Название: Gesammelte Werke
Автор: Robert Musil
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788026800347
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Und legt sich Dir Park-oder Buschwerk die quer,
So merkst Du sicher: dort sitzen mehr
Und wenn Du dann Augen hast, siehst du Weißes
Und hast Du Ohren, hörst Du ungemein Heißes
Und überhaupt mußt Du allseits vor Seufzen und Schmatzen
Beklommen Deine vereinsamten Lippen kratzen.
Und weil Du langsam wandelst der Hitze wegen,
Hast Du reichlich Zeit, Dir zu überlegen,
Wie bei solch einem Wetter doch unerwartet
öffentlich die gute Sitte entartet,
Wodurch es auch der Tugendhafte nicht vermeidet,
Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.
So merkst Du sicher bald ihrer mehr
Denn manchmal raschelt vor Dir etwas Weißes
Und manchmal wispert hinter Dir etwas Heißes
Und links u rechts hörst Du es seufzen u schmatzen
Und siehst selig Verschlungne sich sinnend betatzen
Wie bei solch einem Wetter doch niemand vermeidet
Daß sein Schamgefühl unter der Hitze leidet.
Dernburg
Das intellektuelle Niveau eines Parlamentes
Freundlich unter uns gesagt: na, man kennt es
Wogegen sich mit Dernburg das Versehen ereignete,
Daß man sein Amt einem gab, der sich dafür eignete.
Und ich meine, nach diesen beiden Prämissen
Konnte man das Ende invorhinein wissen.
Nun geht er, und alles kehrt wieder zum Alten
Der berühmte Erzberger bleibt uns erhalten
Und im Kolonialamt anstelle der Börsenjobber
Regiert wieder lautlos der geheime Ober
Der Bürger endlich blickt still in die Weite
Und spart Steuergelder für die kommende Pleite
[Schön ist die Zeit]
Schön ist die Zeit, doch ungesund
Man sündigt im Civilstand und
Mit Stiefeln und mit Spornen
Von hinten und von vornen
Was jüngst passiert, habn wir gehört das wissen wir
Doch auch das Weib hat sich verkehrt es wird zum
Tier im Weibe steckt das Tier
Die Keuschheit geht kapores
O tempora o mores!
Es schreit illegitim und bleich
Nach Mutterschaft, am liebsten gleich
Von hinten und von vornen
Mit Stiefeln und mit Spornen, (u flucht den Ungebornen)
Selbst der Primaner sündigt still
Nicht mehr für sich, beim Mädchen will
Er lindern die dolores
O tempora, o mores!
So bläht die Unzucht sich im Schmutz
Passiert etwas – der Mutterschutz
Nimmt an sich der Verlornen
Von hinten und von vornen
2. Widmungen
Thomas Mann zum 60. Geburtstag am 6. Juni 1935
Wenn sich die Menge verläuft
stehen die Sterne am Himmel
und ins verschlossene Haus
kommen die Gäste von oben.
An Otto Pächt In einem Exemplar des «Nachlaß zu Lebzeiten» «zu Weihnachten 1935»
Urheberrechtlich, wie ich dächt’,
Fällt dieses Buch an Otto Pächt.
Mißfällt’s, so tragen wir’s zu zwein,
Gefällt’s, so tu’ ich’s auch allein,
Der Fall könnt’ gar nicht besser sein.
So ist das Schenken eben
Nicht einmal Wiedergeben.
An «E. u B F:» [Erna und Bruno Fürst]
Nun ist es auf der lieben Welt
Das Kind, gezeugt um kaltes nichts als bares schnödes Geld
(Frucht Kind der Versuchung durch das Geld)
Doch ist es da, so schreit verlangt es auch / so schreits schon auch
Um Liebe ganz nach Zärtlichkeit nach Kinderbrauch
An Bernard Groethuysen
Es bringt die Hand – doch ängstigt sich das Herz –
Dem Philosophen einen kleinen Scherz.
Wüßt ich nicht, daß vornehm im weisen Griechenbarte
Wie ein Leuchtkäfer stets die Zigarette verglüht
Ach ich wagte es nicht, dieses eine darzubieten!
Wüßte ich nicht, daß im weisen Barte des Griechen
Wie ein Leuchtkäfer sich die Zigarette verbirgt
Ach, ich wagte es nicht!
In einem Exemplar von «Die Verwirrungen des Zöglings Törleß»
Fräulein Trude Meyer in
hündischer Ergebenheit!
Ich bin ein Sucher (in der Stadt
Ob Eine nicht zwei Zimmer hat),
Ich bin ein Rufer (am Telefon,
Amt III, A. Wittig, Spedition),
Ich bin ein Wecker, ein Werde frisch
(Von vier bis fünf nach dem Mittagstisch)
Kurzum: ein Hältnichtdaswasversprichter
Und eben auch einer von dem Gedichter.
KLEINE PROSA,
APHORISMEN,
AUTOBIOGRAPHISCHES
Nachlaß zu Lebzeiten
Vorbemerkung
Warum Nachlaß? Warum zu Lebzeiten?
Es gibt dichterische Hinterlassenschaften, die große Geschenke sind; aber in der Regel haben die Nachlässe eine verdächtige Ähnlichkeit mit Ausverkäufen wegen Auflösung des Geschäfts und mit Billigergeben. Die Beliebtheit, deren sie sich trotzdem erfreuen, mag dann davon kommen, daß die Lesewelt eine verzeihliche Schwäche für einen Dichter hat, der sie zum letztenmal in Anspruch nimmt. Wie immer das aber auch sei und was immer СКАЧАТЬ