Название: Arbeitsrecht in der Umstrukturierung
Автор: Stefan Schwab
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811476097
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Soweit eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 BetrVG vorliegt, wird der Eintritt solcher Nachteile indes fingiert, ist also nicht gesondert zu prüfen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach Satz 3 nicht den Begriff der „Betriebsänderung“ schlechthin definiert, sondern den der „Betriebsänderung i.S.d. Satzes 1“.[37] Es gilt damit die unwiderlegliche Vermutung, dass die im Katalog des Satzes 3 genannten Fälle wesentliche Nachteile für die Belegschaft mit sich bringen. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei einer Betriebsänderung entfallen daher nicht deshalb, weil im Einzelfalle solche wesentlichen Nachteile nicht zu befürchten sind.[38] Ob ausgleichs- oder milderungswürdige Nachteile entstehen oder entstanden sind, ist bei der Aufstellung des Sozialplans zu prüfen und notfalls von der Einigungsstelle nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. dazu Rn. 165 ff.).
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Der Relativsatz in § 111 Satz 1 BetrVG hat nach der Rechtsprechung des BAG jedoch insoweit eine Bedeutung, als er bei der Auslegung der im Katalog des § 111 Satzes 3 BetrVG enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe wie „wesentliche“ Betriebsteile in den Nrn. 1 und 2 oder „grundlegend“ in den Nrn. 4 und 5 heranzuziehen ist und bei der Prüfung, ob eine Betriebsänderung i.S. dieses Kataloges vorliegt, in Zweifelfällen als „ein Stück Gesetzesbegründung“ das Anliegen des Gesetzgebers deutlich macht.[39]
c) Belegschaft oder erheblicher Teil der Belegschaft
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Gemäß § 111 Satz 1 BetrVG ist weitere Voraussetzung der Mitbestimmung, dass von einer geplanten Betriebsänderung „die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft“ betroffen sind.
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Ob ein erheblicher Teil der Belegschaft betroffen ist, richtet sich nach der Anzahl der von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer.[40] Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sind hierbei die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG als Richtschnur heranzuziehen, allerdings mit der Maßgabe, dass in größeren Betrieben mindestens 5 % der Gesamtbelegschaft betroffen sein müssen.[41]
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Eine starre Frist für die Berechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach den Vorgaben des § 17 KSchG existiert nicht. Nach der Rechtsprechung des BAG sollen geringfügige Unterschreitungen der „Richtzahlen“ des § 17 KSchG unbeachtlich sein, wobei eine Unterschreitung von 50 % als jedenfalls nicht mehr geringfügig bewertet wurde.[42]
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Der im Rahmen des § 17 Abs. 1 KSchG maßgebliche Zeitraum (30 Kalendertage) ist nicht übertragbar.[43] Soweit ein Personalabbau in mehreren „Wellen“ erfolgt, ist vielmehr entscheidend, ob der Personalabbau auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruht.[44] Maßgebender Anknüpfungspunkt für das Mitbestimmungsrecht ist die unternehmerische Entscheidung, aus der sich ergibt, wie viele Arbeitnehmer voraussichtlich insgesamt entlassen werden. Eine einheitliche Planungsentscheidung kann auch eine stufenweise Durchführung vorsehen. Der Unternehmer, der das Vorliegen einer einheitlichen Betriebsänderung bestreitet, welche die Richtzahlen des § 17 KSchG überschreitet, muss daher darlegen und beweisen, dass verschiedene Maßnahmen nicht Teil einer einheitlichen Unternehmerentscheidung sind. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen mehreren Entlassungswellen stellt hierbei nach der Rechtsprechung des BAG ein wesentliches Indiz für eine von Anfang an einheitliche Planung dar.[45] Zwingend ist dies jedoch nicht,[46] denn eine spätere Entlassungswelle kann auch das Ergebnis einer neuen Planung sein. Dies gilt insbesondere, wenn nach der ersten Entlassungswelle neue, vom Arbeitgeber ursprünglich nicht vorgesehene und eingeplante Umstände eingetreten sind.[47] Plant der Arbeitgeber also zunächst nur Entlassungen, die nach ihrer Zahl noch keine Betriebseinschränkung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG darstellen, entstehen keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG. Führt der Arbeitgeber zunächst die beabsichtigten Entlassungen durch, die allein noch keine Betriebsänderung darstellen, und fasst er erst danach auf Grund neuer Umstände den Entschluss zu weiteren Entlassungen, sind die Entlassungswellen mitbestimmungsrechtlich nicht zusammenzurechnen.[48]
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Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber vor der tatsächlichen Durchführung der Maßnahme seine Planung ändert und nun weitere Entlassungen beabsichtigt, die unter Zusammenrechnung mit den bereits geplanten, aber noch nicht durchgeführten Entlassungen die Grenzwerte des § 17 Abs. 1 KSchG überschreiten. Es handelt sich dann nach der Rechtsprechung des BAG um einen einheitlichen Vorgang, der zum Zeitpunkt der Planungsänderung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG auslöst.[49]
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Gegenstand der Mitbestimmung des Betriebsrats ist sowohl hinsichtlich eines Interessenausgleichs als auch eines Sozialplans die vom Arbeitgeber beabsichtigte, noch in der Zukunft liegende Betriebsänderung. Dementsprechend ist in §§ 111 Satz 1, 112 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1, 112a Abs. 1 Satz 1 BetrVG stets von der „geplanten” Betriebsänderung die Rede. Anknüpfungspunkt für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats ist die Planung des Arbeitgebers.[50] Maßnahmen, die später erst entschieden werden, können daher nicht nachträglich zu Lasten des Arbeitgebers zur Bejahung einer Betriebsänderung führen. Ebenso wenig genügt die bloße Tatsache, dass die mehreren Entscheidungen letztlich auf ein und dieselbe wirtschaftliche Entwicklung zurückgehen. Dies macht die jeweiligen Entscheidungen noch nicht zu einer einheitlichen Maßnahme.[51]
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In Betrieben mit 20 oder weniger Arbeitnehmern kann auf die Zahlengrenzen des § 17 KSchG nicht ohne Weiteres zurück gegriffen werden, da hiernach wenigstens 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden müssen. Im Schrifttum ist diese Frage umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Zahlenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG seien fortzuschreiben, so dass eine Betriebsänderung vorliege, wenn 30 % bzw. ein Drittel der Belegschaft entlassen werde. Nach anderer Auffassung ist der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG zu halbieren mit der Folge, dass in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten ein erheblicher Teil der Belegschaft von einer Betriebsänderung betroffen ist, wenn mindestens drei Arbeitnehmer betriebsbedingt ausscheiden. Die Gesetzesbegründung zum Betriebsverfassungsreformgesetz macht jedoch deutlich, dass mit der Anknüpfung des Schwellenwerts in § 111 Satz 1 BetrVG an die Unternehmensgröße an den Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen einer konkreten Betriebsänderung nichts geändert werden sollte. Es war gerade nicht Zweck der Gesetzesänderung, für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben die Anforderungen an eine Betriebsänderung herabzusetzen. Es sollte lediglich verhindert werden, dass sich Unternehmen durch eine organisatorische Aufgliederung in einzelne Betriebseinheiten der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 111 BetrVG entziehen. Hiervon ausgehend sprechen daher die besseren Gründe dafür, auch in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern eine Betriebsänderung durch alleinigen Personalabbau nur dann anzunehmen, wenn hierdurch die Mindestzahl des § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG – sechs Arbeitnehmer – erreicht wird.[52] Das BAG geht dementsprechend folgerichtig davon aus, dass in Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern für eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG durch alleinigen Personalabbau mindestens sechs Arbeitnehmer betroffen sein müssen.[53]
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Nur dann, wenn dieser Schwellenwert überschritten ist, kann mithin davon ausgegangen werden, СКАЧАТЬ