Das verbrannte Bett. Alice Berend
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Название: Das verbrannte Bett

Автор: Alice Berend

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Klang einer Stimme, die ihm angenehme Melodien der Erinnerung zu spielen begann, rief ihn aus seiner Versunkenheit in das Problem brütender Hähne.

      Wem gehörte diese Stimme? Er blickte auf. Er wußte es.

      Da saß Fräulein Konstanze zwischen einem Herrn und einer Dame. Sie trug eine Ledermütze, unter der sich das Blond hervordrängte, auffällig wie ein selten gewordenes Goldstück aus überreichem Geldbeutel.

      Sonst bemerkte Herr Blümel ein helles Kleid, aus dem der Hals, lang, schlank und weiß, emporragte.

      Herr Blümel wollte sich einreden, daß Gänse ähnliche glatte lange Hälse besäßen. Aber er konnte nicht verhindern, daß er an einen Schwan denken mußte. Sogar an einen Singschwan.

      Auch die Dame neben dem blonden Fräulein war dem Herrn Kanzleioffizial nicht unbekannt. Ein Stammgast des Cafés am Graben mußte wissen, wer Fräulein Steffi Pichler ist.

      Herr Blümel besorgte zwar keine Einkaufe in solchem Luxusgeschäft. Doch es gehörte zu Fräulein Pichlers Gewohnheiten, die Tür ihres Ladens weit geöffnet zu halten bei jedem Wetter. Vermutlich in der

      Absicht, daß jeder Lufthauch einen Kunden hineinwehen sollte.

      So hatte Herr Blümel oft genug beobachten können, wie Fräulein Steffi einem Kavalier die hellgelben Wildledernen anprobierte. Finger für Finger mit sanften Streichbewegungen bearbeitend. Dabei wurde geplaudert. Anscheinend Heiteres. Man lächelte und lachte.

      Herr Blümel beobachtete Fräulein Konstanzes festgeformte Hände, die nicht klein waren, jedoch keineswegs groß zu nennen. Es waren Hände, denen zuzutrauen war, daß sie gegebene Versprechen halten würden.

      Verkaufte man die Handschuhe auch in Berlin auf solche intime beschauliche Art? Oder hinderte dort das energische Tempo solches Verlieren in Unnützigkeiten?

      Jedenfalls mochte es auch dort angebracht sein, daß eine Dame in derartiger Lebensstellung einen männlichen Menschen als Schutzwall neben sich hatte.

      Herrn Blümels Blicke glitten zu dem Nachbar der beiden Damen. Das war ein Mann des Tages, motorvertraut. Herr Blümel hatte dies auf den ersten Blick festgestellt.

      Über diesen neuen Typ, dieses Musterbild der Zeit hatte sich Herr Blümel erst kürzlich mit einem jüngeren Kollegen gestritten.

      Dieser hatte behauptet, daß die Zeit wieder gekommen wäre, wo Muskel- und Körperkraft Maßstab des Mannes ausmachten, nicht mehr der steife Kragen und die Gehirngrammchen. Dem halsfreien Proletarier gehörten Zukunft und Weib.

      Herr Blümel hatte Bedauern gefühlt. Er glaubte zu wissen, daß auch dieser Kollege nur die Anschauung einer Frau echote. Ihretwegen verließ er die Beamtenbahn mit dem sicheren Endziel der Pensionsberechtigung. Denn diese Frau hatte verkündet, sie würde schon am Hochzeitstag sterben vor Langeweile, wüßte sie im voraus, genau auf Heller und Pfennig, was ihr Lebensgefährte verdienen würde, nicht nur bis ans Lebensende, sondern sogar noch darüber hinaus.

      Abwechslung, Aussichten, Erwartung, Neugier, ungeahnte Möglichkeiten sollten die Lebensfahne flattern lassen.

      Herr Blümel hatte dazu geschwiegen. Auch dieser Arme, sonst zuverlässig und korrekt, glaubte auf dieses Geflatter zeitlebens gewartet zu haben. Bedauernswert jeder, der einem weiblichen Wesen übertriebenen Wert beimessen konnte.

      Während dieses Gedankens mußte Herr Blümel bemerken, wie Fräulein Konstanze im Spiegelbild einen silbernen Likörbecher bereit hielt, um ihn gegen einen gleichen anklingen zu lassen, den die massive Klaue des Kräftelenkers umfaßt hatte. Man schien irgendeinen Plan oder einen Entschluß damit besiegeln zu wollen.

      Herr Blümel hatte sich plötzlich erhoben, vorwärts bewegt und eine Verbeugung gezwängt zwischen die Silberbecher, bevor sie sich berühren konnten.

      Fräulein Konstanze erschrak sichtbar.

      Aus Freude? Oder weil sie herausgerissen wurde aus leichtsinnigem Spiel? …

* * *

      Alle Vermutungen sind beinahe richtig.

      Konstanze hatte an Herrn Blümel gedacht. Er war einbegriffen gewesen in dieses Becherklingen, das dem Austausch zweier Lebenswege hatte gelten sollen, einem Jongleurspiel, in dem die Städte Berlin und Wien die Goldkugeln waren.

      Ziffern und Zahlen der Geschäftsbücher zweier Handschuhgeschäfte hatten ergeben, daß hier ein Tausch niemanden betrügen würde.

      Nun hatte Konstanze sich und den anderen eine Woche Bedenkzeit ausbedungen. Sie spielte Lotterie mit der Zukunft. Sie hatte sich gesagt, sollte ihr Herr Blümel noch einmal, unverabredet begegnen, wollte sie ihn bei manchem Zusammensein prüfen, beobachten, zu ergründen suchen.

      Konstanze hatte also eigentlich gewünscht, Herrn Blümel wieder zu begegnen.

      Gleichzeitig aber gehofft, daß ihr Plan von selbst zerfließen würde, wie manches andere Luftschloß, mit dessen Grundstein sie balanciert hatte im Zukunftsgewölk.

      Berlin war Berlin. Man tadelte es, wenn man dort war. Man sehnte sich zurück, wenn man es verlassen. Konnte jemand diese Stadt verstehen, der nicht dort aufgewachsen war? Der Pariser liebt sein Paris, er braucht es wie der Säugling die Milch. Warum schämt sich der Berliner, daß es ihm nicht anders geht, mit dem brausenden Steinmeer zwischen Spree und Havel, zwischen blauen Seen und patinagrünen Fichtenwäldern?

      War es mit Wien ebenso? Diese Stadt, die wie ein alter herrlicher Garten immer wieder gemächlich die gleichen Pflanzen, immer aufs neue die gleichen Menschenarten hervorbrachte, ungeachtet alles Zeitgetümmels? Verstand man die Musik des Stefansdoms, wenn man nicht schon als Kind mit diesen Melodien gespielt hatte, wie mit Kreisel und Murmel? Vermochte man sich wirklich einzufügen in den Spazierrhythmus der Ringstraße, wenn sich nicht schon die ersten Schritte dort hatten erproben können?

      War man sowenig imstande, seine Heimat zu vertauschen wie sein Herz?

      Konstanze, Blicke und Gedanken draußen in rauschenden Regenstreifen, spürte zwischen Kaffeeduft, Löffelgeklapper und Stimmgeschwirr des Wiener Cafés den feinen Hauch ihres parfümierten Kaufladens, dessen bunte geschmackvolle Enge oft den Rahmen bildete für anmutiges Gesellschaftsgeplauder.

      Freundinnen, Bekannte der Jugendzeit, fanden sich dort ein, um scherzend, spöttisch oder begeistert zu streiten über Kunst, Theater, Bücher, Reisen, über Moden jeder Art. Mit der Leichtigkeit des Schaums, der sich über den Wellen kräuselt und über gefüllten

      Sektkelchen. Lebensschwimmer, die nichts von der Tiefe wissen wollten, die sich weder weit hinaus wagten, noch zu tauchen suchten, wenigstens nicht ohne Korkgürtel oder feste Kappe. Deren Sterne die Bogenlampen waren und die es alle verstanden, auf Spaziergängen oder Wagenfahrten umzukehren, kurz ehe die drohenden Vorstädte beginnen.

      Hatten sie genug von der Kühle oder der Wärme des bunten Ladenwinkels, eilten sie davon, zu Fuß oder im Auto. Sie kümmerten sich nicht im geringsten darum, ob dieser bunte, behaglich scheinende Fleck im Stadtgetrubel für Konstanze das Podium sein könnte eines tüchtigen Boxerkampfes mit Kalkulationen von Einkauf, Verkauf und Wiedereinkauf und anderen geschickten Handgriffen, mit denen der Erwerbenmüssende unermüdlich dem schlauen Leben zu parieren wissen muß.

      Man darf den Flüchtigen ihre Gleichgültigkeit nicht übel nehmen. Konstanze wußte aus ihrer Kinderzeit, jenen verwöhnten Tagen, daß auch Leichtlebige nicht so leichtlebig sind, wie es Zuschauern scheint. Angst ist der Hintergrund all unserer Taten. Jeder versucht, sich СКАЧАТЬ