Die Toten von Stade. Irene Dorfner
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Название: Die Toten von Stade

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783754188491

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СКАЧАТЬ war. Sie machte viele Fotos, die sie nicht nur Leo, sondern zuhause allen zeigen konnte.

      Sie schlenderte weiter, denn Zeit hatte sie genug. Wenn Leo sie brauchte, wusste er, wo er sie finden konnte. Sie entdeckte einen Stand, an dem Fischbrötchen verkauft wurden. Lecker. Sie kam mit dem Verkäufer ins Gespräch - von ihrer üblen Laune war inzwischen nichts mehr zu spüren. Auch die Möwen hatten sie wieder ins Visier genommen und scharrten sich um sie, da sie an ihrem Brötchen interessiert waren. Sie kaufte zwei Brötchen, die sie verfütterte. Dass das nicht gerne gesehen war, war ihr gleichgültig.

      Christine hatte die Begegnung mit dem unhöflichen Mann längst vergessen. Dass sie noch mit ihm zu tun bekäme, ahnte sie nicht.

      5.

      Die Klingel der Wohnung schien nicht zu funktionieren, Leo hörte keinen einzigen Ton. Er begann zu Klopfen. Da er nicht vorhatte, klein beizugeben, klopfte er schließlich ohne Unterbrechung.

      Carina erschrak. Sie hatte strikte Anweisung, mit niemandem Kontakt aufzunehmen und mit niemandem auch nur ein Wort zu wechseln. Vorsichtig sah sie durch den Türspion. Ein fremder Mann. Sie nagte hektisch an ihren Fingernägeln, wie sie es immer tat, wenn sie nervös war. Wann ging der Mann endlich wieder? Dann kam ihr die Idee, dass es vielleicht derjenige war, der ihren Mann und den Sohn in seiner Gewalt hatte. Konnte es sein, dass dieser Alptraum endlich ein Ende hatte?

      Leo hatte durch den Türspion gesehen, dass jemand da sein musste. Er wartete und klopfte ununterbrochen, denn er war sich sicher, dass ihm irgendwann die Tür geöffnet wurde. Wenn er etwas wollte, konnte er echt nervtötend werden. Endlich hörte er, wie langsam und fast zaghaft der Schlüssel im Schloss gedreht wurde.

      Leo sah nur einen Teil des Gesichts einer jungen Frau. Er hielt ihr seinen Ausweis vor und reichte den Zettel mit den beiden Sätzen durch den Türspalt.

      Carina war erschrocken. Spontan schloss sie die Tür wieder. Polizei! Zitternd las sie die beiden Sätze, die sie sehr wohl kannte. Woher wusste die Polizei davon? Und was wollten sie von ihr? Ob sie Reiner und Niclas gefunden hatten? War der Mann deshalb hier? Um ihr die Todesnachricht zu überbringen? Ihr wurde schlecht, sie war kurz davor, sich zu übergeben. Vielleicht war es auch nur Zufall, dass die Polizei vor ihrer Tür stand? Das konnte nicht sein, denn sonst hätten sie die Texte nicht. Warum nur diese beiden Sätze und nicht alle? Carina war hin und hergerissen. Ihrem Magen ging es immer schlechter. Das Gefühl kannte sie sehr gut, denn seit sie gekidnappt wurde, hatte sie Magenschmerzen, die immer schlimmer wurden. Sie zitterte und war unfähig, eine Entscheidung zu treffen. Die Minuten vergingen. Was sollte sie jetzt tun? Der Polizist, der vor ihrer Tür stand, würde sich nicht abwimmeln lassen, das war ihr klar. Was war, wenn er nicht wegen Reiner und Niclas hier war? Was würde mit ihr und den beiden liebsten Menschen in ihrem Leben geschehen?

      Leo wartete geduldig. Je länger er hier stand und je länger die Frau nachdachte, desto sicherer war er sich, dass etwas nicht stimmte und die Frau dringend Hilfe brauchte.

      Dann endlich öffnete sich die Tür erneut. Gerade so viel, dass Leo eintreten konnte. Auf der Anrichte lag sein Ausweis, den er wieder an sich nahm. Den Zettel mit den beiden Sprüchen ließ er liegen, er kannte sie inzwischen auswendig. Carina ging voraus und setzte sich auf das schäbige Sofa. Leo sah sofort, dass die blonde Frau niemals hierhergehörte, der alte Herr Jäger und der Postbote lagen völlig richtig mit ihrer Annahme. Leo setzte sich ihr gegenüber.

      „Ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Was ist hier los?“, fragte er ruhig und so hochdeutsch wie möglich, was für einen Schwaben echt anstrengend war.

      „Ich weiß es nicht“, flüsterte Carina und erschrak vor ihrer eigenen Stimme. Es war lange her, dass sie gesprochen hatte.

      Die Frau hatte Angst und schien eingeschüchtert. Das könnte aber auch eine Falle sein. Leo ließ sich von seinem ersten Eindruck nicht leiten.

      „Was ist mit diesen Sätzen?“, stellte er sie auf die Probe. Er hatte nicht lange gebraucht, um hinter das Geheimnis zu kommen, denn so kompliziert war der Code nicht.

      Carina sah Leo an. Wusste er denn nichts? Warum sonst war er hier?

      „Das wissen Sie doch.“

      „Ja, das weiß ich. WIR ALLE RENNEN TROTZ EIS NORDWÄRTS – bedeutet WARTEN. - AFFEN LIEBEN LECKERES ESSEN SEHR, OHNE KARTOFFELN – bedeutet ALLES OK. Wenn man weiß, dass man nur die Anfangsbuchstaben lesen soll, ist das sehr einfach. Können Sie mir auch die anderen Postkarten zeigen?“

      „Nein, die sind alle verbrannt, das war eine Anweisung. Sobald ich die Postkarten gelesen hatte, sollte ich sie verbrennen.“

      „Das ist schade, aber nicht tragisch. Warum das alles? Mit was werden Sie unter Druck gesetzt?“

      Carina zögerte. Ihr war es lieber, wenn der Fremde endlich gehen würde, allerdings tat es auch gut, mit jemandem sprechen zu können. Allerdings setzte sie damit das Leben ihrer Familie aufs Spiel. Durfte sie das? Wäre es nicht besser, sich einfach zu fügen und darauf zu hoffen, dass alles gut ausgehen würde?

      Leo spürte den inneren Kampf der Frau.

      „Reden Sie mit mir, ich kann Ihnen helfen. Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, deshalb bin ich hier. Wenn ich Ihnen nicht helfen kann, stehe ich sofort auf und gehe, versprochen!“

      „Man hat meinen Mann und meinen Sohn. Wenn ich mich nicht an alle Anweisungen halte, werden sie sterben. Ich werde beobachtet. Wenn man Sie gesehen hat, wird das in einer Katastrophe enden. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, bitte gehen Sie!“

      „Gibt es Forderungen?“

      „Nein, aber die können täglich eintreffen. Meine Familie hat Geld und wird jede Summe bezahlen.“

      „Wie lange geht das schon?“

      „Seit dem 9. November. An diesem Tag wurde ich nach einem Friseurbesuch gekidnappt und hierher gebracht. Man gab mir Anweisungen und drohte damit, meine Familie zu töten. Niclas und Reiner sind in Gefahr!“

      „Das habe ich verstanden, bleiben Sie bitte ganz ruhig. Mir ist niemand gefolgt, mich hat niemand gesehen. Haben Sie versucht, irgendjemanden zu kontaktieren?“

      „Wie sollte ich? Es gibt hier kein Telefon, keinen Fernseher und kein Radio. Es wurde mir untersagt, mit irgendjemandem zu sprechen. Die beobachten mich rund um die Uhr! Das ist kein Hirngespinst, sondern die Wahrheit. Ich versuchte ein einziges Mal, eine Tageszeitung während des Einkaufs mitzunehmen. Daraufhin bekam ich sofort einen Brief, das zu unterlassen. Man drohte, mir einen Finger meines Sohnes zu schicken, wenn ich mich nicht strikt an die Anweisungen halte! Ich werde beobachtet! Verstehen Sie nicht, dass Sie das Leben meiner Familie aufs Spiel setzen? Sie dürfen nicht hier sein!“

      Leo sah die ängstliche Frau lange an. Konnte es sein, dass man jemanden dermaßen einschüchtern konnte? Wenn das stimmte, musste er schnell handeln, aber dafür musste sie mitarbeiten. Er musste behutsam vorgehen, um zu ihr durchzudringen und sie auf seine Seite zu ziehen.

      „Ich gehe davon aus, dass Sie nicht Carina Leipert heißen?“

      „Nein, der Name wurde mir gegeben. Ich heiße Carina Schweickert, meinem Vater gehört die Schweickert-Werft.“

      Leo sagte das nichts, aber das war jetzt СКАЧАТЬ