Spreemann Co. Alice Berend
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Название: Spreemann Co

Автор: Alice Berend

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Mitmenschen gegenüber gefordert wurde, hatte Klaus Spreemann im Blut sitzen. Daß man sich vor weichen, verworrenen Wünschen hüten sollte, war ihm ebenfalls selbstverständlich.

      Über die Liebe jedoch fand er nur etwas Bemerkenswertes: Daß man dem geliebten Gegenstand nicht stundenlang ins Gesicht starren dürfe. Das wäre Klaus Spreemann ohne dies niemals eingefallen. Einzig neu war ihm, daß man auch seine ernsten Absichten nicht dem geliebten Gegenstand anvertrauen dürfe, sondern nur dem in Frage kommenden Papa.

      Das war ein unsicheres Geschäft. Denn es war natürlich leichter, einem vernünftigen, älteren Herrn zu gefallen, als einem wetterwendischen Mädchen voll Spaß und heimlichem Schnickschnack. Nachher hatte man das Auslachen, konnte blamiert für alle Zeit hinter dem Ladentisch stehen. Ein solider Geschäftsmann aber läßt sich auf keinerlei Risiko ein.

      Vielleicht ging Klaus Spreemanns löbliche Vorsicht hier zu weit, denn manche der Mütter, besonders solche, die schon drei Winter hindurch Ballkleider einkauften, oft sogar für mehrere Töchter, lächelten den offenbar recht gut situierten Herrn Spreemann, der im besten Mannesalter hinter dem Ladentisch stand, sehr gütig und nachsichtig an. Spreemann aber kam es gar nicht in den Sinn, dieses Lächeln auf seine Privatperson zu beziehen. Er war überzeugt davon, daß die Damen nur lächelten, weil sie möglichst billig einkaufen wollten. Sankt Nikolai schützte sein Patenkind vor Amors Hinterlist.

      Trotzdem stand Klaus Spreemann nicht mehr allein auf der Welt.

      Seit es ihm gut und reputierlich ging, hatte es sich herausgestellt, daß auch er, wie alle andern soliden Bürgersleute, Verwandte besaß. Onkel, Tanten, Vettern und Basen. Ganz wie sich's gehörte.

      Man sagte damals häufig: daß Unglück zusammenleime. Sicherlich klebten auch schon zu jener Zeit Glück und Gelingen bedeutend fester.

      Denn auf Onkel Emil, den Gerbermeister Ziehlke und dessen Frau, die Tante Minna, die nun beide meist noch mit ihrer Verwandtschaft seine gewohnten Feiertagsgäste waren, konnte er sich aus seiner Kindheit her nur wenig erinnern. Auch daß er mit ihren Kindern, seinen Kusinen, reizend gespielt haben sollte, war ihm ganz etwas Neues.

      Er wußte nur noch, daß Ziehlkes zu fein gewesen waren, um mit ihnen zu verkehren. Vater und er wurden stets mit wenig Freude aufgenommen, wenn sie einmal des Sonntagnachmittags in der Splittgerbergasse einkehrten. Ihre Besuche dauerten nicht lange. Wenn die Kaffeetasse ausgetrunken war, wischte man sich den Mund und ging weiter, worüber Klaus allerdings sehr zufrieden gewesen war. Denn hier mußte er sich immerfort die Nase zuhalten, trotzdem er durch die Latrinen-Jule gewiß nicht verwöhnt war. Er konnte sich nicht genug wundern, daß es etwas Feines war, zwischen diesen stinkenden Fellen zu wohnen. Er konnte gar nicht begreifen, wie man das aushielt.

      Jetzt war er natürlich lebenskluger geworden. Wenn er jetzt pfeiferauchend mit Onkel Emil über gute und schlechte Konjunkturen sprach, wußte er: Geschäft ist Geschäft.

      Aber auch mütterlicherseits hatte Klaus Spreemann Angehörige. Das war die Tante Karoline, die er früher überhaupt nicht gekannt hatte. Erst als sie Witwe geworden und Klaus schon zum zweitenmal den Laden vergrößerte, war sie eines Sonntagnachmittags zum Kaffee gekommen. Mit ihrem Mariechen, das nicht viel jünger als ihr Vetter Klaus war, aber noch verschämt auf alles Liebesglück der Welt wartete. Zu diesem Zweck vermietete Tante Karoline ihr bestes Zimmer an einzelne Herren, Studenten oder Sekretäre. Einstweilen noch ohne den gewünschten Erfolg.

      Klaus hatte sie mit freundlicher Zufriedenheit aufgenommen, als sich die schmale Dame mit Kapottehut, Seidenumhang und goldener Brosche zu seinem Erstaunen als nahe Angehörige bekannte. Und er hatte auch Mariechen, die er ein wenig vertrocknet fand, kräftig die Hand gedrückt. So daß sie errötet war und: »O, Vetter!« gelispelt hatte. Und als dann Ziehlkes hinzukamen, hatte er mit großer Genugtuung die neuen Verwandten miteinander bekannt gemacht und ohne Arger eine zweite Portion Streuselkuchen holen lassen. Er fand es durchaus richtig und standesgemäß, daß man an festlichen Tagen Verwandtenbesuch zu erwarten hatte. Es war gleich, ob man den Ofen für zwei oder zehn Personen heizte. Nur der Taugenichte gehört zu niemand.

      Und der gute Hausgeist, der den Ofen zu heizen und den Kaffee zu brauen hatte, murrte doch nie über ein Zuviel an Arbeit.

      Nach manchen Jahren des Ärgers, Aufpassens und doch Übervorteiltwerdens hatte Herr Spreemann auch in der Wahl seiner Wirtschafterin das Rechte getroffen. Mamsell Lieschen schien eigens für diesen Beruf erschaffen zu sein. Sie hatte alle Tugenden des sparsamen Weibes. Auch die, das Herz eines einzelnen Herrn nicht eine Sekunde lang zu beunruhigen. Im Waisenhaus groß geworden, ging stets ein Strom praktischen Gleichmuts und bescheidener Geduld von ihr aus.

      Wenn der Frühling kam, band sie sich keine bunten Schleifen ins Haar, sondern sie freute sich, daß nun die Frostbeulen heilten, die Eier billiger wurden, daß es Radieschen gab, die Herr Spreemann schätzte, und jungen Schnittlauch und duftenden Dill. Wenn die Sommersonne ihr Blut zu erhitzen versuchte, hatte sie vor Arbeit überhaupt nicht Zeit dies zu bemerken. In jeder Woche beinahe hatte eine andere Obstart ihre preiswerteste Zeit und mußte als Winterkompott eingekocht und in Gläser gepackt werden. Und mit der größten Akkuratesse. Im Herbst aber drehte sich Lieschens ganzes Denken um die Gans. Geschunden, gepökelt, gefüllt, gebraten wand sich dieser nützliche Vogel in ihren fleißigen Händen. War doch an jedem Sonnabend dicht vor der Haustür großer Gänsemarkt. Stundenlang durchschritt Mamsell Lieschen die Reihen der blauen Leiterwagen, zwischen deren Latten die langen Gansehälse die schnatternden Köpfe heraussteckten.

      »Kommen Sie her, Jungfer Lieschen, ein schönes Gänschen für den reellen Herrn Spreemann.«

      »Brät sich im eignen Fett, wie die reiche Madame,« lockten die Marktfrauen.

      Aber ehe Mamsell Lieschen nicht mindestens dreißig Gänsebrüste befühlt hatte, kaufte sie nicht. Das war sie dem ehrenvollen Vertrauen Herrn Spreemanns wohl schuldig. Sie trug manch blutigen Riß der unvernünftigen Gänse an Armen und Händen. Aber mit dem gleichen Stolz wie der Student seine Schmisse.

      Im Winter waren die kurzen Tage auch reich mit Arbeit beladen. Da heizte Mamsell Lieschen die Ofen, briet sie Schweineschmalz aus, zart und weiß wie Himmelsschnee, hatte sie in der eiskalten Speisekammer immer etwas Gesülztes und Gepökeltes zu drehen und zu wenden.

      Strickte sie Strümpfe und Pulswärmer für Herrn Spreemann, faltete sie Fidibusse, briet sie in der einen Ofenröhre kleine, runde Apfel braun, wärmte sie in der andern Herrn Spreemanns hellgrüne, von ihren Händen mit Rosen bestickte Hausschuhe und kannte von morgens sechs bis abends neun kein Ausruhen. Dann aber sank sie träumelos in Schlaf.

      Für alles dies erhielt sie Ende jedes Monats drei runde Silbertaler. Und wenn jetzt das dritte Jahr herum sein würde, sollte sogar ein vierter, ebenso runder, hinzukommen.

      Aber schon die drei Taler ärgerten Tante Karoline, die sehr rasch heimisch bei ihrem Neffen geworden und ihn viel häufiger besuchte als die Familie Ziehlke. Sie machte Klaus oft genug darauf aufmerksam, daß dieser Lohn geradezu auf die Straße geworfen sei. Und gab ihm zu verstehen, daß sie selbst von Herzen gern bereit wäre, Mamsell Lieschens Amt zu übernehmen. Aus reiner Verwandtenliebe, ohne die geringste Entschädigung. Und Mariechen bekäme er ebenso gratis dazu. Das liebe Kind spielte so reizend Piano. Und würde die ganze Wohnung mit Wohllaut erfüllen. Sogar das Piano würde sie mitbringen. Es war die stumme und doch geräuschvolle Bezahlung eines Mieters, der ohne Abschied zu nehmen ausgezogen war.

      Frauen sind schlau. Und Klaus war kein Praktikus ihnen gegenüber. Aber er gehörte zu den glücklichen Menschen, die stets von selbst das Richtige finden. Wenn Tante Karoline von diesen heiklen Dingen sprach, sah er so eifrig zur Decke auf, wie wenn er dort eine vielziffrige Rechnung zu addieren hatte, und dazu zog er so kräftig aus seiner Pfeife, daß er sehr bald hinter einer Wolke von Tabak allen irdischen Wünschen entschwand. Erst wenn Tante Karoline hustete СКАЧАТЬ