Название: Verteidigung in der Hauptverhandlung
Автор: Klaus Malek
Издательство: Bookwire
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811446458
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gegen…
wegen Verdachts der Beleidigung
beantrage ich, das Verfahren durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen.
Mein Mandant wird beschuldigt, am 3.1.2017 seine Vermieterin, die zur heutigen Hauptverhandlung als Zeugin geladene Gerda Müller, als „ausgemolkene Ziege“ bezeichnet zu haben. Die Zeugin Müller hat zwar am 4.1.2017 Strafantrag gegen meinen Mandanten gestellt. Sie hat jedoch, wie der Verfahrensakte zu entnehmen ist, nachdem sie die Ladung zur Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht erhalten hat, die schriftliche Erklärung zur Akte gegeben, dass sie sich mit dem Angeklagten versöhnt habe und daher keinen Wert mehr auf eine Bestrafung lege. Hierin liegt die Rücknahme des Strafantrags gemäß § 77d Abs. 1 StGB. Da ein zurückgenommener Antrag nicht nochmals gestellt werden kann, liegt mangels wirksamen Strafantrags ein Verfahrenshindernis vor, das zur Einstellung der Sache führen muss.
Anmerkungen
BGH 15, 287, 290; 32, 345, 350; 36, 294, 295.
BGH wistra 2003, 382, 383; OLG Celle NStZ 1983, 233; differenzierend Meyer-Goßner/Schmitt Einleitung Rn. 150 und NStZ 2003, 169 ff.
BGH 20, 292, 293.
BGH 22, 307.
OLG Zweibrücken StV 1998, 66.
BGH wistra 1986, 69.
LR-Gollwitzer § 260 Rn. 102 f.
BGHSt 13, 268, 273; 20, 333, 335; nicht aber, wenn noch umfangreiche Erörterungen zur Schuldfrage notwendig sind, vgl. BGHSt 44, 209, 218; BGH NStZ-RR 1996, 299.
BGH NStZ-RR 2005, 259.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › VIII. Zuständigkeitsrügen
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › VIII. Zuständigkeitsrügen › 1. Allgemeines
1. Allgemeines
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Das Gesetz unterscheidet zwischen der sachlichen (§ 1 ff.), der örtlichen (§ 7 ff.) und der herkömmlicherweise als funktionell bezeichneten Zuständigkeit der Strafgerichte.[1] Die sachliche Zuständigkeit betrifft die Verteilung der Strafsache nach ihrer Art und Schwere auf die erstinstanzlichen, unterschiedlich besetzten Gerichte verschiedener Ordnung.[2] Die örtliche Zuständigkeit bestimmt, welches Gericht erster Instanz unter mehreren sachlich zuständigen Gerichten sich mit der Sache zu befassen hat.[3] Unter dem Begriff der funktionellen Zuständigkeit, den das Gesetz nicht kennt, werden alle Zuständigkeitsregelungen zusammengefasst, die nicht zur sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit gehören.[4] Die Rügemöglichkeiten des Verteidigers und die prozessualen Folgen bei Unzuständigkeit des Gerichts sind je nach der Art der von der Rüge betroffenen Unzuständigkeit unterschiedlich.
Anmerkungen
Zur Überprüfung der Zuständigkeit bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung s. auch Schlothauer Hauptverhandlung, Rn. 224 ff.
Roxin § 7 A I.
KK-Scheuten § 1 Rn. 3.
KK-Scheuten § 1 Rn. 4.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › VIII. Zuständigkeitsrügen › 2. Rüge der sachlichen Zuständigkeit
2. Rüge der sachlichen Zuständigkeit
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Die sachliche Zuständigkeit[1] hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 6). Um die Unzuständigkeit in der Revision geltend machen zu können, bedarf es daher keiner Rüge des Angeklagten. Allerdings sind die Möglichkeiten in der Revisionsinstanz sehr beschränkt. Die Entscheidung eines höheren statt eines niedrigeren Gerichts ist unschädlich,[2] wenn nicht Willkür vorliegt, insbesondere offensichtliche Gesetzwidrigkeit.[3] Hält das Gericht nach Beginn der Hauptverhandlung die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung für begründet, so verweist es die Sache durch Beschluss an das zuständige Gericht (§ 270 Abs. 1). Ein Einstellungsurteil nach § 260 Abs. 3 kommt in diesem Fall nicht in Frage. Dagegen schließt § 269 in Abweichung von § 6 die Abgabe der Sache an ein Gericht niederer Ordnung aus, wenn das Verfahren bereits eröffnet ist. Ein Gericht niederer Ordnung ist der Strafrichter im Verhältnis zum Schöffengericht.
Anmerkungen
Einen Überblick bieten Helm JA 2006, 389 und Wolf JR 2006, 232.
BGH 21, 334, 358; NStZ 1981, 296.