Spreemann Co. Alice Berend
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Название: Spreemann Co

Автор: Alice Berend

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ vor die Fenster gelegt, das dämpfte den Lärm ein wenig.

      Die Menge schien weiterzueilen. Allmählich wurde es ruhiger vor den Fenstern. Nur aus der Ferne klang Trommelwirbel und Geschrei.

      Lieschen zündete die Öllampe an. Der helle, ruhige Schein gab neuen Mut.

      »Wenn ich an die Funzellampen denke, die man in meiner Kindheit brannte,« sagte Herr Spreemann, der nachdenklich in die freundliche Helle blickte. »Man hat es doch wirklich gut, jetzt in der Neuzeit. Ich weiß nicht, warum die Leute immer und immer unzufrieden sind.« Er seufzte. Mamsell Lieschen stand unschlüssig im Zimmer. Zu setzen wagte sie sich nicht. Aber draußen allein zu sein fürchtete sie sich.

      Herr Spreemann schien auch nicht allein bleiben zu wollen.

      »Wo meine Verwandten heute sein mögen,« fing er wieder das Gespräch an.

      »Gott schütze sie alle,« antwortete Mamsell Lieschen demütig.

      Und dann fragte sie, ob sie vielleicht den Abendtisch hier aufdecken sollte.

      Herr Spreemann kam in Verlegenheit. Appetit hatte er nicht. Im Gegenteil. Aber er wollte jemanden um sich haben.

      Er zog eine Weile schweigend an seiner Pfeife. Dann sagte er: »Sie können mir kühlende Umschläge auf meinen Fuß machen, Mamsell. Alle fünf Minuten einen andern.« Wieder hatte er das Richtige gefunden. Beiden war geholfen.

      Auch in der Familie des Herrn Kreisrat schien man wieder im Gleichgewicht zu sein. Sanfte Klaviermusik tönte herunter. Die beiden Töchterchen spielten vierhändig und genau im Takt das hübsche Lied von dem guten Monde, der so stille durch die Abendwolken zieht.

      Mamsell Lieschen summte es leise mit. So friedlich hätte alles sein können.

      Aber da – Herr Spreemann horchte auf – von neuem wälzte sich das Grauenhafte näher.

      »Wenn sie nur nicht die Stadt in Brand setzen,« ächzte Mamsell Lieschen, die wieder ins Flattern gekommen war.

      »Die Berliner stecken ihr Berlin nicht an,« sagte Spreemann fest.

      Wieder klirrten die Fensterscheiben.

      Herr Spreemann löschte die Lampe und öffnete die Fensterladen um einen schmalen Spalt.

      Man trug schon Verwundete zwischen sich.

      Mamsell Lieschen schluchzte auf.

      Aus Spreemanns Augen tropfte es. Er hätte gern den Arm um Lieschens Schulter gelegt. Er spürte etwas Sonderbares – weiche, schmerzliche Wünsche, wie er sie seit seiner Kindheit nicht mehr gekannt hatte. – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit . . .

      Da zeigte jemand aus der Menge auf den gemalten Herrn auf Spreemanns Firmenschild. Die einzige Laterne, die am gurgelnden Rinnstein brannte, warf ihren matten Schein auf seine Beinkleider, schick und kariert. Gelächter erscholl. Ein Haufen Steine hagelte gegen das Schild. Man hörte es splittern. Dann stürmte man weiter.

      Herr Spreemann atmete auf. Nun hatte auch er seinen Tribut gezahlt. Er untersagte Mamsell Lieschen das Jammern über diesen Vorfall. Der Lärm verhallte. Das rasende Gebrüll dämpfte sich zu dem befriedigten Geknurr des gesättigten Tieres.

      In den Zimmern flammten wieder die Lampen auf. Alles wurde still.

      Herr Spreemann gähnte. Die Spannung ließ nach. Er blinzelte nach seinem hohen Federbett. Zum erstenmal in seinem Leben begriff er, daß die Ehe ihre guten Seiten haben konnte. Wenn da noch so ein Bett im Zimmer stände, hätte man es wagen können, unter das hohe Deckbett zu kriechen . . .

      So aber blieb er im Lehnstuhl und ließ sich weiter die Zehe kühlen.

      Bis draußen ein Hahn krähte. Wahrhaftig, über den Dächern dämmerte der erste Morgenschein.

      Eilig verabschiedete Herr Spreemann Mamsell Lieschen. Wenige Augenblicke später lag er im Bett.

      Nötiger, als daß man weiß, was die andern wollen, ist zu wissen, was man selbst will.

      Viertes Kapitel

      Mamsell Schmidt hatte nur eine kurze Stunde zu schlummern gewagt. Als die Sonne richtig am Himmel stand, war auch sie wieder am gewohnten Werk. Leise öffnete sie die Fenster des Wohnzimmers und spähte hinaus. Das Firmenschild hing schief. Zerbrochen aber schien es nicht. Platz und Straße waren leer und still. Alle Arbeit schien zu ruhen. Lautlos lag die Stadt im neuen Morgenrot. Nur aus den Schornsteinen stieg ein leichter Rauch und verriet, daß Leben in den Häusern war. Die Sonne war ebenso blutig zurückgekommen, wie sie gegangen war. Aber nun war es Tag. Mamsell Lieschen erschauerte nicht. Sie sah noch zu, wie drüben auf dem Dach des Eckhauses der alte Herr Jung mit einer weißen Fahne seine Tauben zu einem Morgenflug anregte, dann ging sie an ihre Arbeit. Auf leisen Filzschuhen räumte, reinigte und heizte sie.

      Herrn Spreemanns Ofen war vom Nebenzimmer aus zu heizen. Vorsichtig, ohne Lärm zu machen, schichtete Lieschen das glatte Buchenholz auf, um es dann mit einem Kienspan aufprasseln zu lassen. Von oben drang wieder der gewohnte brenzlige Qualm herunter. Diese Geizhälse heizten mit Torf. Das hatte man bei Herrn Spreemann nicht nötig. Zufrieden schloß Mamsell Schmidt die Ofenklappe, lauschte einen Augenblick an Herrn Spreemanns Tür und eilte dann lautlos zu neuer Tätigkeit.

      Man schien wirklich in einer Zeit des Umsturzes zu leben. Trotzdem Ofen und Sonne längst für ihn wirkten, schlief Herr Spreemann bis in den Mittag hinein. Das war in seinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen. Mamsell Schmidt hatte sich schon Sorgen gemacht, und als er das Frühstückszimmer betrat, begrüßte sie ihn wie einen, der von weither zurückkommt. Sie berichtete sofort, daß das Firmenschild schief hinge, aber keineswegs zerbrochen sei. So beschloß Herr Spreemann, erst eine belebende Tasse Kaffee zu trinken, ehe er den Laden öffnete. Mamsell Lieschen bestärkte ihn in diesem Entschluß, denn die Straßen waren immer noch leer und still. Selten, daß ein eiliger Schritt vorüberklappte. Vor einigen Augenblicken war allerdings die Zeitung gekommen.

      Herr Spreemann öffnete sie, und was er da las, ließ seinen Kaffee kalt werden. Eine lange Reihe von Toten war aufgezählt. Und auch der Name des kleinen Herrn Hirschhorn war dabei. Er hatte, bald nach seinem Davonstürzen, die Freiheit und Gleichheit gewonnen, die allen Menschen gewiß ist.

      Mit Rührung besann sich Herr Spreemann, daß ihn der kleine, geschickte Mann bis auf den gestrigen Unfall kein einziges Mal geschnitten. Und daß er niemals mehr als vier Groschen für alle zehn Zehen genommen hatte. Auch Mamsell Lieschen schluchzte und vergaß vollständig, daß sie ihn nicht hatte leiden mögen.

      »Wenn ich denke, daß er gestern noch lebendig in meiner Küche stand,« sagte sie und putzte sich wieder heftig die Nase.

      Nur gut, daß von dem Lehrling und dem »jungen Manne« nichts in der Zeitung zu finden war.

      Es war ein heller, klarer Tag. Man spürte es durch die geschlossenen Fenster, daß es zum Frühling ging. Während sich Herr Spreemann, gedankenerfüllt, die Pfeife stopfte, eilte Mamsell Schmidt zum Laubfrosch, um zu sehen, was er zu diesem Wetter sagte. Erschreckt prallte sie zurück. Er lag tot auf dem Boden seines Glashauses. Ob ihn die Aufregung getötet oder die einzige Fliege nicht genug Nahrung gewesen, war nun nicht mehr zu enträtseln. Von Grauen und Ekel gepackt, spähten Herr Spreemann und Mamsell Lieschen durch das Glas. Er lag auf dem grünen Rücken und zeigte einen gelben Bauch. So war er also nur auf einer Seite so hübsch grün gewesen? Auch die Natur lackierte also nur die obere, dem Käufer zugewandte Seite? Das gab beiden eine gewisse Beruhigung. Es tut immer wohl, sich mit der Schöpfung im Einverständnis СКАЧАТЬ