Die große Gauklerin. Brachvogel Carry
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Название: Die große Gauklerin

Автор: Brachvogel Carry

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ haben, weil Ihr Euch um das, was in der Welt vorgeht, nicht kümmert! Ihr meint immerfort, die Deutschen seien noch die Kleinkrämer, auf die wir mit Verachtung herabblicken können. Ich sag' Euch aber, daß dies alles anders geworden ist, ganz anders! Sie sind in Deutschland reich geworden, schwer reich, ekelhaft reich, und darum ist's ein Unsinn, daß wir immer noch wie hypnotisiert auf die Misses von Amerika und England starren! Es gibt heute in Deutschland eine Unzahl von reichen Mädchen, die obendrein auch noch gut aussehen und sich zu kleiden wissen, jawohl, Gaulo, wenn Du auch noch so sehr grinst und meinst, Du seist in Heiratsgeschichten unfehlbar! Frage einmal beim Portier von Bauer-Grünwald nach, wer jahraus, jahrein in den seidentapezierten Salons bei ihm wohnt, da wirst Du Namen hören, hinter denen Millionen und immer wieder Millionen stehen, und Frauen, die sich überall sehen lassen können …«

      Gaulo sagte trocken:

      »Danke, ich bleibe lieber beim ›Danieli‹ und ›Beaurivage‹!«

      Die andern lachten, denn sie wußten ja, daß von dort aus Gaulo durch einen Vertrauensmann die Ankunft der reichen Angelsächsinnen erfuhr, Ettore aber, der bis jetzt ziemlich teilnahmlos geblieben war, mischte sich ins Gespräch und gab zum allgemeinen Staunen Spatò recht. Keiner begriff ihn, denn er hatte bis zum heutigen Tage immer eine gewisse Verächtlichkeit für die deutschen Frauen an den Tag gelegt, und darum dachten sie, daß auch aus ihm nur ein momentaner Widerspruchsgeist redete. Er aber aber beharrte:

      »Ich bin ganz der Meinung Spatòs. Wir täten sehr gut, wenn wir einmal das Geld und die Frauen der Deutschen in Betracht ziehen würden!«

      Und Spatò fuhr fort:

      »Jawohl, Gaulo, ich werde Dir gleich beweisen, wie richtig meine Behauptung ist.«

      »An der Hand des Portiers von Bauer-Grünwald?«

      »Sie ist ebenso gut wie die Hände von ›Danieli‹ oder ›Beaurivage‹!«

      »Also meinetwegen,« sagte Gaulo, der in Spatòs Worten Schärfe spürte und keinen Streit aufkommen lassen wollte. Ettore aber horchte auf, als ob Spatò nur für ihn spräche.

      »Also merkt auf: Da wohnen seit ein paar Tagen im ›Bauer-Grünwald‹ Deutsche, denen man gar nichts Besonderes ansieht. Vater und Tochter. Der Portier hat sie mir gezeigt und ihren Namen gesagt. Sie heißen: Scio … Sce …« Spatò machte noch einige weitere, vergebliche Versuche, einen deutschen Namen zu buchstabieren, ließ aber, da er die Aussichtslosigkeit einsah, davon ab und sagte: »Nun, den Namen werd' ich Euch nachher zeigen, der Portier hat ihn mir aufgeschrieben. Also das ist ein alter Offizier mit seiner Tochter, einem hübschen und ganz eleganten Mädchen. –«

      Ettore hörte jetzt gespannt zu.

      Gaulo markierte ein Gähnen.

      »Nun erzähl' uns noch, daß auch die deutschen Offiziere Milliardäre sind, dann hast Du für heute so ziemlich den Gipfel der Absurdität erreicht!«

      »Laß Spatò doch ausreden!« sagte Priuli so zuversichtlich, als wisse er jedes Wort, das Spatò noch sagen wollte.

      »Jawohl, Gaulo, hör' mich bis zu Ende an! Dieser alte Offizier, der bisher wahrscheinlich in irgendeiner kleinen Garnison mit seiner Familie ein Fretterleben geführt hat, machte plötzlich eine Erbschaft, eine Sensationserbschaft, um die schon seit achtzig Jahren ein hartnäckiger Prozeß von Generation zu Generation geführt worden ist …«

      »Querelles allemandes!« warf Gaulo ironisch hin.

      »Nein, gar nicht querelles allemandes, denn dieser Streit ging nicht um nichts, sondern um viele Millionen!«

      Jetzt fing Gaulo an, sich für die Geschichte zu interessieren.

      »Sag' mal, hat man Dir da nicht am Ende bei ›Bauer-Grünwald‹ einen Bären aufgebunden? Ein alter Offizier und plötzliche Millionen – das kommt mir so unwahrscheinlich vor!«

      Spatò zog seine Brieftasche heraus, kramte ein wenig darin herum und brachte einen Ausschnitt aus einer deutschen Zeitung sowie einen Zettel zutage, auf dem mit Bleistift ein paar Worte geschrieben standen. Er reichte beides Gaulo hin, damit er es sehen und auch den andern zeigen konnte.

      »Auf dem Zettel steht, wie sie heißen, und in dem Zeitungsausschnitt die Geschichte ihrer Erbschaft, die bis zu irgendeinem Kurfürsten aus dem 18. Jahrhundert zurückreicht und darum wohl auch die Oeffentlichkeit in Deutschland interessiert!«

      Gaulo las von dem Zettel: »Oberst a. D. von Schöttling und Tochter.« Den Zeitungsausschnitt konnten sie aber nicht lesen, weil keiner von ihnen Deutsch verstand. Sie gaben Zettel und Ausschnitt an Spatò zurück und redeten ihm zu, daß er sich vom Portier des »Bauer-Grünwald« das Entrefilet übersetzen lassen sollte. Nur Ettore machte ein wissendes Gesicht, das dem blonden Fabbriani auffiel.

      Spatò hatte eben die Papiere wieder in seine Brieftasche zurückgesteckt, als es ihm einen kleinen Ruck gab.

      »Per Dio, da sind sie! Da kommen sie gerade auf die Terrasse zu!«

      Alle hoben die Köpfe, wandten sie nach der Seite, die Spatò bezeichnet hatte. Ettore tat's ein wenig hastiger und zugleich sieghafter als die andern, denn er ahnte deutlich, daß die Millionenerben niemand anders waren als die verklärte Blondine mit ihrem Vater, die ihm vorhin bei der Landung des Vaporetto aufgefallen waren.

      »Nun, hab' ich nicht recht? Sieht die Kleine nicht ganz patent aus?« fragte Spatò im Ton eines Impresarios.

      Wirklich, es ließ sich kaum etwas entgegnen, und Gaulo, der nörgelte, daß das Mädchen zu überschlank und ihre Nase zu lang sei, fiel gänzlich ab. Bah, mit der Zeit würde sie schon dicker werden, und die wirklich etwas große Nase störte den Reiz des Gesichtes mit den sorgsam frisierten Blondhaaren nicht im geringsten. Sie hatte eine ruhige Anmut des Ganges und, was Ettore jetzt erst bemerkte, ungewöhnlich schmale Füße und Hände. Ihre Linke hielt einen ausgespannten, weißen Spitzensonnenschirm, während die Rechte liebkosend mit einer langen Halskette spielte, einer jener wunderbar feinen, von Perlen unterbrochenen Ketten, wie nur venezianische Goldschmiede sie fertigen. Die Aufmerksamkeit, die ihr Kommen an dem Tisch der jungen Leute erregte, mußte ihr auffallen, fiel ihr auch auf, und sie erkannte sogleich den Mann wieder, dessen Fechtergestalt und klassische Schönheit sie unten am Landungssteg betroffen gemacht hatte. Sie wurde wieder rot, sah weg und suchte mit ihrem Vater angelegentlich einen Tisch, an dem die Sonne nicht lästig war und der zugleich den freien Ausblick übers Meer bot. Weil Priuli Glück hatte, vielleicht auch weil Fräulein von Schöttling es trotz ihres Errötens wollte, fand sich ein Tisch, der etwas entfernt, aber doch den jungen Leuten gerade gegenüber stand, so daß Priuli im Laufe des verdämmernden Nachmittags noch mehrmals Gelegenheit hatte, schmachtende und lockende Blicke zu schleudern, die jedesmal mit einem Erröten, ein und das andere Mal auch mit einem Gegenblick quittiert wurden. Kurz ehe die jungen Leute aufstanden, um nach Venedig zurückzufahren, sagte er mit einer gewissen Süffisance, die den blonden Fabbriani ärgerte:

      »Ja, seht Ihr, nun will ich's Euch doch nicht länger verschweigen. Ich wußte die Sache von der deutschen Millionenerbschaft schon länger und habe darum meine amerikanische Miß etwas kaltgestellt … Ich beabsichtige nämlich, dieses Fräulein von Schöttling zu heiraten!«

      Er hatte sie zuerst verblüffen wollen, nichts weiter, aber bei jedem Wort, das er sagte, wuchs ihm der Glaube an sich und seine phantastische Behauptung, so daß es ihm schließlich vorkam, als wäre sein Abfall in Venedig heut nachmittag eine besondere Fügung des Schicksals gewesen, das ihm dieses blonde, deutsche Mädchen zur Gattin bestimmte.

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      Elisabeth von Schöttling СКАЧАТЬ