Название: Die beliebtesten Jungmädelgeschichten von Else Ury
Автор: Else Ury
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
isbn: 9788027238576
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Da sah sie denn, wie der unnütze Klaus vorsichtig die Goldschnur von dem Bonbonkörbchen, das Großmama doch ihr geschenkt hatte, löste, und einen Bonbon nach dem andern in seinen Mund spazieren ließ.
»Du, der maust mir meine Bonbons!« Weinerlich zupfte die Puppe ihre schlafende kleine Mama an dem einen Rattenschwänzchen.
Annemie fuhr erschreckt hoch, wie vorhin die Dame, und weckte weinend Fräulein.
Klaus bekam einen Klaps auf die Hände und Annemie ein Stück Schokolade von der Dame, die inzwischen ausgeschlafen hatte.
Und nun war man auch gleich da. Endlich! Fräulein setzte Annemie das Hütchen auf, und Annemie zog Gerda ihre Zipfelmütze kleidsamer.
Der Zug hielt. Onkel Heinrich stand aus dem Bahnsteig und hob Annemie und Gerda mit lachendem »Na, du Dreikäsehoch, bist du da?!« aus dem Abteil. Dann gab er Klaus einen zärtlichen Nasenstüber: »Immer noch solch Bandit wie früher, Junge?« und nahm Fräulein die Reisetasche ab.
Nun ging es zu dem Wagen. Denn man hatte noch über eine Stunde bis zum Gut Arnsdorf zu fahren. Auf dem Bock saß stramm in seinem blauen Rock mit blanken Knöpfen August, der Kutscher, und legte die Hand an die Mütze.
Nesthäkchen knickste in tiefer Ehrfurcht vor ihm. Der sah ja noch viel vornehmer aus als ihr Portier in Berlin. Klaus aber klopfte die beiden Braunen, an die Klein-Annemie sich nicht recht herantraute, freundschaftlich auf den Rücken, schwang sich zu dem feinen August auf den Bock und bettelte ihm seine Peitsche ab. Damit knallte er lustig, während der Wagen den Landweg entlang holperte.
»Siehst du, Kleinchen, das ist eine Windmühle, da mahlt der Müller sein Korn, und von dem Grasberg dort kann man fein heruntertrudeln. Dies hier sind schon unsere Wiesen, da fahren wir nächstens ins Heu«, unterhielt Onkel Heinrich sein kleines Nichtchen, das er liebevoll auf den Schoß genommen.
Aber als das Plappermäulchen zu all den verlockenden Aussichten schwieg, und Fräulein ihm lächelnd zuwinkte, da sah sich Onkel die Annemie näher an.
Holla – das Fräuleinchen schlief ja. Den Blondkopf hatte es fest an Onkels Ärmel eingekuschelt, die Bäckchen waren gerötet und das Mündchen leis geöffnet. Die lange Reise hatte die Kleine allzusehr ermüdet. Auch Puppe Gerda hatte die Augen zugeklappt. Fest schlafend, so hielten die beiden kleinen Reisenden ihren Einzug in Arnsdorf.
14. Kapitel
Kikeriki – der Hahn ist schon wach
Über die taufrischen Wiesen von Arnsdorf kam der Morgenwind daher. Er schaute in den Gutshof hinein, dort lag noch alles in tiefstem Schlaf. Nur der goldrote Hahn, der auf dem Misthaufen schlief, machte ein halbes Auge auf und blinzelte den Morgenwind verschlafen an. Da pustete ihn dieser übermütig ins Gesicht, daß er sogleich beide Augen aufriß und mit den goldroten Flügeln schlug.
Dann aber erklang es plötzlich in den höchsten Tönen »Kikeriki – kikeriki« – dabei kniff der Hahn die Augen wieder zu, denn er konnte sein Lied schon auswendig.
»So, den Langschläfer hätten wir geweckt«, dachte der Morgenwind und klirrte gegen die Fensterscheibe des Fremdenzimmers, das nach dem Hofe zu lag.
Da drinnen bewegte es sich. Ein Kinderbeinchen streckte sich zum Himmel empor und verschwand dann wieder unter der Decke.
Der Morgenwind machte ein erstauntes Gesicht. Nanu, wer lag denn heute da drin im Kinderbettchen?
Ein fremdes, kleines Mädchen und eine fremde Puppe, die er noch niemals hier auf dem Gute gesehen hatte. Das Gesicht hatte die Kleine noch tief in den Kissen vergraben.
Aber das Wecken verstand der Morgenwind, das war ja sein Amt hier aus dem Gut. Er nahm eine Weidenranke, die da gerade an der Mauer hing und schlug damit lustig gegen die Fensterscheibe.
Das fremde, kleine Mädchen steckte das zweite Beinchen heraus und die Ärmchen dazu, aber es schlief weiter.
Da gab der Morgenwind seinem Freund, dem Hahn, ein Zeichen, und der ließ sich nicht lange bitten. Aufs neue erklang es »Kikeriki – kikeriki.«
Das kleine Mädchen droben im Fremdenzimmer aber träumte, der Hahn aus seiner Spielzeugschachtel sei lebendig geworden und habe laut gekräht.
Doch als der Hahn auf dem Misthaufen zum drittenmal »Kikeriki – kikeriki« sang, da setzte sich die Kleine plötzlich im Bette hoch.
Ei – das war ja ein süßes, kleines Ding, wie erstaunt sie sich in der neuen Umgebung umguckte! Die gefiel dem Morgenwind ganz ausnehmend gut.
Jetzt endlich wußte Klein-Annemarie, denn sie und kein anderer war das fremde, kleine Mädchen, wo sie war. Richtig – in Arnsdorf. Aber wie sie hierher ins Bett gekommen, darauf konnte sie sich gar nicht mehr besinnen. Auch Tante Kätchen, Kusine Elli und die Vettern hatte sie gestern abend in ihrer Müdigkeit kaum noch begrüßen können.
»Kikeriki«, rief der Hahn unten wieder, und »Kikeriki – kikeriki« – erschallte es auch oben aus dem Kinderbett in hellen Tönen, daß Puppe Gerda und Fräulein entsetzt hoch fuhren.
»Aber Annemie, Kind, was fällt dir denn ein, gleich legst du dich hin und schläfst weiter«, rief Fräulein.
»Kikeriki – der Hahn ist schon wach, dann müssen wir auch aufstehen, auf einem Gut schläft man überhaupt nicht so lange, sagt Frida.« Annemie, die gestern besonders früh ins Bett gekommen, war bereits ganz ausgeschlafen.
Leider – denn Fräulein war noch sehr müde.
»Sei ruhig, Herzchen, und störe mich nicht«, bat sie.
Das versprach Annemie, denn sie hatte doch ihr Fräulein sehr lieb.
Sie begann eine halblaute Unterhaltung mit Gerda
»Gefällt es dir hier, Gerdachen?«
Die Puppe zuckte die Schultern, sie konnte in der kurzen Zeit noch nicht recht urteilen.
Inzwischen hatte der Morgenwind die Täubchen im Taubenhaus geweckt.
»Rrruck – ruck – ruck – ruck – girrr« – machten die und hoben die Köpfchen.
Und »rrruck – ruck – ruck – ruck, die Täubchen sind auch schon auf!« girrte es ebenfalls aus dem Kinderbettchen.
»Aber Annemie, du hast mir doch versprochen, still zu sein«, stöhnte Fräulein.
Ja richtig – das hatte sie wirklich bloß vergessen.
»Hast du Angst vor den Muhkühen, Gerda, die beißen nicht!« setzte Annemie inzwischen im Flüsterton ihre Unterhaltung mit der Puppe fort.
Gerda schüttelte den Lockenkopf. Aber als es jetzt aus dem Stall dumpf »Muh – mu – uh –« brüllte, denn der Morgenwind hatte gerade die Kühe geweckt, da verkroch sich die Puppe furchtsam unter den Kissen.
Ihre kleine Mama aber lachte und machte noch viel schöner »muh – mu – uh«, СКАЧАТЬ