Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen. Lagerlöf Selma
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen - Lagerlöf Selma страница 24

СКАЧАТЬ daß sich kleine Boote auf die sanfte Flut hinauswagten. Es kannte sich gewiß selbst nicht mehr, so hold und freundlich war es geworden.

      Alsdann dachte der Junge an das Festland. Ernst lag es da und war fast überall gleich. Es bestand aus flachen Ackerfeldern, zwischen denen hier und da ein von Birken eingefriedigter Weideplatz lag, oder auch aus langgestreckten, bewaldeten Bergrücken; es lag da, als dächte es nur an Hafer und Rüben und Kartoffeln, an Tannen und Fichten. Dann kam eine Meeresbucht, die tief ins Land einschnitt. Daraus machte sich das Land aber nichts, sondern umrandete sie mit Birken und Erlen, ganz als sei sie ein freundlicher Süßwassersee. Dann schob sich noch eine Bucht hinein. Aber auch daraus machte sich das Land nichts, sie bekam dieselbe Bekleidung wie die vorige. Doch die Meerbusen begannen sich auszuweiten und sich zu teilen; sie zersplitterten die Felder und Wälder, und da konnte das Land nicht mehr anders, es mußte Notiz davon nehmen.

      „Ich glaube wahrhaftig, das Meer selbst kommt daher,“ sagte das Land und fing schnell an, sich zu schmücken. Es bekränzte sich mit Blumen, nahm Wellenform an und schob sogar kleine Inseln ins Meer hinein. Es wollte nichts mehr von Fichten und Kiefern wissen, sondern warf sie ab wie alte Werktagskleider und machte Staat mit großen Eichbäumen, Linden, Kastanien und mit blühenden Auen, und wurde so schön wie der Park eines Herrenhofs. Und als es mit dem Meer zusammentraf, war es so verändert, daß es sich selbst nicht mehr kannte.

      So weit war der Junge in seinen Gedanken gekommen, als ihn plötzlich ein langes, unheimliches Heulen, das vom Badehauspark herklang, aufschreckte. Und als er sich aufrichtete, sah er auf dem Rasen unter dem Balkon einen Fuchs im weißen Mondschein stehen. Denn Smirre war den Gänsen noch einmal nachgegangen. Aber als er den Platz, wo sie sich niedergelassen hatten, fand, sah er ein, daß er jetzt auf keine Weise zu ihnen gelangen konnte, und da hatte er vor lauter Wut laut hinausgeheult.

      Als der Fuchs so heulte, erwachte die alte Akka, und obgleich sie fast nichts sehen konnte, glaubte sie doch die Stimme zu erkennen. „Bist du es, Smirre, der heute Nacht unterwegs ist?“ fragte sie.

      „Ja,“ antwortete Smirre, „ich bins, und ich will jetzt fragen, wie euch Gänsen die Nacht gefällt, die ich euch bereitet habe?“

      „Willst du damit sagen, daß du es gewesen bist, der den Marder und den Otter auf uns gehetzt hat?“ fragte Akka.

      „Eine gute Tat soll man nicht leugnen,“ sagte Smirre. „Ihr habt einmal das Gänsespiel mit mir getrieben, jetzt hab ich angefangen, das Fuchsspiel mit euch zu treiben; ich hab auch nicht im Sinn, es zu beendigen, solange noch eine von euch am Leben ist, und wenn ich euch durchs ganze Land verfolgen müßte.“

      „Du solltest dir aber doch überlegen, ob das recht von dir ist, Smirre, wenn du, der mit Zähnen und Krallen bewaffnet ist, uns, die verteidigungslosen, auf diese Weise verfolgst,“ sagte Akka.

      Smirre glaubte jetzt, Akka habe Angst, und deshalb sagte er schnell: „Wenn du, Akka, mir den kleinen Däumling, der mir so in die Quere gekommen ist, herunterwirfst, dann will ich Frieden mit euch schließen und werde weder dir noch einer von den deinen je wieder etwas Böses tun.“

      „Den Däumling kann ich dir nicht geben,“ sagte Akka. „Von der jüngsten bis zur ältesten ist keine unter uns, die nicht gern das Leben für ihn lassen würde.“

      „Wenn ihr ihn so lieb habt,“ erwiderte Smirre, „dann soll er der erste sein, an dem ich meine Rache kühlen werde, das verspreche ich euch!“

      Akka gab keine Antwort mehr, und nachdem Smirre noch ein paarmal aufgeheult hatte, wurde alles still. Der Junge war noch immer wach und schaute durch das Balkongeländer auf die Schären hinaus. Vorhin hatte er so angenehme und frohe Gedanken gehabt. Wie Tanz und Spiel waren sie ihm durchs Gehirn gezogen, und er wünschte, daß sie wiederkämen. Aber er konnte die Landschaft nicht mehr mit denselben Blicken betrachten wie vorher, und die schönen Gedanken wollten nicht wiederkehren. Da erkannte er, daß die schönen Gedanken scheu und empfindlich sind, und daß Haß und Unfriede sie immer verjagen.

      9

      Karlskrona

Samstag, 2. April

      Es war Abend in Karlskrona und heller Mondschein. Jetzt herrschte warmes, schönes Wetter, am Tage aber hatte es gestürmt und geregnet, und die Menschen meinten sicher, es regne und stürme noch immer, denn kaum einer von ihnen wagte sich auf die Straße hinaus.

      Während die Stadt so verlassen dalag, kam die Wildgans Akka mit ihrer Schar über Vämmön und Pantarholm auf Karlskrona zugeflogen. Sie waren spät abends noch unterwegs, sich einen sichern Schlafplatz draußen auf den Schären zu suchen. Auf dem Lande konnten sie nicht bleiben, weil der Fuchs Smirre sie immer wieder aufstöberte, wo sie sich auch niederlassen mochten.

      Als nun der Junge hoch oben durch die Luft ritt und auf das Meer mit seinen Schären hinuntersah, kam ihm alles merkwürdig unheimlich und gespensterhaft vor. Der Himmel war nicht mehr blau, sondern wölbte sich über ihm wie eine Kuppel aus grünem Glas. Das Meer war milchweiß, und so weit das Auge reichte, rollte es in kleinen, weißen Wogen mit silberschimmernden Schaumkronen daher. Mitten in all diesem Weiß ragten die vielgestalteten Inseln kohlschwarz heraus. Ob sie groß oder klein waren, ob eben wie Wiesen oder mit wilden Felsstücken bedeckt, alle sahen gleich schwarz aus. Ja, sogar auch die Wohnhäuser und Kirchen und Windmühlen, die gewöhnlich weiß oder rot sind, zeichneten sich schwarz von dem grünen Himmel ab. Der Junge hatte beinahe das Gefühl, als sei die Erde unter ihm vertauscht worden, so daß er in eine ganz andre Welt gekommen sei.

      Er dachte eben, in dieser Nacht wolle er recht tapfer sein und sich nicht fürchten, als er etwas erblickte, was ihm einen großen Schrecken einjagte. Das war eine bergige Insel, die mit großen, scharfen Felsblöcken bedeckt war, und zwischen diesen schwarzen Blöcken glänzten funkelnde Stellen von schimmerndem Golde. Er mußte unwillkürlich an den Maglestein von dem Zauberer Ljungby denken, den der Zauberer zuweilen auf hohe goldne Säulen stellt, und er hätte gerne gewußt, ob dies etwas Ähnliches sei.

      Aber die Steine da mit dem Gold wären schließlich noch angegangen, wenn es nicht rings um die Insel von lauter großen Meeresungetümen gewimmelt hätte. Sie sahen wie Wal- und Haifische und andre große Meeresungeheuer aus, aber der Junge war dafür, daß es Meergeister seien, die sich hier versammelt hatten und hinaufklettern wollten, um mit den dort wohnenden Landgeistern zu kämpfen. Und die auf dem Lande fürchteten sich sicher, denn der Junge sah einen großen Riesen ganz oben auf dem Gipfel der Insel stehen, der die Arme in die Höhe reckte wie in Verzweiflung über all das Unglück, das ihm und seiner Insel widerfahren sollte.

      Der Junge erschrak nicht wenig, als er merkte, daß Akka sich gerade auf diese Insel niedersinken ließ. „Ach nein, ach nein!“ rief er. „Wir werden uns doch da nicht niederlassen sollen?“

      Aber die Gänse sanken immer tiefer, und jetzt war der Junge aufs höchste überrascht, daß er so verkehrt hatte sehen können. Die großen Steinblöcke waren nichts andres als Häuser. Die ganze Insel war eine Stadt; die glänzenden, goldnen Punkte waren Laternen und erleuchtete Fensterreihen. Der Riese, der ganz oben auf der Insel stand, war eine Kirche mit zwei Türmen, und alle die Meeresungeheuer und Zauberer, die er zu sehen geglaubt hatte waren Boote und große Schiffe, die rings um die Insel herum verankert waren. Auf dieser dem Lande zugelegnen Seite der Insel lagen gepanzerte Kriegsschiffe, einige mit ungeheuer dicken, nach rückwärts geneigten Schornsteinen, dann wieder länger und schmäler gebaute, die sicherlich wie Fische durchs Wasser gleiten konnten.

      Welche Stadt konnte nun das wohl sein? Ja, das konnte der Junge schon herausbringen, weil er die vielen Kriegsschiffe da unten sah. Sein ganzes Leben lang hatte er Angst vor Schiffen gehabt, obgleich er nie mit andern etwas zu tun gehabt hatte als mit den kleinen Segelbooten, die er auf dem Dorfteich hatte schwimmen lassen. Er wußte wohl, daß diese Stadt, die mit so vielen СКАЧАТЬ