Adams Söhne. Adolf von Wilbrandt
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Название: Adams Söhne

Автор: Adolf von Wilbrandt

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ vorhin befallen hatte, schien verflogen zu sein. Er neigte sich etwas vor, sah seinen Reisegefährten ruhig an, und drückte sich den Hut in die weichen Locken.

      »Inwiefern irr’ ich denn?« fragte der Grobknochige, nachdem er eine Weile gezögert hatte.

      Der Jüngling bewegte die Lippen, antwortete dann aber nicht. Er warf einen Blick auf die Sonne, und verwunderte sich.

      »Wie lange hab’ ich denn geschlafen?« sagte er, wie mit sich allein. Er sah auf die Uhr. Er schüttelte den Kopf.

      »Nun, wie lange haben Sie denn geschlafen?« fragte der andre, der wieder seinen Käse anschnitt.

      »Zwei Stunden, glaub’ ich; und mehr! – Das ist doch des Teufels!«

      Der andre horchte hoch auf; es überraschte ihn, dass dieser Jüngling ›aus einer anderen Welt‹ auch so menschlich und natürlich den Teufel in den Mund nahm.

      »Und ich weiß nicht einmal, wie ich eingeschlafen bin«, fuhr der junge Mensch fort. »Es kam so auf einmal – eine Art von Schwäche – kurz, ich wurde müde. Aber ich warf mich nur ins Gras, um einen Augenblick auszuruhen. – Und machte die Augen zu. Als ich sie wieder aufmachte, saßen Sie da und aßen; – und zwei Stunden lang hab’ ich fest geschlafen!«

      »Und Sie hungerten im Schlaf«, setzte der andre hinzu. »Sie müssen schon erlauben, junger Herr, dass ich mir bei alledem etwas denke; ich bin auch nicht auf den Kopf gefallen. Da irren Sie sehr, sagten Sie vorhin. Und dazu haben Sie so ein – merkwürdiges Gesicht … Inwiefern irr’ ich denn?«

      Der Jüngling hob den Kopf, wie um zu antworten, blieb aber wieder still.

      »Wann haben Sie denn heute zuletzt gegessen, wenn ich fragen darf?«

      »Heute?« – Der Jüngling lächelte und sah auf seine Füße, die er sacht, wie spielend, aneinander rieb. »Heute hab’ ich noch nicht gegessen.«

      »Was? – Noch gar nicht?«

      »Nein.«

      »Und wann denn zuletzt?«

      »Wozu fragen Sie? – Sie werden die ganze Sache komisch finden…«

      »Nein«, sagte der andere trocken. »Ich werde die ganze Sache gar nicht komisch finden; das versprech’ ich Ihnen. Also wann aßen Sie denn zuletzt?«

      »Vorgestern Abend – wenn Sie’s denn wissen wollen.«

      »Nu, das ist mehr, als ich je geleistet habe! – Und was mich betrifft, ich tat’s unfreiwillig; aber Sie – — Sie sehen so aus, als hätten Sie’s nicht nötig. Als hätten Sie nur zum Spaß – —. Nein, nicht zum Spaß. Das ist ein dummes Wort; das passt nicht zu Ihnen. Warum haben Sie denn gehungert? – — Sagen Sie mir das nicht? Bin ich Ihnen zu schlecht gekleidet, oder sonst zu ordinär, um mich mit einer offenen Antwort zu beehren?«

      Der Jüngling machte eine hastige Bewegung, seine sanften Augen blitzten. Er zwang sich aber wieder zur Ruhe, indem er mit der linken Hand langsam an sich hinunterstrich.

      »Ich werd’s Ihnen also sagen … Aber so müssen Sie nicht reden. Was gehen Sie oder mich unsere Kleider an? Sie sind ein Mensch, ich auch. – Warum ich hab’ hungern wollen? Nun – um einmal zu fühlen, wie’s tut.«

      »Und warum wollten Sie das? Ihnen kann’s ja genug sein, dass andre dazu verdammt sind.«

      »Das ist ja eben der Jammer, dass es solche gibt! Und dass – — kurz, dass die einen mehr leiden als die andren; – und dass die andren so gern die Achseln zucken und sagen: das ist nun einmal so verteilt, was ist da zu machen! – Es wäre aber doch wohl etwas zu machen, wenn nur alle wollten. … Kurz und mit einem Wort: besser muss es werden. Das Glück soll zu allen kommen, alle sollen gleich sein. Und jeder muss dazu tun, was er kann!«

      »Hm!« murmelte der andere. Er warf wieder einen staunenden, halb verblüfften Blick auf diesen sonderbaren Menschen. Dann stieß er scheinbar spöttisch oder unwirsch heraus: »Und darum haben Sie gehungert?«

      »Nun ja!« sagte der junge Mensch, über sich selber lächelnd. »Nur so ein Versuch. … Um es nicht besser zu haben; und um mir’s wirklich vom Munde abzusparen, was ich andren gebe. Dass ich doch sagen kann: ich hab’ gefastet, damit ein anderer satt wird. – Was wollen Sie? Warum sehen Sie mich so grimmig an?«

      »Seh’ ich Sie grimmig an? – Das wusst’ ich nicht. So hab’ ich’s nicht gemeint. Ich dachte nur —«

      »Nun, was dachten Sie?« fragte der junge Schwärmer, da der andere stockte.

      »Ich dachte nur: ist der wirklich lebendig? Solche Leute, meint’ ich, hätt’ es nur im Mittelalter gegeben. Herr, Sie sind also wirklich so einer? So ein Pelikan, der sein Blut für die andern hingibt —«—

      »Nein, der tut’s nur für sein eigenes Fleisch und Blut. Das ist nichts Besondres.«

      »Sie tun’s für die andern, für die, welche vor der Tür stehen. Darum auch dies Gesicht!«

      »Was denn für ein Gesicht? – Was hab’ ich denn getan? Ich kann ja noch nichts. Ich erwerb’ ja noch nichts; bin ein Student, im ersten Semester, also ein halber Mensch. Während Sie – — Sie sind doch wohl auch noch jung; aber Sie leben gewiss nicht mehr aus des Vaters Tasche. Sie bringen sich selber fort. O lassen Sie mich erst auch so einer werden: dann – dann —«

      Er sprach nicht zu Ende, weil auf einmal die innere Bewegung sich nicht mehr unterdrücken ließ und durch die Glieder ihren Ausweg suchte. Er hob die Arme, bewegte sie in der Luft – mit einer gewissen ungeschickten Anmut – und dehnte, tief atmend, die Brust. Seine Augen leuchteten, nach oben gerichtet. Der junge ›Plebejer‹ konnte nicht umhin, diesen schönen Schwärmer mit einer Art von Andacht anzustarren. Es rührte sich dabei auch ein Missgefühl, das ihm etwas in die Brust schnitt; er spürte es, ohne zu fragen, was es von ihm wolle.

      »Nu, Sie wissen ja, ein Schelm tut mehr, als er kann!« sagte er nach einer Weile, fast brummig. »Wer für andere hungern kann, der kann wohl eines Tages noch mehr. Davon reden wir noch, wenn es Ihnen recht ist … Nun sollten Sie aber doch von meinem Käse essen; denn gefastet, mein’ ich, haben Sie nun genug!«

      »Apage Satanas!« erwiderte der Jüngling lächelnd, mit einer abwehrenden Bewegung der Hand. – »Verzeihen Sie!« setzte er dann etwas verlegen hinzu.

      »So viel Lateinisch versteh’ ich noch«, sagte der andre, der dies ›Verzeihen Sie‹ wohl begriffen hatte. »Ich bin auch eine gute Strecke weit durch die Schulen gelaufen; wenn ich auch als ein armer Hund im Handwerk stecken geblieben bin: Mechaniker, Kunstschlosser. Afinger ist mein Name Rudolf Afinger.«

      »Berthold Wittekind«, erwiderte der Student mit einer Art von Verneigung.

      »Nicht von Adel?« fragte der andre verwundert.

      »Nein.«

      »Ich dachte: wegen der Nase – und der feinen Hände … Also von meinem Käse wollen Sie nichts essen?«

      »Nein, nein, nein; reden Sie mir nicht mehr zu. Eh’ ich meinen Vater nicht gesehen habe, will ich nichts mehr essen. Ich war etwas hungerschwach, das ist wieder vorbei. Es tut mir gut – inwendig, mein’ ich – noch etwas zu fasten. Und mein Körper ist stark, dauerhaft; viel zäher, als man ihm ansieht. Kommen Sie, wenn es Ihnen recht ist; geh’n wir wieder weiter.«

      »Also СКАЧАТЬ