Soll und Haben. Gustav Freytag
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Название: Soll und Haben

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ verneigte sich Anton bejahend, Lara, Tara oder Gutgewicht war ihm in diesem Augenblick ganz unwesentlich. Die Komteß sah ihn befremdet an, er aber sprach mit gemütlicher Wärme in sie hinein, von den Freuden der zu erwartenden Tanzstunde, von der allerliebsten Dekoration des Salons und wie schön man jetzt Säle auszuschmücken wisse, und von dem neuen Wintergarten in Paris, den er am Tage zuvor aus irgendeiner Zeitung kennengelernt hatte. Er schilderte ihr Springbrunnen und Glaskuppeln und vergoldete Gitter und künstliche Felsen mit tropischen Pflanzen und kleine Salamander, welche zur Freude des Publikums dazwischen umherschlüpften, alles mit einem Feuer, daß die kleine Dame in Rosa nach und nach auftaute und endlich, als er bei den Eidechsen angekommen war, ebenfalls beweglich wurde und ihrerseits von zwei Feuermolchen erzählte, die sie einmal auf einem Stein gesehen, und von dem Entsetzen, das sie ihr eingejagt. Wenn sie Anton gesagt hätte, daß die beiden Molche mit untergeschlagenen Beinen auf dem Felsen gesessen und Bier aus einem Deckelglase getrunken hätten, so wäre ihm auch das als ein alltägliches Ereignis aus dem Nachtgebiete der Natur erschienen. Da gerade, als Anton wieder den Übergang machte vom Molch zu einer großen Ausstellung von Kürbissen, welche einige Wochen zuvor in der Stadt gewesen war, da dröhnte die Pauke, da schmetterte die Trompete, und das rosafarbene Kleid sowie die silbernen Ähren versanken vor seinen Augen in den Boden, er machte eine kurze Wendung und verließ das betroffene Fräulein, bevor er seine Rede geendet hatte.

      Dort stand seine Königin im Gespräch mit ihrer Mutter, welche, jetzt kleiner als die hochaufgeschossene Gestalt der Tochter, zu dieser aufsehen mußte. Der kriegerische Trotz Antons verschwand, als er vor die Baronin trat. Das waren die feinen Züge, das unaussprechlich vornehme Wesen, welches ihn einst so sehr in Erstaunen gesetzt hatte. Die letzte Vergangenheit hatte die Schönheit der Baronin nicht vermindert, und die Nähe, in welcher Anton sie jetzt betrachtete, erhöhte den Zauber, den ihre Erscheinung auf ihn ausübte. Die erfahrene Frau sah mit dem ersten Blick in Anton einen Neuling der Gesellschaft, seine Annäherung zeigte einen Überfluß an Hochachtung, und sein Hut, den er im Arme hielt, war von dem Druck wollig geworden und sah aus wie mit einem Pudelfell überzogen.

      »Dies ist Herr Wohlfart«, sagte Lenore mit einer empfehlenden Handbewegung, »hier ist der Herr, um dessentwillen du mich schon einmal ausgescholten hast. Ja, mein Herr, ich habe damals, als ich Sie zuerst sah, von Mama Schelte bekommen, weil ich Sie so lange in unserm Garten aufbehalten hatte.«

      »Das macht mich sehr unglücklich«, erwiderte Anton mit dem Ausdruck eines unsäglichen Leidens. »Ach, Sie können nicht ahnen, Frau Baronin, wie glücklich ich damals durch die Teilnahme des gnädigen Fräuleins geworden bin; ich ging zu fremden Menschen und in eine ungewisse Zukunft. Ihre freundlichen Worte haben mir Mut gegeben. Und oft sind sie mir seitdem in einsamen Stunden wieder in die Erinnerung gekommen, als eine gute Prophezeiung für meine Zukunft.«

      »Sie wissen das so rührend zu sagen«, rief Lenore, ihn unverwandt ansehend.

      Die Baronin hörte verwundert den Erguß Antons und betrachtete den gefühlvollen Tänzer mit einer Neugierde, die nicht ohne leises Unbehagen war. Lenore aber unterbrach die beginnende Unterhaltung Antons mit ihrer Mutter, indem sie unruhig sagte: »Man tritt an, wir müssen zum Tanz.« Anton ergriff ihre Hand mit den Fingerspitzen und führte sie in den Kreis der tanzenden Paare.

      »Er walzt erträglich, etwas spießbürgerlich, zuviel Zirkel, aber es ist Haltung darin«, brummte Fink.

      »Ein distinguiertes Paar«, rief Frau von Baldereck in der Nähe der Baronin von Rothsattel, als Anton und Lenore vorbeiwalzten.

      »Sie spricht zuviel mit ihm«, sagte Frau von Rothsattel zu ihrem Gemahl, welcher in diesem Augenblick zu ihr trat.

      »Mit ihm?« fragte der Freiherr. »Wer ist der junge Mann? Ich habe das Gesicht noch nicht gesehen.«

      »Er gehört zu den Poursuivants des Herrn von Fink, er ist nicht von Familie, er soll reiche Verwandte in Amerika oder Rußland haben. Mir gefällt das Entree für Lenore nicht.«

      »Nun«, erwiderte der Freiherr, »er hat das Aussehen eines frischen Jungen. Für dieses Kindervergnügen ist eine solche Gestalt immer noch besser als die alten Knaben, die ich hier im Kreise sehe. Die Jüngeren amüsieren sich und ihre Tänzerinnen, während Benno Tönnchen sich nur belustigen wird, wenn er die Mädchen rot macht oder ihnen das Rotwerden abgewöhnt. Lenore sieht recht gut aus. Ich gehe zu meinem Whist, laß mich rufen, wenn du den Wagen befiehlst.«

      Anton hörte nichts von allem, was über ihn und seine Tänzerin gesprochen wurde, und wenn die Gesellschaft um ihn herum so laut gesummt hätte wie die große Glocke am höchsten Kirchturm der Stadt, er hätte nichts gehört. Der Erdball war für ihn sehr klein geworden, nicht größer als der Kreis, den er mit seiner Tänzerin durchmaß, was etwa noch außerhalb existierte, war Finsternis, Öde, ein Nichts, nur was er im Arm halten durfte, das nahm alle seine Sinne gefangen. Das schöne blonde Haar, so nahe an seinem Haupt, daß er mit seinen Locken die ihren berühren konnte, ihr warmer Atem, der seine Wange streifte, der unsägliche Reiz des hellen Handschuhes, der ihre weiche Hand versteckte, das Parfüm ihres Taschentuches, die rote Blüte, welche vorn am Kleide befestigt war, das sah und empfand er, und sonst nichts. Wenn sie im Tanz sich vertrauend von seinem Arm umschlingen ließ, wenn sie ihn fröhlich ansah auch während des Tanzes, wenn er sie atemlos anhielt und sie sich langsam von seiner Hand löste, ein Armband zurechtrückte oder ihr allerliebstes Taschentuch einen Augenblick an den Mund hielt, wie reizend waren nicht alle ihre Bewegungen. Wie bezaubernd der freundliche Gruß ihrer Augen oder ihr leises Lächeln, wenn Anton etwas sagte, was ihr gefiel.

      Und er hatte das Glück, ihr zu gefallen; sie sagte ihm, er spreche allerliebst und es höre sich ihm gut zu. Ach, was er plauderte, war gleichgültig, er hätte vielleicht nicht weniger Erfolg gehabt, wenn er von den Neuseeländern oder dem Kaiser von Japan gesprochen hätte. Denn nicht was er erzählte, sondern wie er es sagte, die stille Huldigung seiner Augen, der bebende Ton seiner Stimme, das drang schmeichelnd in die Seele seiner Tänzerin.

      Die Pauke schwieg, der Trompeter setzte sein Blech ab, der Erdball löste sich auf in ein achtloses Chaos. »Schade!« rief Lenore, als die letzte Note verklungen war.

      »Ich danke Ihnen für dieses Glück«, sagte Anton, als er das Fräulein an ihren Platz führte.

      Als er jetzt unter fremden Menschen umhertrieb, wie ein steuerloses Schiff unter rauschenden Wellen, trat Fink zu ihm und sagte: »Höre, du Duckmäuser, entweder hast du süßen Wein getrunken oder du bist ein heimlicher Intrigant. Woher kennst du die Rothsattel? Du hast mir ja nie etwas von der Bekanntschaft gesagt. Sie ist eine hübsche Figur und hat ein klassisches Gesicht. Hat sie denn auch Verstand?«

      Anton hätte in diesem Augenblick seinem Freund erklären können, daß er ihn aufs tiefste verachte. Eine solche Roheit des Ausdrucks konnte nur aus einem ganz entmenschten Gemüt kommen.

      »Verstand?« erwiderte er und sah Fink mit einem Blick tödlicher Feindschaft an. »Wer daran zweifeln kann, muß selbst sehr wenig besitzen.«

      »Nun, nun«, sagte Fink erstaunt, »ich bin nicht in dieser trostlosen Lage. Ich finde das Mädchen, oder was ihrer würdiger sein wird, das junge Fräulein sehr einnehmend, ja, um in der Sprache eines gebildeten Menschen die Wahrheit zu sagen, ungewöhnlich liebenswürdig, und wenn ich nicht anderweit kleine Verpflichtungen hätte, so weiß ich nicht, ob ich nicht genötigt würde, das Fräulein, dessen Namen ich soeben auszusprechen wagte, für die Herrin meines Herzens zu erklären. So freilich darf ich sie nur von fern bewundern.«

      Fink war doch nicht schlecht. Er war in seinen Ausdrücken nicht immer gewählt, aber er hatte im Grunde ein sehr richtiges Gefühl und ein treues Gemüt. Deshalb faßte Anton seinen Arm, drückte ihn kräftig und sagte: »Du hast recht.«

      »Wirklich?« fuhr Fink wieder in seiner gewöhnlichen Weise fort. »Na, du fängst gut an, ich will mich lieber mit СКАЧАТЬ