Название: Handbuch des Aktienrechts
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811443150
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Die Möglichkeit der Übertragung von Inhaberaktien durch Abtretung ist zwar nicht ganz unumstritten, entspricht aber der bei weitem herrschenden und zutreffenden Ansicht.[3] Es sind keine Gründe ersichtlich, warum eine Abtretung des Mitgliedschaftsrechts nicht wie bei jedem anderen Recht gem. §§ 413, 398 BGB möglich sein soll. Denn das Mitgliedschaftsrecht, welches ohne Verbriefung fraglos durch Abtretung übertragen werden kann, ändert sich durch die Ausgabe einer Aktienurkunde inhaltlich nicht.[4] Zu beachten ist jedoch, dass ein gutgläubiger Erwerb des Rechts durch Abtretung ausscheidet. Zudem besteht die Gefahr, dass – soweit das Mitgliedschaftsrecht lediglich abgetreten wird und die Urkunde nicht übergeben würde – ein gutgläubiger Dritter Eigentum an der Aktienurkunde und damit zugleich die Mitgliedschaft gutgläubig erwirbt.[5]
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Daneben können Inhaberaktien durch Übereignung der Aktienurkunde nach §§ 929 ff. BGB übertragen werden. Voraussetzung ist indessen, dass die Aktienurkunde an sich wirksam ist[6] und ein wirksamer Begebungsvertrag zwischen Erstaktionär und Gesellschaft abgeschlossen wurde.[7]
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Wird die Aktie nach §§ 929 ff. BGB übertragen, ist ein gutgläubiger Erwerb nach §§ 932 ff. BGB möglich.[8] Dies gilt nach § 935 Abs. 2 BGB selbst für abhanden gekommene Aktienurkunden. Auch § 366 HGB findet auf die Inhaberaktie Anwendung, so dass – bei Veräußerung durch einen Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes – sogar der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis geschützt wird.[9] Da ein gutgläubiger Erwerb ohne weiteres möglich ist, sollte der Erwerber einer Inhaberaktie auch auf die Aushändigung der Urkunde bestehen.
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Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession), z.B. durch Erbschaft oder Verschmelzung zweier Gesellschaften, geht die Aktieninhaberschaft ohne weiteres auf den Rechtsnachfolger über.[10]
2.2 Übertragung von Namensaktien
2.2.1 Übertragung von nicht vinkulierten Namensaktien
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Bei Namensaktien handelt es sich um geborene Orderpapiere[11] und keine Rektapapiere, weil keine besondere Orderklausel für die Übertragung erforderlich ist.[12]
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Die Übertragung von Namensaktien kann gem. § 68 Abs. 1 S. 1 AktG durch Indossament erfolgen. Diese Übertragung erfolgt durch schriftliche Übertragungserklärung auf der Aktienurkunde oder einem fest mit dieser verbundenen Anhang und Übereignung der Urkunde nach §§ 929 ff. BGB.[13] Alternativ ist auch die Übertragung einer Namensaktie durch ein Blankoindossament (Art. 13 Abs. 2 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG) möglich. In diesem Fall reicht die Übereignung der Urkunde nach §§ 929 ff. BGB aus, so dass eine blanko indossierte Namensaktie insoweit wie eine Inhaberaktie übertragen werden kann.[14] Nur mit einem Blankoindossament versehene Namensaktien sind börsen- und sammeldepotfähig, da sie so vertretbar i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 DepotG werden.[15]
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§ 68 Abs. 1 S. 2 AktG ordnet für die Übertragung durch Indossament die sinngemäße Anwendung des Wechselrechts an, wodurch Legitimations- und Transportfunktion des Indossaments begründet werden.[16] Zunächst wird durch Art. 16 Abs. 1 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG zugunsten des durch ununterbrochene Indossamentenkette ausgewiesenen Indossatars die (widerlegbare) Vermutung begründet, dass er rechtmäßiger Inhaber der Urkunde ist (sog. Legitimationsfunktion).[17] Dies gilt auch dann, wenn die Indossamentenkette Blankoindossamente enthält oder sogar das letzte Indossament ein Blankoindossament ist.[18] Darüber hinaus erweitert Art. 16 Abs. 2 WG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 AktG den Gutglaubensschutz dahingehend, dass bei ununterbrochener Indossamentenkette durch das Indossament die Mitgliedschaft auch dann auf den (gutgläubigen) Erwerber übertragen wird, wenn die Aktie dem eigentlich Berechtigten „irgendwie abhanden gekommen“ ist (sog. Transportfunktion).[19] Voraussetzung ist jedoch stets, dass die übertragene Mitgliedschaft besteht.[20]
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Daneben ist aber ebenfalls eine Abtretung von Namensaktien nach §§ 398, 413 BGB zulässig, was sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 AktG („auch“) ergibt.[21] Umstritten ist jedoch, ob neben der Abtretung der Mitgliedschaft auch die Aktienurkunde übergeben werden muss. Die Rechtsprechung und Teile der Literatur verlangen zusätzlich eine solche Übergabe der Urkunde nach § 929 S. 1 BGB oder ein Übergabesurrogat,[22] wohingegen die überwiegende Ansicht im Schrifttum dies mit Recht für nicht erforderlich hält,[23] denn aus §§ 398, 413 BGB lässt sich das Erfordernis einer Übergabe oder eines Surrogats nicht herleiten. Zu beachten ist indessen, dass die Übertragung allein durch Abtretung zu einer Unterbrechung der Indossamentenkette führt und damit bei weiteren Übertragungen kein Gutglaubensschutz mehr besteht. Im Fall der Abtretung folgt das Eigentum an der Urkunde der Mitgliedschaft analog § 952 BGB. Die Satzung kann nach h.M. eine Übertragung durch Abtretung nicht ausschließen.[24]
2.2.2 Übertragung vinkulierter Namensaktien
2.2.2.1 Erfasste Rechtsgeschäfte
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§ 68 Abs. 2 AktG macht eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Übertragbarkeit von Aktien, indem er Satzungsregelungen gestattet, durch die die Übertragung von Aktien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden wird (vinkulierte Namensaktien).[25] Die Vinkulierung führt dazu, dass Aktien ohne Zustimmung der Gesellschaft nicht wirksam übertragen werden können. Dies betrifft ausweislich des Wortlauts von § 68 Abs. 2 S. 1 AktG lediglich das dingliche Rechtsgeschäft. Die bloße Verpflichtung zur Übertragung kann demgegenüber wirksam begründet werden.[26] Eine – der Zustimmung der Gesellschaft bedürfende – Übertragung liegt nur im Falle der Einzelrechtsnachfolge vor. Der Wechsel der Inhaberschaft durch Gesamtrechtsnachfolge bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung der Gesellschaft.[27] Ebenfalls von der Vinkulierung erfasst sind sonstige Verfügungen über Aktien, wie bspw. die Verpfändung und die Einräumung eines Nießbrauchs.[28] Dies gilt nicht für die Pfändung vinkulierter Namensaktien im Wege der Zwangsvollstreckung, da andernfalls Vermögenswerte der hoheitlichen Vollstreckung entzogen werden könnten.[29]
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Sehr problematisch ist hingegen die Behandlung von Gestaltungsvarianten, die im Ergebnis zur Umgehung der Vinkulierung führen. Dies kann einerseits durch schuldrechtliche Gestaltungen geschehen, die einer Verfügung über die Aktie wirtschaftlich nahe kommen.[30] Zum anderen könnte aber auch an umwandlungsrechtliche Alternativen zur individuellen Übertragung von Aktien oder an die Übertragung der die Aktien haltenden Gesellschaft[31] gedacht werden. Insoweit ist die Rechtslage weitgehend ungeklärt, so dass bei einer Vinkulierung von Aktien immer auch an flankierende Vertragsgestaltungen gedacht werden sollte. Insoweit bieten sich namentlich Ausschlussklauseln in der Satzung der AG, Aktionärsvereinbarungen oder – soweit es sich bei Aktionären wiederum um juristische Personen handelt – Vinkulierungsklauseln bei der Aktionärin an.[32]
2.2.2.2 Rechtsfolgen fehlender Zustimmung
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