Stille Helden. Boy-Ed Ida
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Stille Helden - Boy-Ed Ida страница 5

Название: Stille Helden

Автор: Boy-Ed Ida

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ Diese feinen klugen Züge, den etwas herben Mund, die tiefen grauen Augen – er kannte sie seit vielen, vielen Jahren.

      »Klara!« sagte er lautlos zu ihr hinab. Und er meinte eigentlich doch eine andere Klara. Die, die längst von den Enttäuschungen ihres Lebens ausruhte, in jener Ruhe, die nichts mehr von sich weiß, nicht einmal die Wohltat fühlt, daß alle Not zu Ende ist …

      Ihre Tochter! Die Tochter der Frau, die er geliebt und nie besessen hatte. –

      Zuweilen dachte er: Wenn die Welt das wüßte! Lachen würde sie, lachen darüber, daß Severin Lohmann das Andenken an eine entsagungsvolle Liebe heilig hielt.

      Er aber fühlte tief: auch der Rauheste, auch der Größte, auch der Arbeitsriese – er verliert alle Fäden zum Verständnis der Menschen, verliert sich selber in Unbarmherzigkeit und Kälte, wird zur Maschine, wenn er nicht tief in sich ein leises kleines Feuer lebendig hält; und das Verlangen zur Liebe und zum Gedankenspiel mit einer Liebe, das ihm wie allen Sterblichen eingeboren war, hatte ihm sein Weib nicht sättigen können. – Als er acht Tage mit ihr verheiratet gewesen war, wußte er schon, daß eine schöne Larve ihn getäuscht hatte.

      In den schweren und bitteren Erwägungen der heutigen Morgenstunde war das alles wieder zu starkem Leben erwacht, das Leiden und die Entsagung von einst …

      Klara grüßte herauf – und seltsam: anstatt wieder zu grüßen, streckte er nur die Rechte gegen das Fenster. Wie eine verlangende Geste war das: komm!

      Und sie lächelte, er sah es genau. Sie nickte, wie ein unbefangenes fröhliches Mädchen tut, das in gesunder Freudigkeit an seine Pflicht geht.

      Ja sie – sie! Sie war die Gesundheit, sie war die Kraft. Sie war die Jugend, sie war die Schönheit. Die Liebe, das Glück.

      In der Stärke seines Wunsches, in der Herrengewohnheit, Wunsch und Wille sich untrennbar rasch vermählen zu lassen, in der grandiosen Selbstsucht des Verantwortlichen, der nur seine heiligen Zwecke bedenkt, in all diesen großzügigen Gewohnheiten seines geistigen Lebens kam ihm gar nicht die Erwägung, ob er auch Schicksal spielen wollte, vielleicht zum Unheil anderer Menschen.

      Er war wie benommen von dieser Autosuggestion: sie ist zur Retterin meines Sohnes vorbestimmt, zur Erhalterin meines Lebenswerkes. – In ihr kommt ihre Mutter zurück und will durch sie erfüllen, was uns versagt bleiben mußte.

      Als die rasch Dahinschreitende seinen Blicken entschwunden war, setzte er die Klingel in Bewegung, mit einem so heftigen Druck, daß das schrille Geläute drüben im Dienerzimmer gar kein Ende nahm, und dem atemlos herbeilaufenden Georg ward der Befehl: »Ich lasse den jungen Herrn bitten, sich zu mir zu bemühen. Um neun Uhr kommt aber Sylvester und malträtiert mich – also bitte noch vorher.«

      »Sofort!« sagte Georg verängstigt. Denn er sollte eine Bitte überbringen und hatte doch einen Befehl gehört, hinter dem sich das Donnergrollen fürchterlichen Unwetters barg, falls der Befehl nicht augenblicklich befolgt werde … Und wie sollte er das dem jungen Herrn beibringen? Der auf jede Bestellung nur ein lässiges, zweifelhaftes »So–o?« als Antwort hatte.

      Aber es mußte ihm doch gelungen sein, das Dringliche und Bedrohliche des Auftrages fühlbar zu machen. Denn einige Minuten später trat Wynfried Severin Lohmann bei seinem Vater ein.

      Der Sohn war von stattlicher Höhe, wenn er auch den Riesenwuchs des Vaters nicht erreichte, den wohlgeformten Schädel bedeckte hüsches welliges Blondhaar. Vielleicht hatten es zarte Frauenfinger so oft gestreichelt, daß davon eine Lichtung auf der Scheitelhöhe entstanden war. Das Gesicht erschien bei aller Regelmäßigkeit der Züge unauffällig – sagte wenig. Die blauen Augen, die unter schön geschwungenen Brauen standen, blickten leer in die Welt – ob aus Müdigkeit oder Gleichgültigkeit, wer konnte das sagen.

      Und dennoch, so verschieden Vater und Sohn waren, – eine Familienähnlichkeit konnte dem schärfer Zuschauenden doch nicht entgehen. Das war dieselbe Kopfform, dieselbe etwas abgestumpfte Nase, das gleiche Wangenprofil, und wer aufmerksam in Wynfrieds Gesicht hineinsah, konnte darin auch eine Linie bitterer Verachtung entdecken, leidvoller Verachtung vielleicht, die zuweilen den rechten Mundwinkel ein wenig verzerrte. –

      Er war im Morgenanzug – das gesteppte lila Seidenjackett, das weiß und lila gestreifte Seidenhemd kleideten ihn sehr gut, gaben seiner Erscheinung aber doch einen verzärtelten Charakter.

      »Guten Morgen, Vater – verzeih, daß ich so komme – aber es schien eilig. Darf ich fragen: hast du gut geschlafen?«

      »Mag nicht gefragt sein, hab’ mich auch alle die Monate, seit dem Zufall, ohne deine Nachfrage beholfen,« sprach er mürrisch.

      Ja, das wurmte immer wieder, daß der Sohn nicht kam – mit Extrazügen hätte er hereilen müssen. Aber da gerade fing er ja an zu zittern, daß seine Geliebte ihn verlassen könne, und das war wichtiger gewesen, das hatte ihn in Paris, oder wo er grad’ gewesen war, mit eisernen Zangen festgehalten.

      Aber Ruhe! Fassung! Alles vergessen! Zudecken – neu anfangen.

      Der alte Herr sah ihn an. Wie höflich die Frage gewesen war: »hast du gut geschlafen?« Als werde sie an einen Fremden gerichtet, ohne daß einen die Antwort im mindesten interessiere … Jetzt bemerkte er auch den kostbaren Morgenanzug des Sohnes.

      »Höre,« sagte er offen, »ich bin kein kleinlicher Mensch. Wenn du Schulden gemacht hast, und ich in meiner Jugend keine, denk’ ich: na ja, du bist der Sohn eines Millionärs, und ich war der eines hart kämpfenden Anfängers. Und wenn du dich morgens fast wie’n Frauenzimmer in seidene Frühstücksroben hüllst, wozu ich nie Zeit und Geschmack gehabt habe, denk’ ich: andere Generationen, andere Gewohnheiten. Aber so mal ganz unbefangen: die Schulden stoßen mir weniger vor’n Kopf als dieses lila seidene Morgenraffinement. Daß es ohne Schulden und Lehrgeld nicht abgehe, darauf war ich nach der Erziehung gefaßt. Aber daß mein Sohn sich mal so von mir weg entwickeln würde, daß er weibisch tut, das ist mir was Fremdartiges. Nun – Randglosse. Überhör sie, wenn du willst. Und nu setz dich mal da …«

      Wynfried nahm in dem kleinen Klubsessel Platz, der auf der Grenze zwischen Erker und Zimmer, gegen die Mauerecke geschoben, für die Besucher des Geheimrats dastand.

      »Ich will gewiß niemals etwas überhören von dem, was du mir zu sagen wünschest,« sprach der Sohn höflich.

      Er saß da, etwa als habe er bei einem Minister Audienz. Aber seine Haltung war doch nicht mehr ganz so gleichgültig, wie sie noch gestern gewesen war. Dieses furchtbar grollende, schwere: »Was weißt du von mir?«, das ihm sein Vater gestern entgegengeschleudert, hatte ihn die ganze Nacht beschäftigt.

      »Unsere Aussprache gestern ist resultatlos verlaufen, weil wir planlos, ziellos drauflos redeten – wie man so bei der ersten Gelegenheit zur Entladung tut – aber nie tun sollte. Wir wollen heute kürzer, aber praktischer sein,« begann der Vater.

      Wynfried, die Ellbogenspitzen auf den Lehnen des weiten Stuhls, hatte die Finger wagrecht ineinandergeschoben. Dabei kam ein goldenes Kettenarmband zu Gesicht, das sich um das linke Handgelenk schlang.

      »Ähnliches habe ich auch gedacht,« antwortete der Sohn. »Und meine Schulden betreffend, so wollte ich dir erklären, daß ich bereit bin, sie mit meinem mütterlichen Erbteil zu bezahlen.«

      Eine energisch abwehrende Kopfbewegung schnitt diesem Vorschlag den Faden der Weiterentwicklung ab.

      »Du hast noch kein Geld verdient und auch noch keins verdienen können. Die Zinsen deines Muttererbes reichen zwar nicht halb für deine Bedürfnisse – falls du diese nicht sehr einschränken willst. – Aber es ist ja nun mal dein einziges СКАЧАТЬ