Stille Helden. Boy-Ed Ida
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Название: Stille Helden

Автор: Boy-Ed Ida

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      Und da unterbrach ihn die eine, an die er mit väterlicher Zärtlichkeit sein Herz gehängt hatte.

      Leupold meldete Fräulein Hildebrandt an, und schon erschien sie in der Tür und eilte mit raschen Schritten auf den Stuhl zu, aus dem sich ihr weit eine Rechte entgegenstreckte.

      »Wie sie ihrer Mutter gleicht,« dachte er, jedesmal neu von der Ähnlichkeit ergriffen.

      Vielleicht war die in der Tat gar nicht so ungewöhnlich, jede Möglichkeit zu vergleichen fehlte ihm. – Er besaß kein Bild von der längst Dahingeschiedenen. Seine Erinnerung, seine Phantasie waren vielleicht die unzuverlässigsten Maler. Wer wollte entscheiden.

      Klara selbst war stolz und glücklich, wenn man ihr sagte, sie gleiche der Mutter. Denn verwaiste Töchter kennen kein schöneres Ideal als die Gestalt einer ihnen früh geraubten Mutter.

      Jedenfalls hatte sie die gleiche mittelgroße Gestalt, das braune, reiche, lockere Haar, die tiefen dunkelgrauen Augen und in den feinen Zügen den etwas herben Mund. Ihre dunklen Brauen zeigten eine auffallend gerade Linie; dies vor allem gab dem Gesicht einen Ausdruck der klassischen Strenge und zuweilen des Leides, dem aber ihr unbefangenes Wesen voll gelassener Freundlichkeit zu widersprechen schien. Weil es Sonntag war, hatte sie das schulmeisterliche dunkle Kleid abgelegt, und sie trug zu einer weißen Bluse einen hellgrauen Rock. Hut und Jacke waren unten in der Garderobe geblieben, denn der alte Herr mochte nicht haben, daß sie wie ein Besuch dasaß, der gleich wieder fort muß.

      »Also, liebe Klara, ich muß Ihnen ganz etwas Neues erzählen: mein Sohn ist wieder da!«

      »Das hat mir Frau Doktor schon erzählt,« sagte Klara, »der junge Herr Severin Lohmann sei bei uns vorbeigefahren, kurz vor Tisch.«

      »Hätt’ ich mir denken können. Ihre alte Lamprecht ist der reinste Spion, und wenn wir sie auch die Lamprächtige getauft haben – ’ne kleine alte Klatschbase bleibt sie doch.«

      »Ach Gott, so ein beschränktes Altfrauenleben,« sagte Klara und zuckte entschuldigend die Achseln … »Sie meint es doch rührend mit mir.«

      »Na, das wollten wir uns auch ausgebeten haben.«

      Sie schenkte, als sei sie hier die Haustochter, den Tee in die Tassen und sprach unbefangen weiter: »Schön für Sie, daß Sie nun den Herrn Sohn hier haben. – Er war so lange nicht zu Haus.«

      »Mehr als drei Jahre nicht. Das waren keine guten Dinge, die ihn so lange fernhielten. – Liebe Klara – in der Welt draußen haben sie meinen Einzigen tüchtig zerzaust. Er bedarf der Ruhe. – Er muß sich besinnen, daran denken, daß er noch mein Sohn ist. Er muß so gewissermaßen von vorn anfangen. Wo könnte er’s besser als hier. Arbeit und Familie – das ist die Gesundheit.«

      »Ach,« dachte Klara, »wie ist dieser Sohn zu beneiden, mit diesem Vater zusammen ein Familienleben zu führen; zu solchen Aufgaben berufen zu sein …«

      Sie sagte: »Ich, die ich ohne Elternhaus aufwuchs, und fast ohne Tradition – ich denke es mir herrlich, einem so festgegründeten Haus anzugehören. – So ein Haus bekommt Geschichte. – Wie Sie die Gründung Ihres Vaters weiterführten, so wächst nun Ihr Sohn in all dies hinein.«

      »Wer weiß – wenn sein persönliches Geschick die glückliche Wendung nimmt, die ich erhoffe – dann gewiß! Er müßte ja auch zu sehr aus der Art geschlagen sein, wenn er nicht Liebe zum Werk bekäme – wo so das Herzblut und der Angstschweiß von Vater und Großvater daranhängt. – Ein wenig müßt’ ihm doch der Mut des Großvaters und die Zähigkeit des Vaters imponieren. – Wenn ich an meinen Vater denke! Welche Phantasie! Welche Kühnheit! Welche Sorgen! Ich sage Phantasie – denn wissen Sie, liebes Kind, man denkt immer: die ist ein Göttergeschenk des Künstlers – seins allein! Kein Schaffender kann ohne sie schaffen, denn er muß das, was sein Wille und seine Hoffnung vorausschaut als eine große Möglichkeit, das muß er vor sich sehen, kraft seiner Phantasie. Kein Politiker, kein Industrieller, kein großer Handelsherr ohne Phantasie. Hätte Bismarck keine Phantasie gehabt, wären wir kein einiges Deutschland geworden! Mein Vater, der scheinbar so kleine bescheidene Ingenieur, besaß einen ganzen Posten davon – mehr als Geld – das weiß Gott. Aber er besaß die Wunderkraft der Menschen, die an ihr Ziel glauben. Und dann hatte er diese fanatische Heimatsliebe der Hanseaten, die auf so zähen Stolz gebaut ist. Vielleicht sind sie darin den Schweizern noch über, denke ich oft. Und er erkannte: Industrie, große Industrie muß sein – sie allein kann dem alten Stadtstaat wieder Blüte bringen – und dies Landgebiet, das sie an den Ufern der Trave hat, so nahe der Ostsee. – Daß man hier ein Hüttenwerk anlegen könne, das schien fast unglaublich. Die Menschen, die was davon verstanden, die sagten: eines muß doch von Natur aus da sein: Erz oder Kohle – aber beides heranschaffen – das macht ja die Produktion zu teuer. Aber er blieb fest. Er rechnete vor: wenn das Heranschaffen von Erz und Kohle auch große Kosten verursache, dafür habe man den billigen Wasserweg für das fertige Produkt und die Zufuhr von fremden Erzen, die sich schließlich die Binnenlandwerke auch auf weiten Transportwegen heranbringen lassen müssen. Mit was für Engelszungen muß er geredet haben! Wer widerwillige Scheckbücher zum Aufblättern bringt – na, der muß schon was Suggestives an sich haben.«

      Klara hörte andächtig zu. Sie hatte ein unersättliches Interesse an allem, was sein Werk und sein Leben und sein Haus betraf.

      »Das Kapital war aber viel zu klein, mit dem er anfing – er selbst verstand auch nichts von Hüttenchemie – kann sein, daß er nicht von vorn an die rechten Leute neben sich hatte. Es war ein Tasten und Ringen – ein Sorgen und Arbeiten, und immer die Gefahr des Zusammenbruchs neben sich. Ja: toll! Was für Jahre! Und die Ehrenhaftigkeit meines Vaters, an dem die verzweifelte Angst zehrte, fremdes Geld könne durch ihn verloren gehen … Na, das hat ihn ja auch vor der Zeit aufgerieben. – Als Junge von vierzehn mußte ich schon hinaus – lernen – lernen. – Wenn man so im Sorgendunkel aufwächst, sieht man scharf ins Helle hinaus. – Und ich sah bald, woran es bei uns lag. Ich biß die Zähne zusammen und schwor mir: ich mach’s! Als der Vater starb, war ich ein Jüngling von zwanzig und beim Grafen Stürkgen in Schlesien in Stellung – zwanzig Jahre, und sollte ein verschuldetes Werk übernehmen, das teilweise falsch angelegt war und auch an seiner Kleinheit krankte – gewisse Unternehmungen brauchen von vornherein große Dimensionen.

      »Nun, der Graf Stürkgen hatte ja wohl Vertrauen zu mir. Er gab mir seinen Direktor mit – einen Mann von kolossalem Wissen und Können. – Der sah sich alles an, prüfte alles durch. Und Stürkgen wagte es, auf den Bericht hin, mich zu stützen. Da fingen Jahre an! Donnerwetter! Die ersten sieben forderten was … Dann sah man: es kommt! Im zehnten hatt’ ich den Sieg! Und vor fünfzehn Jahren gewann ich mir Thürauf als Mitarbeiter. Er ist der eigentliche Schöpfer all unserer Nebenproduktionen, die unsere Erträge fast verdoppelten …«

      Er verlor sich in Nachdenken.

      Das junge Mädchen wagte kaum, sich zu rühren.

      Sie spürte wohl, dieser Rückblick war nicht leicht. Aller Stolz kann den Sieger nicht vergessen machen, was der Kampf ihn gekostet.

      »Ja, das Schicksal hat mich an die rechte Stelle gesetzt,« sprach er dann weiter, »ich hatte gerade die Fäuste, die hier zum Anpacken nötig waren. Eins war bitter … Mein Vater hätte noch erleben müssen, was aus ›Severin Lohmann‹ zu werden begann. Er war keiner von den verblendeten Vätern, die den Söhnen nichts zutrauen. Er schickte mich ja gerade so früh hinaus, weil er mich als Mitarbeiter haben wollte. Bin ihm auch immer dankbar, daß er dem Werk seinen eigenen Namen gab, es nicht nach einem symbolischen Vogelvieh oder nach einem griechischen Gott taufte, was ihm vielleicht nicht ganz fern gelegen hätte. Na, nun sind Werk und Mann eins – auch dem Namen nach – und daß mein Junge den sentimentalen Wynfried vor seinem Severin Lohmann tragen muß, das war eines von den Ärgernissen, СКАЧАТЬ