Pitt und Fox, die Liebeswege der Brüder Sintrup. Friedrich Huch
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Название: Pitt und Fox, die Liebeswege der Brüder Sintrup

Автор: Friedrich Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113377

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СКАЧАТЬ seine Oberfläche. Nach einer Weile aber duckte er sich, schlich in ein dichtes Strauchwerk und winkte den beiden andern heftig nachzukommen. Dann deutete er mit dem Finger vorsichtig durch die Zweige. Oben auf dem dunklen Brachfelde, auf der Horizontlinie stand Hedwig, in ihrem schwarzen Kleide. — Wie sie geschnürt ist, — wie eine Rübe! sagte er, und versuchte Pitts Tonfall nachzuahmen. Und Elfriede fügte hinzu: es geschieht ihr ganz recht, daß wir hier im Busch sitzen und lachen; wozu ist sie so abscheulich! — In ihrem Ton lag so viel Bitterkeit, daß Pitt sich wunderte. Hedwig stand noch eine kleine Weile oben, dann verschwand sie langsam. — Sofort trat Harald aus dem Gebüsch heraus und warf wieder mit seinen Steinen, Pitt wollte folgen, aber Elfriede sagte: Ich finde es so schön hier, bleibe doch sitzen! — So saßen sie nebeneinander, in dem dichten Grün, Elfriede immer in der leisen Unruhe, er könne plötzlich doch aufstehen. — Was ist das eigentlich für ein Gebüsch, in dem wir sitzen? fragte er nach einer Weile. — Ach ich weiß es nicht! sagte sie und in ihrer Stimme klang eine sonderbare Erregung; vielleicht ist es ein Weidenbusch — nein, es sind Haselnüsse. Dann schwiegen sie wieder. In ihr war eine Unruhe, daß sie plötzlich aufsprang: ich glaube, ich möchte mit dir ringen! Er sah sie erst erstaunt, dann nachdenklich an, sie hielt diesen Blick verwirrt aus, dann strich sie ihr Haar aus der Stirne und sagte: es ist hier so heiß und dumpf drinnen, ich halte es nicht aus — und trat ins Freie. — Was ist denn los? fragte Harald überrascht und blickte schnell hinter sich, ob da ein Tier säße, das er vorher nicht bemerkt hatte; — du sahst mich eben so merkwürdig an, als ob ich gar nicht da wäre! — Wir wollen nach Hause gehen, ich muß üben, meine Finger werden ganz steif! Sie dehnte sie auseinander, so stark, daß sie knackten. — Harald fand das langweilig. — Bleibt ihr beide doch unten! sagte sie und streifte Pitt mit einem Blick, ich finde den Weg auch allein. — Wirklich schritt sie allein den Pfad hinauf. — Nach einer Weile blieb sie stehen und schaute zurück. Unten gingen die beiden jetzt am Wasser entlang. Sie wartete immer, daß er sich nach ihr umsehen würde. — Weshalb hatte sie das gesagt! Weshalb war sie überhaupt so plötzlich weggegangen! Sie wandte sich wieder auf ihren Weg, ihre Schritte wurden schneller, schließlich begann sie zu laufen. — Frau van Loo trat ins Musikzimmer. — Elfriede, sagte sie, du spielst roh! Oder liegt es am Flügel? Wo ist denn Herr Pitt? — Der ist mit Harald spazieren gegangen! antwortete sie mit frischer Stimme, ohne ihre Augen von den Tasten zu wenden — ich habe sie allein gelassen, weil ich Lust hatte zu üben. Und stählern fielen ihre Finger wieder in die Tasten. — Was spielst du da eigentlich? Es kommt mir so bekannt vor, aber so abscheulich verändert! — Ich mache einen Marsch draus! Es klingt famos!! — Frau van Loo verließ das Zimmer wieder und Elfriedes Töne hallten weiter. Schließlich spielte sie fast mechanisch. Endlich sprang sie auf, holte ein Sonatenbuch und begann regelrecht zu üben. Und immer wenn diese schwierige, sonderbare Passage kam, sah sie Geäst vor sich und hörte Pitts Stimme: Was ist dies eigentlich für ein Gebüsch? — Je mehr sie von dieser sinnlosen Verbindung sich frei machen wollte, um so fester hakte sie sich in sie hinein; es war fast blödsinnig.

      Nach einer Weile wurde sie abermals gestört: Hedwig trat herein. — Ich möchte dir gerne etwas sagen. — Sie wartete, daß Elfriede ihr Spiel unterbrechen solle. — Sprich nur, ich höre schon. — Sie wartete wieder eine Zeitlang, dann kam sie auf den Flügel zu und schloß den Tastendeckel, daß Elfriede schnell die Hände wegzog. Beide sahen sich einen Augenblick an, fast wie zwei Feinde. — Elfriede stieß den Deckel wieder auf. Was willst du denn? — Was ich will? Kannst du dir das nicht denken? — Absolut nicht! sagte Elfriede gereizt und trotzig. — Dann will ich es dir sagen: Wenn das so fortgeht, so gebe ich dir mein Wort darauf, daß dieser Mensch schon in den nächsten Tagen das Gut verläßt. — Welcher Mensch? fragte Elfriede erregt. — Es handelt sich nur um den einen. — Also doch! Ich hatte gedacht, daß du etwas anständiger von jemand redest, der mein Freund ist und unser Gast! — Ich rede von den Menschen so wie sie es verdienen. Dieser Herr Sintrup hat keine Art, sich beliebt zu machen, und wenn es noch das allein wäre! Aber er stiftet Unfrieden zwischen uns allen. Von seinem Benehmen gegen mich will ich gänzlich schweigen; es war niemals taktvoll; aber er hat auch andere Leute angesteckt. — Wer sind die andern Leute? — Du und Harald! Es ist ja, als wenn ihr ein Bündnis gegen mich geschlossen hättet; alles ergreift Partei gegen mich, nur weil ich die Wahrheit sage: Halboffene Seitenblicke, unterdrücktes Lächeln — denkt ihr denn ich sehe das alles nicht? Ich tue nur, als ob ich nichts bemerke, weil ich eine bessere Lebensart habe als ihr. Ich bemühe mich, zu vertuschen, zu bemänteln, nicht aus Rücksicht auf euch, sondern aus Rücksicht auf unsere Mutter, der ich alles Unangenehme ersparen möchte, aber ihr werdet ja geradezu flegelhaft! Die Mißstimmung beim Frühstück heute morgen dachte ich zu überbrücken, indem ich mich euch beim Spazierengehen anschließen will: Harald sieht mich im Garten, kehrt vor mir um und läuft davon. Noch einmal nehme ich mich zusammen und folge euch zum Wasser hinunter; ihr versteckt euch wie Schulkinder vor mir, im Gebüsch, und macht eure Witze über mich. Und „Herr Pitt“ ist der Anführer. — Das ist nicht wahr! rief Elfriede, Harald verkroch sich zuerst! — Um so schlimmer! Soweit habt ihr ihn schon gebracht in der kurzen Zeit. Harald war früher ein ganz anderer Mensch, zuweilen ungezogen, aber einfach und natürlich. Jetzt aber sucht er geradezu Streit mit mir, und in seinen Antworten ist ein Geist — wenn ich es überhaupt so nennen soll — der ihm ganz fremd ist. Gestern nenne ich ihn halb im Scherz einen „losen Vogel“; er will antworten, und ich sehe es seinem Gesichte an, daß ihm nichts einfällt. Jetzt, heute morgen wirft er mir unversehens die Worte an den Kopf: Gefangene Vögel schelten immer auf die freien. Denkst du ich weiß nicht, woher solche Antwort kommt? Will Harald aus sich selber witzig sein? Liegt das in seinem Charakter? Und noch dazu auf eine so alberne und abgeschmackte Weise witzig? Harald wiederholt sorglos das was man ihm vorsagt. Er wird hier geradezu verdorben. — Pitt ist niemals albern oder abgeschmackt! rief Elfriede. — Das wundert mich nicht von dir zu hören, glaubst du denn ich sähe nicht, wie du dich von ihm beeinflussen läßt? Ich rede eben nicht in bezug auf mich, sondern im allgemeinen. Du sagst Dinge, die du früher nie gesagt hättest, du bewunderst ihn blindlings, du findest seine Plattitüden interessant, du wirst ihm sogar in den Bewegungen ähnlich — sieh, wie du eben den Finger aufhebst, um mich zu unterbrechen! Ganz seine Art, ganz sein Benehmen. Er ist ein durch und durch uninteressanter Mensch, der seine Existenz wenigstens durch ein tadelloses Benehmen erträglich machen sollte. — Elfriede war blaß geworden und ihre Lippen zitterten. — Was du da sagst, rief sie, sagst du nur aus Neid. Du mißgönnst es mir, daß ich einen Menschen lieb habe und daß er mich lieb hat. Aber nun ist es genug; geh hinaus! — Elfriede hatte sich jäh zu ihr gewendet, und ihre Augen brannten. — Ich gehe, wenn ich die Lust dazu habe, ich bin hier so gut in meinem wie in deinem Hause. Merke dir, was ich gesagt habe, du bist nun gewarnt! — Sie schritt an ihr vorbei und schloß geräuschvoll die Tür hinter sich. — Sofort fielen Elfriedes Finger wieder in die Tasten. Hedwig sollte es empfinden, daß es ihr völlig gleichgültig war, was sie sagte. Und Pitt, der würde einfach lachen, wenn sie es ihm erzählte. —

      Hedwig war in ihr Zimmer zurückgekehrt. Die Hauptsache hatte sie vergessen zu sagen: Was für ein Unterschied war denn zwischen lieben und lieb haben? Hatte Elfriede nicht eigentlich eingestanden, daß sie diesen Pitt liebe? — Sie ging zu ihrer Mutter und teilte ihr das ganze Vorausgegangene mit. — Ich sehe nichts Gutes für Elfriede ab, wenn er noch lange hier bleibt, schloß sie; wir können ihn nicht eins, zwei, drei wieder fortschicken, das wäre gegen die Sitte und gegen alle Gastfreundschaft, aber ich halte es für das beste, daß er nicht länger bleibt als unumgänglich nötig ist. Mag sein, daß Elfriede bis jetzt noch nicht in ihn verliebt ist, — die Unterschiede sind übrigens zuweilen fast unkenntlich — aber die Gefahr scheint mir jetzt ganz nah. — Jedenfalls, sagte Frau van Loo, wird die „Gefahr“, wie du es nennst, vergrößert, wenn jemand auf sie einredet, wenn man ihr die Möglichkeit vorhält. Und was diesen Pitt selbst betrifft, so wird — wie ich ihn auffasse — seine Neigung zu ihr niemals über die Grenze einer Freundschaft hinauskommen. Hedwig bestritt dieses und erinnerte an die Art, wie Pitt damals Elfriede kennen lernte; das sei doch eigentlich ein genügend deutlicher Fingerzeig. — Zwei Dinge, sagte Frau van Loo, können sich zum Verwechseln ähnlich sehen und doch etwas ganz Verschiedenes sein. Hedwig zuckte die Achseln und ging.

      Pitt war inzwischen nach Hause gegangen und hatte über alles nachgedacht. Er ärgerte sich, daß er Elfriede СКАЧАТЬ