Das Kind. Adolf von Wilbrandt
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Название: Das Kind

Автор: Adolf von Wilbrandt

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ zu thun . . .«

      »Ich?« fiel sie ihm ins Wort. »Was denken Sie!« – Ihre rosigen Wangen wurden aber doch noch röter, ihr fiel ein, daß es wirklich schon damals anfing, das mit ihrem Arthur. In einer Geographiestunde, das wußte sie, hatte sie sich zuerst so recht an ihn festgedacht . . . »Immer haben der Herr Doktor solche Späße im Kopf!« sagte sie geschwind, um die allgemeine Aufmerksamkeit von sich abzulenken.

      »Was soll so ein alter Doktor sonst thun, meine liebe Gertrud?« erwiderte Wild. »Wenn man nicht gesund genug ist, um so wie früher zu praktizieren, dann verfällt man auf Allotria. Spaß und Ernst – wie’s nun gerade kommt. Wie ein anständiger Mensch für alle Fälle zwei Krawatten im Frack hat – eine schwarze und eine weiße, so hat man auch Spaß und Gruft im Kopf! – — Wünsche also einen ungetrübten Abend, ohne Krieg wegen Jütland, und auf Wiedersehn!«

      Er winkte Lugau, mit ihm zu gehen; in diesem Augenblick trat der alte Brink, der Diener, herein, um in seiner förmlichen Manier und mit seiner gedämpften Stimme zu melden, daß Fräulein Gertrud auf einen Augenblick zum Fräulein in die Küche kommen möchte. Das »Fräulein« war die unverheiratete Schwester Rutenbergs, die seit dem Tode seiner Frau das Haus führte.

      »Ah!« sagte Wild, scheinbar sehr erstaunt. »Auch Fräulein Gertrud hat schon Wirtschaftssorgen!«

      »O ja,« entgegnete das Mädchen heiter, »auch mein Kopf kann schon mit Beidem aufwarten, mit Spaß und mit Ernst! – Auf Wiedersehn beim Whist!« – Damit war sie schon draußen, dem alten Brink nach.

      Wild folgte ihr mit den Augen. »Glückliches Geschöpf!« murmelte er neidlos.

      »Glücklicher Vater!« setzte Lugau hinzu, mit einem kleinen Junggesellenneid; er hatte, wie Schilcher, nie geheiratet. Die Beiden grüßten und gingen.

      Rutenberg, der heute vor Lebenslust strahlte – er gehörte zu den Leichtbewegten, »himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt —« setzte sich auf einen der Spieltische. »Glücklicher Vater – o ja! – Aber das Buch hab’ ich noch immer nicht.«

      »Schlechte Erziehung,« sagte Schilcher trocken, der sich in seine Lieblingsecke gesetzt hatte.

      »Natürlich,« antwortete Rutenberg nur. – »Ich such’s also selber!«

      Er trat an ein Büchergestell, aber mit einem vergnügt ratlosen Gesicht. »Gott mag wissen, wohin das Kind dieses Buch verkramt hat!« – Er zog ein paar Bücher aus ihren Reihen hervor, schüttelte den Kopf, steckte sie wieder hin. Ebenso heiter wie zuvor wandte er sich dann wieder zu Schilcher und strahlte ihn mit den blauen Augen an, ohne zu sprechen.

      »Was kuckst du so?« fragte der in seiner Ecke.

      Rutenberg lachte nur so vor Vergnügen – »Nimm ’ne Cigarre, Alter.«

      Schilcher schüttelte den Kopf. »Warum ich so kucke? – Ich bin sehr fidel, Schilcher. – Das heißt, es geht mir gut. Ich beneide mich.«

      »Habe nichts dagegen,« murmelte der kleine Herr.

      »Das Kind – — das Kind ist doch entzückend, Schilcher.«

      »Hat das Buch verkramt.«

      »Ist aber doch entzückend, Schilcher.«

      Das gute Nußknackergesicht konnte sich nicht länger enthalten, mitvergnügt zu lächeln. »Meinetwegen!« stieß er heraus.

      »Und auch gut erzogen« behauptete Rutenberg jetzt.

      »Zu weich,« sagte Schilcher.

      »In der richtigen Freiheit, Alter, und darum so gut geraten.«

      »Bringt dir aber das Buch nicht. »Der erste Ball!« warf Rutenberg ein.

      Schilcher mußte wieder lächeln. »Na ja, meinetwegen!«

      Rutenberg, in seiner jugendlichen, glücklichen Unruhe, nahm wieder einen Band, betrachtete ihn, steckte ihn wieder hin.

      »Dieses verflixte Buch,« sagte er mit einer Art von Genuß, »wird kein menschliches Auge jemals wiedersehn! – — Ja, was ich sagen wollte . . . Ich glaube wahrhaftig, Alter, ich war nie so glücklich. Hab’ heut’ nachmittag lange drüber nachgedacht, und mir ist so dankbar zu Mut. Was sich der Mensch wünschen kann, das hab’ ich – — nein, das zwar nicht: meine gute Frau ist fort. Aber es ist doch merkwürdig, was ich alles habe. Gute alte Freunde – eiserne Gesundheit – Freude an der Arbeit – ein schönes Vermögen, das ich mir selber geschaffen —«

      »Und es wächst ja noch,« bemerkte Schilcher.

      »Thät nicht nötig, Alter. Aber meine brave Fabrik, die läßt sich ja nicht lumpen, will mich durchaus zum richtigen Millionär machen . . . Und meine gute Vaterstadt wächst auch und gedeiht, eine unserer hübschesten alten Städte, nicht? Gute, heitere Leute, nicht verschopenhauert, nicht weltwehkrank, thun das Ihre und leben gern! – — Ja und dann dieses Kind. Ihr so merkwürdig ähnlich, beinahe wie eine Fortsetzung meiner guten Frau —.«

      »Hat aber auch viel von dir,« murmelte Schilcher. Rutenberg lächelte. »Das thut auch nichts, Alter! Mir deucht sogar, die Mischung ist gut! – Ein sehr liebes Kind, Schilcher.«

      »Mein einziges; aber ein Prachtstück, so frisch, so gut, so drollig, so zärtlich – und poetisch auch – — na, kurz, diese Gertrud!«

      Schilcher wollte nichts sagen, dieser redselige Rutenberg hatte ihn in eine Weichheit hineingeredet, die ihm beinahe unmännlich vorkam. Die großen strahlenden Augen schauten ihn aber gar so auffordernd an. »Freilich!« brummte er. »Was sagst du?«

      »Freilich!« sagte ich. – — – »ein Patenkind. – Gut, daß wir sie haben, Rutenberg.«

      »Ja, gut, daß wir sie haben. Wenn mir’s zuweilen leid that, Schilcher, daß sie immer älter wurde, dieses süße Göhr, dieser kleine zierliche, spaßige, verrückte Engel, unser Trudelchen —«

      Schilcher nickte, mit fast geschlossenen Augen. Er hatte ja nichts als die Trudel. Er hatte sie ja unsinnig lieb.

      »Daß ich keinen Zauberstab hatte,« fuhr der poetisch werdende Rutenberg fort, »um das süße Ding damit anzurühren ›Bleib so wie du bist, kleines Spielzeug! kleiner Menschentraum!‹ dann dacht’ ich zum Trost an die Zeit, die nun da ist, Schilcher. Jungfrau Gertrud Rutenberg, siebzehn Jahre alt, ein großes, denkendes, reizend ernsthaftes Geschöpf —«

      »Das die Bücher verkramt,« warf Schilcher ein, gegen seine Weichheit kämpfend.

      »Unser Kamerad,« fuhr der Vater unbeirrt fort, »unser Mitmensch, unsre – unsre Antigone —«

      »Die nicht weiß, daß Jütland zu Dänemark gehört.«

      »Die aber ein richtiges deutsches Mädchen ist – eine feine Seele – eine gute, vornehme Seele – und dabei doch immer noch unser Kind! Unser langer, magerer, reizender Liebling, ja, ja, unser Liebling; denn du alter Heuchler, dem ich bis in den tiefsten Grund seines schwarzen, grimmigen, galligen Herzens sehe, du hast sie auch so lieb wie dich selbst! Ja, du, Oberappellationsrat Gottfried Schilcher!«

      »Lieber,« sagte Schilcher tonlos und stand dabei auf. – »Nun wollt ich aber eigentlich bei dir ’ne Postkarte schreiben.«

      3

      Die Thür zum Salon öffnete СКАЧАТЬ