Stille Helden. Boy-Ed Ida
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Название: Stille Helden

Автор: Boy-Ed Ida

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ muß mit dir sprechen, dich etwas fragen –«

      Sie legte den Arm um die Erschrockene und zwang sie vom Fenster fort.

      »Du hast mich lieb. In zehn Jahren, seit ich bei dir lebe, hast du es mir bewiesen. Sag liebe, liebe Lamprächtige, würdest du mich belügen, wenn ich dich etwas fragte?«

      »Aber Kind!« Das war ja die alte Frau gar nicht gewohnt, daß Klara so starke Töne anschlug. – Sie war doch fast nie zärtlich, und nie aufgeregt. Und brauchte nun gar die scherzhafte Benennung, die der Geheimrat aufgebracht hatte, in so leidenschaftlicher Weise.

      »Wie sollt’ ich dich wohl belügen wollen! Was ist denn?«

      »Sage mir, was war mein Vater für ein Mann? Und an was starb er in so frühen Jahren?«

      Wie strenge Klara aussah – die geraden Brauen schoben sich näher zusammen, ihre Augen brannten.

      Welche Frage! Mein Gott, hatte sie nicht immer gefürchtet, daß das arme Kind irgendwann einmal den alten Geschichten nachfrage!

      Und wenn Klara etwas so durchaus wollte! Die kleine gute Alte hatte wohl eine dumpfe Erkenntnis davon, daß sie dem Mädchen nicht gewachsen war. In Klara war irgend etwas Starkes. Man spürte es selten. Aber dann war man ganz klein davor …

      »Kind, Liebling, frag mich nicht. Ich muß schweigen.«

      »Ah –« Klara beugte sich näher zu ihr, förmlich Angst bekam die alte Frau. – So drang schon diese Bewegung auf sie ein …

      »Ah – also es ist etwas zu verschweigen …«

      »Ich habe es doch dem Geheimrat versprochen,« klagte sie. »Wäre das nicht wie ein Hochverrat, wenn man ein Versprechen bräche, das dem Manne gegeben worden war?«

      »Er soll es nie erfahren, nie, daß du mir die Wahrheit sagtest. Wenn du sie mir nicht sagst, gehe ich zum Pastor, oder zum Standesamt, von Mann zu Mann, bis ich den finde, der weiß …« drohte Klara. Sie war nun völlig außer sich.

      Also es gab Schmachvolles zu verbergen!

      »Niemand weiß etwas Genaues,« sprach die Alte ängstlich. »Man flüsterte wohl damals … Aber der Geheimrat – du kennst ihn ja. – Er wollte alles versteckt lassen. Und wenn er was will! Dann ist es ja egal, was es kostet. Und er zwingt alle Menschen. Es gelang, alles zu vertuschen.«

      Diese Art, von den Dingen zu sprechen und sie nicht zu nennen, wurde für Klara zur Folter.

      »Sag doch endlich, was denn – was denn …«

      »Nun in Gottes Namen, da du mir gar keine Ruhe läßt, und wenn du mir versprichst, mich nie zu verraten …«

      »Ich verspreche es,« sagte Klara hart und fest.

      Und da Schwätzer immer fest auf die Verschwiegenheit anderer Leute bauen, nahm sie dies Versprechen für einen Schwur.

      Ganz erschöpft war sie, und dennoch im tiefsten Innern vielleicht wie erlöst, daß ihr endlich die Last des Schweigens abgezwungen wurde.

      »Ja,« sagte sie, »dein Vater wollte wohl eins, zwei, drei reich werden. Großes Gehalt, Tantieme. – Das schaffte nicht genug, – woher ihm diese Gier nach Geld kam, weiß ich nicht. Es hieß, er fahre oft nach Berlin, und habe da … Aber nein … na genug, sehr treu war er seiner Frau wohl nicht. – Und er spekulierte. – Obwohl sein Kontrakt es ihm verbot, machte er private Geschäfte, waghalsige Sachen mit Tendenz sogar gegen des Geheimrats Unternehmungen – oder unter Benutzung von ihm bekannten Chancen, die ›Severin Lohmann‹ hätten zugute kommen müssen. – Und so derlei. – Und dann kam ein Tag, wo alles zusammenbrach. So was hat immer kurze Beine und läuft nicht lange. Eines Morgens wurde mein Lamprecht, der ja Arzt bei ›Severin Lohmann‹ und allen Beamten war, aus dem Bett geholt, und es hieß, den Generaldirektor Hildebrandt hat der Schlag gerührt. – Deine Mutter hat eine fabelhafte Geistesgegenwart bewiesen. – Sie ließ keinen von den Dienstboten in das Zimmer, und mein Lamprecht dachte ja gleich: so ein Tod hat böse Gründe. Er ging sofort zum Geheimrat. – Und der nahm alles in seine Hand – die Hand kennen wir – stark, sicher! Noch am selben Tag wurde dein Vater eingesargt und auf Befehl vom Geheimrat mußte mein Lamprecht dabei sein, wie der Deckel geschlossen wurde – damit die Männer nicht das Taschentuch lüfteten, das dem Toten über die zerschossene Stirn gelegt worden war.«

      Klara stand regungslos.

      Nun war der Mund einmal in Bewegung, nun floß die Rede und trug weiter, und die alte Frau legte sich keine Hemmung an.

      »Mein Lamprecht sagte mir, daß wir unverbrüchlich schweigen müßten, der Geheimrat habe es ihm befohlen – später befahl er selbst es auch noch mir, als du zu mir kamst. – Solchem Befehl zu widerhandeln, hätte meinem Mann die Stellung und mir später vielleicht das bißchen Pension gekostet – und dich hätte er mir nicht gelassen. – Das Finanzielle nahm der Geheimrat alles in die Hand. Es muß ihn ziemlich was gekostet haben. Und deine Mutter bekam obendrein noch Pension. Na, und wie er für dich sorgte, weißt du selbst am besten. Mein Lamprecht glaubte immer: das sei alles wegen deiner Mutter – die hätte er wie ’ne Heilige verehrt. Gerade so große Männer haben ja manchmal irgend einen geheimen Idealismus – und in jenen Tagen ist es ihm auch mal so entfahren, er hat zu meinem Lamprecht gesagt: ohne die Frau wär’ ich ’n rauher Autokrat geworden. – Ja Kind – nun weißt du es! Aber – o Gott, wenn du mich an ihn verrätst!« jammerte sie.

      »Ich habe versprochen, zu schweigen,« sprach Klara, »nimm das für einen Schwur.«

      Die alte Frau hörte die tonlosen Worte – aber zugleich blitzte durch ihre Erregung ihr kleines Altweiberinteresse am Nebenmenschen.

      Sie hörte nämlich Schritte treppab kommen und sich durch den Flur der Haustür nähern.

      Mechanisch – es trieb sie – war sie, husch, wieder am Fenster.

      »Der Freiherr von Marning!« flüsterte sie wichtig.

      Da ging Klara hinaus. In ihrem Zimmer stand sie noch minutenlang …

      Sie starrte ins Unbestimmte, sah nicht draußen den Hof mit dem zu hoch aufgeschossenen Lindenbaum und seiner sperrigen Krone, darin der Abendschein Goldglanz entzündet hatte, während unten der schwarze Stamm und die rotbraun gestrichene Stalltür, die seine Linie überschnitt, in melancholischem Schatten lagen …

      Sie sah ein mächtiges graues Haupt und blitzende Herrenaugen …

      Sie wandte sich, blickte im Zimmer umher – ihre Augen blieben an der Uhr hängen – die gelbbronzene kleine Pendelscheibe, eine starke Handbreit unter der größeren gelbbronzenen Zeigerscheibe, ging hin und her und her und hin zwischen den Alabastersäulen, und der kleine Amor von weißem schimmernden Stein fiedelte sein fröhliches stummes Liebeslied …

      Nun schlug die Uhr siebenmal, hell und klingend.

      Es war, als habe der letzte Ton Klaras Haltung getroffen und zerschlagen …

      Sie legte die Hände vors Gesicht und weinte – weinte.

      Was hatte er alles getan – für sie und ihre Mutter!

      Wie ihm jemals genug danken!

      »Wenn ich doch sterben könnte, um ihm damit Gesundheit zu erkaufen!«

      Aber sie wußte wohl, auf solchen Austausch läßt sich das Schicksal nicht ein.

      Wie СКАЧАТЬ