Pitt und Fox, die Liebeswege der Brüder Sintrup. Friedrich Huch
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Название: Pitt und Fox, die Liebeswege der Brüder Sintrup

Автор: Friedrich Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066113377

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СКАЧАТЬ gewordener Komet schoß und flatterte es weißlich hoch über dem Hause. Es war ein weißer Wimpel, dessen Stange man nicht sah. Wer mag ihn aufgezogen haben? fragte Elfriede; ich habe ihn doch selbst im Haus verwahrt, als wir das letztemal zur Stadt fuhren. — Sie sah scharf hinauf: Da oben bewegt sich noch etwas, aber etwas Schwarzes; manchmal sind die Sterne fort, und manchmal sind sie da! — In diesem Augenblick schoß dort oben ein schmaler Feuerstrom empor, zerteilte sich in Hunderten von goldnen Funken, die der Wind hierhin und dorthin entführte, so daß es schien, als schwärmten die Sterne durcheinander. Harald! sagte Elfriede überrascht, und dann rief sie durch ihre hohlen Hände seinen Namen hinauf, und gleich darauf trug die Luft einen wohlklingenden Laut zu ihr herunter, der halb wie eine Antwort und halb wie eine fröhliche Herausforderung klang. — Dieser Junge! sagte Frau van Loo, er sollte doch noch auf seiner Schule sein! — Der Wagen erreichte langsam die volle Höhe, im scharfen Trabe liefen die Pferde die Avenue hinab, die geradewegs auf das Gebäude zuführte. Aus dem Tore schoß ein halbwüchsiger Knabe, umarmte erst Elfriede, dann seine Mutter, küßte Hedwig die Fingerspitzen und sah jetzt erst Pitt. — Wer ist denn das? fragte er sorglos; dann gab er ihm die Hand. — Elfriede! sagte Frau van Loo, als sie im Hause waren, führe den kleinen Herrn Pitt hinauf und zeige ihm sein Zimmer. — Das kann doch das Mädchen tun! sagte Hedwig, aber ihre Mutter meinte, die Tochter des Hauses könne das doch besser; sie möchte sich beeilen, da sie Hunger habe und das Essen sogleich angerichtet werde. — Sie drückte im Vorplatz auf alle elektrischen Knöpfe, die dawaren, und wie alle Dienstboten des Hauses versammelt waren, ließ sie sich über jedes einzelne Bericht erstatten, gab Befehle, und verkündete, sie werde sogleich, wenn sie sich umgezogen habe, einen Rundgang durch das Haus tun, um zu sehen, ob alles beim Rechten sei. Hedwig fügte hinzu, sie werde ebenfalls einen Rundgang machen. —

      Elfriede führte Pitt hinauf in sein Zimmer, das einfach und bequem eingerichtet war. — Hier wohnst du nun mit uns zusammen, eine lange, schöne Zeit; und wenn dir irgend etwas fehlt, so mußt du es mir sagen! — Ja, sagte er und sah um sich. Elfriede blickte auf ihn, und ihre Worte gingen ihm erst jetzt voll ins Gefühl. — Du bist so gut! sagte er und legte leise den Arm um ihre Schulter. Sie ließ es geschehen. Sie traten zum Fenster und sahen in die Sternennacht hinaus. Aber dann fiel ihm ein Bild ein, auf dem auch zwei Menschen am Fenster standen und in den Nachthimmel sahen, das war ihm unbehaglich und er nahm die Hand von ihrer Schulter. — Eine Sternschnuppe durchschnitt das Himmelsfeld. — Hast du dir etwas gewünscht? fragte Elfriede nach einer Weile. Er lachte und sagte, er habe gerade ausgerechnet, daß das Licht immer noch ungefähr dreitausendmal schneller liefe als diese Sternschnuppe. Sie fand ihn viel vernünftiger als sich, und als sie sich nun nach unten wandten, ließ sie sich von ihm das Wesen der Aerolithen erklären.

      Harald erzählte bei Tisch, er habe sich in der Schule drei Tage krank gestellt, gar nichts gegessen, und erst am vierten, als man ihn entließ, auf dem Bahnhof alles nachgeholt. Frau van Loo redete von der Unerhörtheit seines Streiches, sagte dann aber: da du einmal hier bist, magst du auch gleich dableiben, worauf Pitt zum erstenmal seine vergnügten spitzen Eckzähne zu sehen bekam.

      Am nächsten Morgen erwachte Elfriede an einem altgewohnten Geräusch: Harald warf ihr kleine Steine in die Stube. Er wartete draußen bis sie sich angekleidet hatte: komm, ich zeige dir, wo ich gestern gegraben habe! Und unvermittelt fügte er hinzu: Was ist das für ein Mensch, dieser Herr Pitt oder wie er heißt? Wie ist der in unser Haus gekommen? — Was Elfriede antwortete, war ihm nicht genug; er bohrte und drängte, und warf so scharfsinnige Bemerkungen und Einwände zwischen ihre ausweichenden Sätze, sah so traurig aus als er sagte: Früher hast du doch nie ein Geheimnis vor mir gehabt! — daß sie ihm schließlich alles erzählte. — Nun hast du mich wohl nicht mehr ganz so lieb wie früher? — Sie sah ihn verwundert an. — Du liebst ihn doch natürlich. — Sie wurde ärgerlich und nannte ihn verrückt. Sie waren zum Gemüsegarten gekommen; er grub, sie mußte helfen, beide bekamen rote Backen und wollten sich gegenseitig überholen. Harald stieß den Spaten ins Erdreich, mit aller Kraft und aller Liebe, und sagte aufatmend: Danach habe ich mich immer gesehnt, daran habe ich immer gedacht, wie ich auf der Schulbank saß und hungerte; so eine Schaufel ist doch etwas Wundervolles! — Er umarmte sie, als wäre sie ein lebendes Wesen. — Aber zur See gehen ist doch noch viel, viel schöner! — Das Hündlein nahte in voller Karriere über den Kiesweg, warf sich ihm an die Brust, er fing es mit beiden Armen, es schnappte nach seinem Ohrläppchen und er küßte es auf die Schnauze. — Wenn das die Komtesse sähe! — Mit der Komtesse war Hedwig gemeint. Er liebte sie immer noch nicht sonderlich, denn sie hatte ewig etwas an ihm auszusetzen.

      Pitt erschien zum Frühstück als die andern sich schon erheben wollten. Er schien nervös, war nachts von den unruhigsten Träumen geplagt worden und hatte wie im Fieber gelegen. — Das macht der Unterschied der Luft! sagte Elfriede, du wirst dich schon daran gewöhnen! — und reichte ihm noch einmal die Hand, da er sie das erstemal übersehen hatte.

      Nach dem Frühstück ging er mit ihr und Harald durch die Felder. Er sah auf die sonnedurchleuchteten Wiesen und Hügel, die seinem Auge weh taten: Brutal, nackt war sie, diese sogenannte Natur, und er dachte: Das soll ich nun viele Wochen aushalten?

      Aber die nächste Nacht schlief er schon etwas besser, und nach einiger Zeit hatte er sich so an alles gewöhnt, daß es nun die Häuser der Stadt waren, an die er mit Abneigung dachte. Allein freilich hätte er hier keinen einzigen Tag verbracht.

      Harald war die erste Zeit sehr zufrieden. Seine Sorge, Elfriede möchte ihn nun weniger lieben, bestätigte sich nicht; er durfte überall dabei sein und gab seiner Freundschaft für Pitt und seiner Liebe zu Elfriede dadurch Ausdruck, daß er stets zwischen ihnen ging. Hedwig beteiligte sich zuweilen an diesen Spaziergängen, aber dann waren sie alle wortkarg und einsilbig. Gegen Hedwig hatten Pitt und Elfriede schon früher eine Art Bündnis geschlossen; wenigstens erzählte sie ihm alles, was zu Hause zwischen ihnen vorfiel und auf sie Bezug hatte, und freute sich, wenn er in ihr Urteil einstimmte; doch konnte sie es früher nicht leiden, wenn er selbständig etwas Schlechtes von ihr sagte; dann zählte sie alle Vorzüge ihrer Schwester auf, oder sagte auch geradezu, er möge stille sein, sie könne das nicht hören; er begriff sie nicht und sagte, sie wäre feige: Entweder man habe ein Urteil über einen Menschen oder man habe es nicht; er selbst hätte eine ganz bestimmte Ansicht von seinem Vater, und wenn jemand dieselbe Ansicht äußere, dann stimme er ihr bei. — Das ist eben der Unterschied! sagte sie damals und ließ sich nicht beirren. — Jetzt wandelte sich dieses, wo alle Beziehungen so eng zueinander gerückt erschienen, wo jede Mißhelligkeit einen viel deutlicheren Ausdruck fand. Hedwig konnte es nicht lassen, jede ihrer kleinen Mißbilligungen zu äußern, die in Elfriedes Augen sofort in übertriebener Größe erschienen, da sie allmählich gewöhnt war, Pitt blindlings gegen jeden in Schutz zu nehmen und ihre Schwester von vornherein als voreingenommen zu betrachten. Pitt trafen ihre kleinen Spitzen nicht empfindlich; im Gegenteil, er empfand es als ganz lustig, sie zu parieren und dabei seine Schlagfertigkeit zu üben, die sich in der letzten Zeit im übrigen etwas abzustumpfen schien; auf den Spaziergängen mit Elfriede und Harald ließ er sich zuweilen gehen in grotesken Einfällen und Bildern. Auf Harald hatte dies die Wirkung, daß er nun selbständig gegen Hedwig vorging und sich übte, im Pittschen Sinne schlagfertig zu antworten. Schließlich machte er sich geradezu einen Sport aus diesen Dingen, und wenn er mit den beiden andern zusammen war, schien ihm das Ziel der Unterhaltung erst dann erreicht, wenn er die Rede auf Hedwig brachte. —

      Elfriede wünschte ihn zuweilen fort, sie wollte mit Pitt lieber allein sein; aber er war so unbefangen selbstverständlich und rückhaltlos, daß sie es ihm nicht sagen mochte, sondern lieber darauf wartete, ob sich die Gelegenheit nicht von selbst ergebe, wobei sie dann noch ein wenig nachhelfen konnte. — Einmal fand sie Pitt allein in der Laube sitzen, über einem dicken alten Buche, das er mitgenommen hatte. Die schreckliche Philosophie! sagte sie, die kannst du doch auch in der Stadt lesen! Und warf ihm, um ihn zu unterbrechen, eine Blume aufs Papier. Er ließ sich bewegen, mit ihr zu gehen; ganz heimlich ging sie mit ihm durch den Garten. — Sie glaubte sich und ihn schon gerettet, als Harald seitwärts heranlief: Die Komtesse! rief er, sie hat euch gesehen und will mit uns gehen, da das Wetter so schön sei; schnell, schnell, СКАЧАТЬ