Der Stadtrat in Passau. Alois Huber
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Название: Der Stadtrat in Passau

Автор: Alois Huber

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748564461

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СКАЧАТЬ ihr Verfolger brachte seinen Wagen nicht in gleichen Augenblick zum Stehen, sondern erst, als das rechter Vorderrad bereits auf das Fahrrad geprellt war. Das Fahrrad wurde kräftig verbeult. Und außerdem landeten ein kleines Dutzend appetitlicher Bockwürste auf dem Pflaster. Sie stammten aus einem geplatzten Karton, den die Radlerin auf dem Vorderrad–Gepäckträger mitgeführt hatte.

      „Oh, verdammte Scheiße!“, rief Marvin. Mit einem Satz war er dann aus dem Wagen. „Sind Sie verletzt?“

      „Es ist gut gegangen“, entgegnete die Radlerin verwirrt.

      Doch gleich darauf starrte sie ihn an, als hätte sie nach diesen Worten die Sprache verloren. Natürlich war sie über ihr Missgeschick bestürzt und voller Zorn auf den Mann, der es durch seine Unverfrorenheit verursachte. Aber, seltsam genug, sie brachte weder eine Klage noch einen Vorwurf heraus. Sie stand nur da und staunte.

      Allerdings gab es auch einiges zu bestaunen. Marvin Buschinski war ein gut aussehender und sehr flotter junger Mann. Und er nahm den Zwischenfall auch keineswegs tragisch. Im Gegenteil! Mit einer geradezu diebischen Freude zerrte er das ramponierte Fahrrad unter seinem Wagen hervor, lehnte es ohne ein Wort des Bedauerns an den nächsten Baum und machte sich alsdann an das Aufsammeln der Bockwürste.

      „Vier, sechs, neun, zehn!“, zählte er laut. In die elfte biss er herzhaft hinein und ließ es sich gut schmecken.

      Fassungslos stand inzwischen die Radlerin dabei. Aber ihr Schock und ihr Zorn schienen sich überraschen schnell gelegt zu haben. Jetzt strahlte ihr Gesicht in einer verblüffenden Heiterkeit.

      „Sagen Sie“, rief sie auflachend, „sind Sie immer so dreist und unbeschwert, wenn Sie einen Verkehrsunfall verursacht haben?“

      „Je nachdem!“, entgegnete er kauend. „Es gibt Unfälle, die einem willkommen sein können. Im Übrigen ist dies der erste, den ich jemals verschuldete.“

      „Donnerwetter, welche erstaunliche Offenheit! Mein Pech war Ihnen also willkommen, und Sie geben ohne weiteres zu, schuld daran zu sein?“

      Marvin grinste. „Ohne weiteres! Das heißt – dass ich schuldig wurde, das machten nur die Beine von Dolores!“

      „Wieso Dolores? Ich heiße Amelie.“

      „Amelie – großartig! Ich nenne mich Marvin.“

      Belustig schüttelte sie den Kopf. „Aber – wieso Beine?“

      „Ich konnte mich nicht satt daran sehen.“

      „Puh! Und deshalb brachten Sie mich so in Verwirrung? Da sehen Sie, was dabei herausgekommen ist: ein kaputtes Fahrrad und verdorbene Bockwürste! Hoffentlich sind Sie nun auch bereit, den Schaden zu tragen.“

      „Bedenkenlos, Fräulein Amelie! Das Rad werde ich in Passau wieder aufs Beste herrichten lassen, und die Würste bezahle ich gleich. Es sind elf Stück. Wie viel macht das?“

      „Nein, ich nehme kein Geld! Regeln Sie das lieber mit Gastwirt Hackauflauf drüben in der Waldschenke. Bei dem sollte ich das Paket Bockwürste nämlich abliefern.“

      „Schön, ich werde sogleich dorthin fahren. Und Sie, Fräulein Amelie?“

      „Ich muss auch zur Waldschenke.“

      „Ausgezeichnet! Doch warum stehen wir noch hier? Bitte, steigen Sie ein!“

      Nur einen Augenblick zögerte sie. Doch als er die Wagentür aufgerissen hatte, nahm sie ohne Widerrede Platz. Marvin geriet vor Freude darüber fast aus dem Häuschen. Hurtig hob er das beschädigte Fahrrad auf das zusammengerollte Verdeck, befestigte es mit einigen Riemen, die er glücklicherweise zur Hand hatte, und setzte sich dann wieder hinter das Steuer.

      „Wohnen Sie etwa in der Waldschenke, Fräulein Amelie?“, fragte er unvermittelt.

      „Nein, ich wohne in der Stadt. Ich muss nur hinaus, weil mein Tennisclub heute Abend dort ein internes Vergnügen feiert. Dazu hatte, nebenbei gesagt, Herr Hackauflauf auch die Bockwürste bestellt.“

      „Aha! Aber Tennisclub sagen Sie? Richtig, Dennis wollte ja auch hin. Vorgestern erzählte er mir das. Kennen Sie Dennis Schläger?“

      „Den jungen Rechtsanwalt? Natürlich! Er ist ein eifriges Mitglied unseres Clubs.“

      „Und mein bester Freund. Wir haben zusammen in München studiert“, setzte Marvin Buschinski frohlockend hinzu. „Na, das nenne ich Glück!“

      Amelie sah ihn forschend von der Seite an. Zum Kuckuck, überlegte sie, er ist ein Freund von Dennis, und ich kenne ihn nicht?

      „Warum nennen Sie das Glück?“, fragte sie in wachsender Neugier.

      „Wo Dennis Vergnügen feiert, da kann auch ich mitmachen“, erklärte Marvin zu ihrer Überraschung. „Hoffentlich schwingt Ihr Club heute Abend auch das Tanzbein!“

      „Selbstverständlich!“

      Er warf sich in die Brust und deutete einen Bückling an.

      „Wenn dem so ist, gnädiges Fräulein – darf ich mir dann erlauben, Sie schon um alle Tänze zu bitten, die man dort aufs Parkett zu legen geneigt ist?“

      „Oh, Sie sind ja recht bescheiden!“

      „In diesem Fall auf keinen Fall!“, dozierte er. „Außerdem habe ich nach der schuldhaften Demolierung ihres Fahrrades doch auch die Verpflichtung, Ihnen zur Rückkehr nach Haus meinen Wagen zur Verfügung zu halten.“

      „Wahrhaftig! Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Aber wollen Sie nicht endlich losfahren?“

      „Bei Gott, ja! Mir kribbeln jetzt schon die Tanzbeine! Nur schnell noch eine Frage, Fräulein Amelie: Ich bin etliche Jahre von Passau abwesend gewesen und kenne mich unter den fünfzigtausend Einwohnern nicht mehr recht aus – wo wohnen Sie, bitte?“

      „Am Residenzplatz“, antwortete sie wahrheitsgemäß.

      „Sieh an! Im Angesicht des heißumstrittenen Denkmals unseres Dichterfürsten Hans Carossa also! Gestatten Sie? Ich bin der Urenkel dieses unsterblichen Passauer Dichters – Marvin Buschinski, seit zweieinhalb Monaten Doktor der Rechte und Juniorchef einer nicht unbekannten Keksfabrik.“

      In diesem Augenblick wurde Amelie ganz blass.

      „Du liebe Zeit – Marvin Buschinski?“, stammelte sie bestürzt.

      „So heiße ich, seit ich vor sechsundzwanzig Jahren getauft wurde“, beteuerte er arglos.

      „Nein, welch ein verrückter Zufall! Wissen Sie, wer neben Ihnen sitzt?“

      „Ein bezauberndes Menschenkind, dem ich mein Herz zu Füßen legen möchte!“, jubelte Marvin.

      „Spaßen Sie nicht, Herr Doktor Buschinski! Dieses Menschenkind ist nämlich – Amelie Kälberer, Tochter jenes garstigen Metzgermeisters am Residenzplatz, der sich wegen besagten Denkmals Ihren Herrn Vater zum Erzfeind gemacht hat!“

      „Nee ...!“, fuhr Buschinski Junior da auf. „Tatsächlich? Das ist wahr? Dann – dann sind wir beiden die Kinder feindlicher СКАЧАТЬ