Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
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2. Kapitel Grundlagen › IV. Verfügungen über die Aktie › 3. Übertragung von Aktien in Verwahrung
3. Übertragung von Aktien in Verwahrung
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In der Praxis der Publikumsgesellschaft werden Aktien überwiegend nach den Vorschriften des Depotgesetzes übertragen, wobei eine Übertragung von Aktien in Sonderverwahrung bei einem Kreditinstitut (§ 2 DepotG) wegen ihres hohen Verwaltungsaufwands nur sehr selten vorkommt[69] und damit die Übertragung von Aktien in Sammelverwahrung (§ 5 DepotG) den Regelfall darstellt.
3.1 Sonderverwahrung
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Inhaberaktien und blankoindossierte Namensaktien können bei einem Kreditinstitut in Sonderverwahrung gegeben werden. Der Hinterleger bleibt weiterhin Eigentümer der Aktie. Aufgrund eines durch einen zwischen dem Kreditinstitut und dem Aktionär geschlossenen Verwahrungsvertrag bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses ist der Aktionär mittelbarer Eigenbesitzer und das verwahrende Institut unmittelbarer Fremdbesitzer.[70] Die Übertragung sonderverwahrter Aktien kann sowohl nach §§ 929 ff. BGB erfolgen als auch durch Abtretung gem. §§ 413, 398 BGB.[71] Werden die Aktien gem. §§ 929 ff. BGB übereignet, bemisst sich ein gutgläubiger Erwerb des Erwerbers nach §§ 932 ff. BGB, im Falle der Abtretung scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus.
3.2 Girosammelverwahrung
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Weiterhin können blankoindossierte Namensaktien und Inhaberaktien bei einer Wertpapiersammelbank in Sammelverwahrung genommen werden.[72] Existiert eine Globalurkunde (Sammelurkunde i.S.d. § 9a DepotG), weil durch die Satzung der Gesellschaft der Anspruch des Aktionärs auf Einzel- oder Sammelverbriefung seines Mitgliedschaftsrechts ausgeschlossen ist (§ 10 Abs. 5 AktG), kommt alleine die Girosammelverwahrung in Betracht.[73] In Deutschland ist die einzige Wertpapiersammelbank i.S.v. § 1 Abs. 3 DepotG die Clearstream Banking AG. Wird die Globalurkunde bei dieser sammelverwahrt, sind alle Aktionäre Miteigentümer nach Bruchteilen an der Globalurkunde (§ 6 Abs. 1 DepotG).[74] Weil die §§ 6 ff. DepotG die §§ 1008 ff., 741 ff. BGB weitgehend verdrängen, entsteht zwischen den Miteigentümern eine Bruchteilsgemeinschaft eigener Art,[75] wobei für die Bestimmung des Bruchteils der (rechnerische) Nennbetrag maßgebend ist (§ 6 Abs. 1 DepotG). Da bei der Clearstream Banking AG nur Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute Kunden werden können, erfolgt die Einlieferung der Aktie bei der Clearstream Banking AG zwangsläufig über eine Depotbank. Wird die Aktie durch diese eingeliefert, entsteht ein gestuftes Verwahrungsverhältnis zwischen dem Hinterleger, seiner Depotbank und der Clearstream Banking AG. Gleichzeitig wird die Clearstream Banking AG unmittelbare Fremdbesitzerin, die Depotbank mittelbare Fremdbesitzerin erster Stufe und der Hinterleger mittelbarer Eigenbesitzer auf zweiter Stufe.[76]
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Für die Übertragung eines Miteigentumsanteil an der Sammelurkunde sind die §§ 929, 931 BGB maßgeblich. Zunächst ist eine Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber i.S.d. § 929 S. 1 BGB erforderlich. Die Übergabe erfolgt dadurch, dass der Veräußerer über seine Depotbank die Clearstream Banking AG anweist, mit dem Erwerber oder dessen Depotbank ein neues Besitzmittlungsverhältnis zu vereinbaren.[77] Mit Erlangung des mittelbaren Besitzes, also der Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses, ist auch bei dieser Form der Übereignung gutgläubiger Erwerb gem. § 934 BGB möglich.[78]
Anmerkungen
Bzgl. Inhaberaktien entspricht dies der herrschenden, aber nicht unbestrittenen Ansicht; Einzelheiten unten Rn. 142.
Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 5; Kölner Kommentar/Lutter/Drygala Anh § 68 Rn. 17.
Bejahend Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 5; Marsch-Barner/Schäfer/Gätsch § 5 Rn. 84; Eder NZG 2004, 107, 108; Hüffer/Koch § 68 Rn. 3; K. Schmidt/Lutter/Bezzenberger § 68 Rn. 6; verneinend Kölner Kommentar/Lutter 2. Aufl., Anh. § 68 Rn. 15; Großkommentar/Brändel § 10 Rn. 36.
Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 2 f.
Münch. Anw.-Hdb. AktR/Sudmeyer § 10 Rn. 157.
Hierzu bereits oben Rn. 112.
Einzelheiten bei Kölner Kommentar/Lutter/Drygala Anh. § 68 Rn. 9.
Eder NZG 2004, 107, 108; Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 5.
Eder NZG 2004, 107, 108.
Münch. Anw.-Hdb. AktR/Sudmeyer § 10 Rn. 158.
Geborene Orderpapiere sind auch ohne Orderklausel Orderpapiere, wie z.B. der Wechsel (Art. 11 I WG).
H.M.: Münch. Anw.-Hdb. AktR/Sudmeyer § 10 Rn. 163; MünchKomm AktG/Bayer § 68 Rn. 2; Hüffer/Koch § 68 Rn. 2; Kölner Kommentar/Lutter/Drygala § 68 Rn. 7.
H.M.; Kölner Kommentar/Lutter/Drygala § 68 Rn. 12 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Sailer-Coceani § 14 Rn. 6; Hüffer/Koch § 68 Rn. 4; MünchKomm AktG/Bayer § 68 Rn. 3.