterwagen mit aufs Feld hinausfahren, drängelte und schubste Klaus so lange, bis Puppe Gerda durch eine Leitersprosse durchkugelte und am Wege liegen blieb. Nicht einmal ihr Mütterchen hatte es gemerkt, erst bei der Rückfahrt konnte die ganz verstaubte Puppe wieder aufgelesen werden.
Spielte man im Heu, so war Gerda sicher dem Erstickungstode nahe. Der böse Klaus begrub sie unter einem Riesenheuberg bei lebendigem Leibe.
Wo der Bengel sie erblickte, bombardierte er die arme Gerda mit unreifen, vom Wind abgeschlagenen Äpfelchen, so daß ihre Nase schon ganz plattgedrückt war.
Ließen die Kinder am Entenpfuhl Schiffchen schwimmen, schwamm auch sicherlich Gerda plötzlich auf dem grünlichen Wasser. Und wenn Herbert auf Annemies Gebrüll die Puppe nicht errettete, der schlechte Klaus hätte sie elendiglich versaufen oder von einem Frosch verspeisen lassen. Ach, was Gerda für eine Angst vor diesen quakenden grünen Scheusalen hatte!
Wieder mal war Puppe Gerda plötzlich verschwunden. Eben noch hatte sie mit Annemie und allen andern Kindern im Wäldchen »Räuber und Prinzessin« gespielt, da war sie mit einem Male auf und davon. Klein-Annemarie durchsuchte voll Sorge jedes Brombeergestrüpp, jeden Maulwurfshügel – Gerda kam nicht zum Vorschein.
»Es ist schrecklich mit dem Kinde, sie ist hier in Arnsdorf total verwildert«, klagte sie Elli, Gerdas Tante. »Wer weiß, wo sie sich jetzt wieder herumtreiben mag!«
Aber als die Jungen, Herbert und Peter, welche die Räuber waren, ihre Taschentücher als Friedensfahne wehen ließen und herankamen, um zu fragen, ob die Mädels nicht ihren Räuberhauptmann Klaus gesehen hätten, da wußte Annemie gleich, wo sie Gerda zu suchen hatte.
»Mein Kind ist geraubt worden, der Räuberhauptmann hat meine kleine Gerda gestohlen!« Jammernd machte sich Annemarie mit den andern an die Verfolgung.
Nirgends eine Spur, weder von Klaus noch von Gerda. Man durchstöberte die Rosenhecken, die Lauben, Hof und Haus. Nirgends war der Puppenräuber zu entdecken. Der saß oben auf dem obersten Kornboden und spähte durch eine Dachluke hohnlachend auf seine Verfolger herab.
Wo aber hatte er Puppe Gerda gelassen? Denn die befand sich nicht mehr in seiner Gesellschaft.
Als der Räuberhauptmann das arme Puppenkind plötzlich beim Wickel hatte, glaubte Gerda, ihr letztes Stündchen habe geschlagen.
»Lieber Gott,« betete sie, »laß mich wenigstens eines sanften Todes sterben. Sorge dafür, daß der schlimme Klaus mich nicht in den Entenpfuhl bei den grünen Froschscheusalen ersäuft!«
Klaus raste mit dem entführten Kinde über Stock und Stein. Der Puppe schwanden die Sinne, sie schloß die Augen. Sie wollte gar nicht sehen, was der Bösewicht mit ihr vorhatte.
Als sie die Augenlider endlich wieder zu öffnen wagte, kniff sie sich mit der Zelluloidhand in die Nase, um zu sehen, ob sie überhaupt noch am Leben sei. Wo war sie denn bloß – etwa gar schon im Himmel?
Nein, so sah es im Himmel ganz sicher nicht aus. Ein mattes Dämmerlicht herrschte im Raum und eine merkwürdig warme Luft umwehte sie. Auch ließ sich ab und zu ein seltsames Brummen vernehmen. Dann pochte der Puppe das Herz vor Schreck bis in den Hals hinein.
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