Spreemann Co. Alice Berend
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Название: Spreemann Co

Автор: Alice Berend

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Paar Strümpfe werden nicht ewig reichen. Verschwende nicht, aber kaufe, was sich als nötig erweist.«

      Als er dann in der Dämmerung des Sonntags durch die ruhigen Straßen, vorbei an den erhellten Fenstern der Giebelhäuser, dem Stadttor zuwanderte, wo seine Herberge lag, blieb er häufig stehn, um heftig mit dem Kopf zu nicken. Auf Schritt und Tritt war ihm etwas anderes eingefallen, was sich sein Klaus wird anschaffen müssen, um so nach und nach ein Herr zu werden . . .

      Er hätte gern mit angesehen, wie der König den Klaus Unter den Linden grüßen würde. Immerhin erlebte er noch, daß Klaus mit einem weißen Kragen und großer Seidenkrawatte, die widerspenstige Lockenfülle mit wohlduftender Pomade vornehm geglättet und gescheitelt, als »junger Mann« hinter dem Ladentisch stand. Daß er nicht mehr zu fegen brauchte, sondern nur mit einem Federpuschel die Waren abstäubte und zu jeder Tageszeit die geehrten Kunden artig lächelnd bedienen durfte.

      So weit war Klaus gekommen, als eines rauhen Novembersonntags nicht mehr die eigenen Füße, sondern mitleidige Menschen den Vater zum Sohn brachten. Er war einige Straßenecken vorher zusammengebrochen.

      Klaus bewohnte noch dieselbe kleine Kammer. Nur daß jetzt ein paar Handelsbücher darin standen und Seife, Kamm und Pomade dazugekommen waren. Der kleine, kalte Raum borgte sich gerade wieder den allerletzten Sonnenfunken vom Nachbarhause, als man Friedrich Spreemann auf seines Sohnes Bett legte.

      »Die schöne Sonne,« sagte er bewundernd.

      Als er sich ein wenig erholt zu haben schien, befahl er dem weinenden Klaus, ihm die hohen Stiefel von den geschwollenen Beinen zu schneiden. Und drückte ihm das Messer dazu in die Hand.

      Klaus sammelte fassungslos die herausspringenden Münzen zusammen, auch das Wachstuchpaket unter dem Barometerchen fand er.

      »Alles für dich,« sagte Spreemann. »Mit einem kleinen Laden fang an.«

      Dann schien seine Kraft zu Ende zu sein. Klaus schluchzte und begann mechanisch das Geld zu zählen.

      Da hob Spreemann noch einmal mühselig den Kopf und flüsterte unruhig, daß Klaus nun etwa nicht unnützes Geld für das Begräbnis verschwenden solle.

      »Sparsamkeit ist halber Profit.«

      Bei diesen Worten war Klaus seines Vaters gesetzlicher Erbe geworden.

      Drittes Kapitel

      Man kann in niemand hineinsehen. Möglich, daß der freundliche Herr Spreemann noch heute an die vergangenen Zeiten zurückdachte. Anzumerken war es ihm nicht.

      Er war nun längst gewohnt, daß sein Lehrling den Laden fegte und daß sein junger Mann die Waren und den Wandspruch mit einem Federpuschel abstäubte. Daß über der Ladendecke eine hübsche Wohnung lag, mit Mullgardinen an den Fenstern und einem breiten Lehnstuhl davor, mit warmem Ofen und hohem Federbett. Und daß Klaus Spreemann darin der Hausherr war.

      Was dem Vater der Krieg gewesen, war dem Sohn der Frieden geworden. Von allen Seiten war man durch die friedenbehüteten Tore gezogen, hatte sich seßhaft gemacht und war Berliner geworden. Und da man – so wohl sich's auch lebte im werdenden Wohlstand – doch nicht im Paradiese war, so hatte man Kleider gebraucht. Kleider und wieder Kleider. Trotz aller Sparsamkeit.

      Klaus Spreemann hatte nicht nach Käufern zu suchen gebraucht. Er hatte nur reell und billig zu sein. Zumal auf dem Firmenschild.

      In den zwanzig Jahren, die seit seiner Jünglingszeit verflossen waren, hatten sich die Berliner um das Doppelte vermehrt.

      Dazu hatte Klaus Spreemann allerdings nichts beigetragen.

      Aber auch das war verzeihlich.

      Er hatte keine Zeit für Ehe und Liebe gehabt. Alle seine Tage hatten der Arbeit gehört. Einer wie der andere. Denn damals war es noch keine Sünde, auch Sonntags ein gutes Geschäft zu machen. Erst zu vielen Jahren gereiht, hatten alle diese zähen Stunden diesen heimlichen Wohlstand geschaffen.

      Doch auch ohne um Amors Reich zu streichen, hatte Klaus Spreemann mehr Freuden genossen als die meisten seiner Mitbürger.

      Man kann seine Abstammung vor andern verbergen, aber nicht vor sich selbst.

      Keiner, wie Klaus Spreemann selbst, konnte ganz und voll ermessen, was es heißen wollte, des Morgens in sonniger Stube ein kühles Leinenhemd über die gepflegte Haut rieseln zu lassen. Oder sich an einen Tisch zu setzen, der sauber gedeckt war, wo Messer und Gabeln blank, mit reinlichen Horngriffen – und später sogar mit Elfenbeinenden – neben dem guten Berliner Porzellan lagen und Speisen aufgetragen wurden, die auf dem eigenen Herde gekocht waren. Wer begriff, was es sagen wollte, dann mit vollem Magen, die lange Pfeife im Mund, in der Ladentür zu stehen und sich von den besten Bürgern höflich grüßen zu lassen.

      Wer von seinen Nachbarn wußte, was es bedeutete, des Abends, wenn draußen der Regen rauschte und die Hunde die müden Schritte eines nächtlichen Wanderers umkläfften, unter das hohe Federbett zu kriechen und an das Dunkel der Landstraße, an die schmutzigen Strohsäcke der Herberge zu denken.

      Ruhe und Zufriedenheit gab das.

      Selbst die schmerzlich süßen Vorfrühlingstage, wo die weiche Luft mit Veilchenduft gemischt ist, obwohl sie noch nirgends blühen, und jeder sich wünschevoll fragt: »Was wollen alle die schönen Tage, wird einer auch mir etwas bringen?« erregten Klaus Spreemann nicht. Er wußte genau, was sie ihm bringen würden: Eine gute Säson.

      Und ebensowenig beunruhigten sein Gemüt die ungewohnten Pfiffe der neuen Eisenbahn, die dann und wann vom Potsdamer oder Anhalter Tore über die Stadtmauer schrillten. Er sagte, daß man auch in Berlin Sonne und Mond sehen könne. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, daß es irgendwo in der Welt schöner sein könne als hier.

      Ganz früher, ehe er das war, was er heute geworden, war er wohl manchmal an sommerlichen Sonntagsabenden mit irgendeinem runden Mädchen durch die Kornfelder nach Tempelhof und Schöneberg gewandert. Oder hatte auf dem Stralauer Fischzug eine rotbäckige Schöne einige Runden hindurch auf dem klingelnden Karussell begleitet auf hochgebäumtem und doch sicherem Pferde. Aber nie hatte er solche Ausfälle mit den Gedanken an seine Zukunft verbunden.

      Zu dieser gehörte eine Dame.

      Zwischen die Mullgardinen und die buntbemusterte Tapete hätte nur eine von den hübschen Demoisellen gepatzt, die an der Seite ihrer Mama den duftigen Tarlatan für die Ballkleidchen bei ihm kauften.

      Aber im Privatverkehr mit seinen Kunden fühlte sich Klaus Spreemann unsicher. Besonders den jungen Damen gegenüber, die immer über etwas Unbekanntes kicherten und lachten, so daß man ängstlich nach allen seinen Knöpfen zu fassen begann.

      Mit den Herren und auch mit den älteren Damen war es leichter gewesen, auf dasselbe Niveau zu kommen. Dazu hatte beinahe der einzige Erziehungslehrspruch zugereicht, den er aus seiner Kindheit behalten hatte. Und den er der Latrinen-Jule verdankte.

      »Guter Ton ist nichts weiter als Katzenfreundlichkeit,« hatte sie mehr als einmal gesagt, wenn sie mit den andern städtischen Beamtinnen ihres Berufs beisammen saß und Strümpfe strickte oder sich mit einer der langen Stricknadeln hinterm Ohr kratzte.

      Mit diesem Satz konnte man weiter kommen, als man glaubte.

      Nur bei den jungen Damen reichte er nicht aus.

      Darum hatte sich Spreemann, als seine Wohnung immer gemütlicher wurde, sogar verleiten lassen, ein Buch anzuschaffen, von dem jetzt viel die Rede war, weil es über СКАЧАТЬ