Название: Spiel mit dem Feuer
Автор: Samantha Prentiss
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783746784489
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Hoffentlich würde Clairé Beauvais nicht umsonst auf sie warten, denn sie hatte den Fehler begangen, den Brief, den ihr Lennox vor einer Woche anvertraut hatte, in ihrer Handtasche mitzuführen, weil sie der Meinung war, dass er dort am besten aufgehoben wäre. Ein Fehlschluss!
***
Kapitel 6
Leonard Edwards hatte damals, als die Körperfülle verteilt worden war, wahrscheinlich gleich mehrfach ›Hier!‹ gerufen, weshalb er von Clairé Beauvais auch heimlich ›Fatso‹, Fettsack, genannt wurde. Auf jeden Fall hatte er eine gewisse Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Schauspieler Charles Laughton in seinen späten Jahren. Aber die äußere Erscheinung täuschte über die ungeheure Energie hinweg, die dem Mann innewohnte. Sein bürgerlicher Tarnberuf war der eines Rechtsberaters der Großindustrie und ›High Society‹. In Wirklichkeit aber hatte er einen gewissen politischen Ehrgeiz und Freunde im Unter- und Oberhaus. Als Patriot arbeitete er längere Zeit für den britischen Auslandsgeheimdienst, dem ›Secret Intelligence Service‹, der den meisten besser als ›MI6‹, ›Military Intelligence, Section 6‹ bekannt war. Seine Aufgabe war es gewesen, nach gängiger Geheimdienstmanier Vertrauensleute in Firmen, gesellschaftlichen Gruppen, politischen Vereinigungen anzuwerben, die durch politische Unterwanderung und durch mafiaähnliche Strukturen gefährdet waren.
Verärgert durch das ständige Aneinandervorbeiarbeiten der großen Organisationen ›SIS‹, ›Defence Intelligence Staff‹, ›MI5‹ und Justizministerium, setzten politische Freunde im Parlament in einem Geheimausschuss für die Schaffung einer Art Superjobs durch. Er sollte in speziellen Fällen die Aktionen der britischen Geheimdienste und Spezialeinheiten koordinieren. In seinem Büro, verborgen hinter einer Tür, hinter die nicht einmal Clairé Beauvais einen Blick werfen durfte, liefen also alle wichtigen Fäden zusammen.
Es war kein Wunder, dass sie sich direkt mit ihm in Verbindung setzte, denn ›Fatso‹ war für ihren einträglichen Nebenjob verantwortlich. Eines Tages war er auf die Idee verfallen, das Luxus-Callgirl für den Geheimdienst zu akquirieren, um so eine gute Plattform für wichtige Operationen und vor allem eine ausgezeichnete, gut florierende Informationsquelle aus dem Bett und darüber hinaus zu haben.
Dennoch war Clairé nach wie vor eine freie Mitarbeiterin geblieben. Sie sah in ›Fatso‹ nicht ihren Chef, sondern nur einen Auftraggeber.
Wie immer war Edwards sofort am Apparat, als sie seine Nummer wählte. Sie hatte ihm vom Tod Lennox Walshs berichtet, und er hatte alles Erforderliche veranlasst. Nachdem alles überstanden war, telefonierten sie ein weiteres Mal.
»Miss Beauvais«, beschwor Leonard Edwards sie, »Sie schweben jetzt in ständiger Lebensgefahr. Die Gangster sind auf Sie aufmerksam geworden. Vielleicht wäre es besser, Sie tauchten zunächst für eine Weile unter.«
»Das ist doch nicht Ihr Ernst, Mr. Edwards? Das wäre ja das erste Mal, dass ich kneife, nicht wahr?«
Edwards holte tief Luft und seufzte. »Von mir bekommen Sie jedenfalls keinen Auftrag in diese Richtung, falls sich das erhofft haben.«
»Chief Inspector Walsh war ein guter Freund«, gab Clairé zu bedenken.
»Warum überlassen Sie die Sache nicht einfach seinen Kollegen? Halten Sie die etwa für unfähig?«
»Ich überlege die ganze Zeit, warum Walsh die Angelegenheit mit Zack Richards für sich behalten hat«, wich Clairé aus. »Was wissen Sie eigentlich über den Fall, Mr. Edwards?«
»Nun, der Mord am Abgeordneten Mitchell war als Unfall getarnt, aber er war ein gewichtiger Mann und die Tarnung platzte. ›MI5‹ und ›MI6‹ wurden eingeschaltet und arbeiten mit dem Yard Hand in Hand. Allerdings klappte die Zusammenarbeit nur zu Beginn. Man merkte, dass Chief Inspector Walsh plötzlich seine eigenen Wege zu beschreiten schien, kümmerte sich aber nicht weiter darum, weil er den Geheimdienstkollegen nicht in die Quere kam. Bis man dann im Arbeitszimmer des Ermordeten die unbekannte Leiche eines Selbstmörders fand.«
»Hatte man denn keinen Verdacht, wer der Tote sein könnte?«
»Einen Verdacht schon«, erwiderte Leonard Edwards, »aber keinerlei Beweis. Auch die Jungs vom ›MI6‹ dachten sofort an Zack Richards, hielten den Leichenfund aber vorerst geheim.«
»Was wissen Sie über den Mann?«
»Leider nicht allzu viel, wie ich zugeben muss. Wahrscheinlich ist der Name ein Pseudonym. Er tauchte immer mal wieder auf. Manchmal wurde vermutet, dass sich dahinter eine ganze Gruppe verberge. Inzwischen ist natürlich alles getan worden, die gefundene Leiche zu identifizieren … Leider erfolglos. Wenn es stimmt, was Walsh Ihnen erzählte, und eigentlich habe ich daran keinen Zweifel, dann dürfte in der nächsten Zeit noch so einiges passieren. Die erwähnten Tagebücher dürften hochbrisantes Material enthalten.«
»Und Sie wollen, dass ich mich heraushalte, Mr. Edwards?«, warf ihm Clairé vor.
»Das müssen Sie verstehen, Miss Beauvais. Die eigentlich Betroffenen werden bei dem sich anbahnenden Kampf wohl kaum selbst in Erscheinung treten, sondern ihre Handlanger, kleine Ganoven, schicken. Das ist nicht ihr Gebiet.«
»Ich würde Ihnen darin zustimmen Mr. Edwards, wenn ich wirklich vorhätte, mich mit den Kleinen zu messen«, entgegnete sie forsch. »Meine Pläne sehen allerdings ein wenig anders aus.« Clairé brach das Gespräch ab. Grübelnd lehnte sie sich in die Polster zurück. Sie war Edwards gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen. Natürlich konnte von echten Plänen nicht die Rede sein, denn ihr fehlte noch jeglicher Ansatzpunkt. Diesbezüglich befand sie sich in einer Sackgasse, wie sie sich eingestehen musste.
Wenig später erhielt sie die Nachricht, dass Lennox Walsh eine Verlobte und sich diese Isabelle Parker explizit nach ihrem Namen erkundigt hatte. Der Anruf kam direkt von Edwards, die Nachricht selbst allerdings auf dem Umweg über Scotland Yard. Die Tatsache, dass Edwards es aber solcherart unterstützte, bewies ihr, dass er sich längst mit ihrem Alleingang abgefunden hatte.
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