Abitreffen. Carlo Fehn
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Название: Abitreffen

Автор: Carlo Fehn

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783737581424

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СКАЧАТЬ besten Leberkäse gibt!«

      Er hatte seine Hände dazu wie ein Megafon vor seinem Mund geformt und so laut gebrüllt, dass er sicher war, seine Sekretärin musste es auch gehört haben. Büttner und Hermann schauten sich verdutzt an. Pytlik machte weiter.

      »Aber das ist wieder ganz typisch! Und ich sage euch als Oberfranke – ja ich bin seit einem halben Jahrhundert hier und ich bin ein Oberfranke! –, dass wir, vor allem immer nur darauf schauen, dass uns die in München ja nicht mögen, uns vergessen, uns keine Autobahn vor die Haustür bauen und überhaupt: Für die gehören wir ohnehin schon zu Thüringen. Das ist das, was natürlich auch unsere Kinder hier schon mit auf den Weg bekommen. Da war ich kürzlich auf der Frankenwaldmesse, und nachdem ich mit meiner Runde fast am Ende war, hab ich so für mich festgestellt: Wow, ist doch der Hammer, was unsere Region so alles zu bieten hat! Da traf ich dann eine alte Bekannte von früher, die jetzt in Finanzen macht. Ich sprach sie ganz nett an und wollte wissen, wie es denn so läuft und wie sie zufrieden war. Da schaute die mich an, so als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen und sagt mir, dass wir uns vor denen da unten überhaupt nicht verstecken müssten und es keinen Grund gäbe, sich klein zu machen.«

      Büttner und Hermann schauten sich fragend an.

      »Ja, ganz genau! So habe ich auch geschaut, als ich das hörte. Viele denken hier bei allem, was sie machen immer nur daran, wie das eben woanders ankommt und wahrgenommen wird. Das ist wirklich so mein Eindruck, und dabei sollten wir erst einmal anfangen, mit uns selbst klarzukommen.«

      »Naja, ganz Unrecht hast du da sicherlich nicht«, nickte Hermann zustimmend.

      Büttner interessierte sich brennend dafür, wer denn wohl Pytliks alte Bekannte war.

      »Schau doch mal bei uns in die Stadt«, fuhr Pytlik fort.

      »Sagen wir mal, wir haben im Innenstadtbereich aktuell vielleicht so ein Dutzend Leerstände bei Ladenimmobilien.«

      »Könnte hinkommen«, bestätigte Pytliks Assistent. Der Hauptkommissar führte seine Überlegungen fort.

      »Gibt es da irgendwelche sinnvollen Vorschläge, Konzepte oder Projekte, wie man da wieder Leben reinbekommt? Junge Unternehmer, Leute mit innovativen Geschäftsideen, Menschen, die vielleicht einfach mal was probieren wollen. Muss man denen denn gleich einen Fünfjahresvertrag mit zwei Jahresmieten im Voraus aufs Auge drücken? Nein, muss man natürlich nicht! Aber, so wie ich das einschätze, sind die Eigentümer und Vermieter ja gar nicht daran interessiert, irgendwelche sinnvollen Konzepte umzusetzen!«

      Pytlik hob entschuldigend die Hände und tippte mit der Fingerspitze ein paar Krümel vom Tisch, die er anschließend in seinem Mund verschwinden ließ. Aber er war noch nicht am Ende.

      »Und dann diese ständigen Querelen! Bloß dem Einen nix gönnen, nur den Anderen nicht auch mal unterstützen, wenn es darum geht, dass man als Gemeinschaft vielleicht wieder ein paar Weichen für die Zukunft richtiger stellen kann, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen war. Da sagt der Eine, das sei alles Scheiße, wie es der Andere mache. Der Andere wiederum spricht dem Einen die Kompetenz dafür ab, irgendetwas überhaupt sinnvoll zu machen. Und letztendlich stehen sowohl auf der einen als auf der anderen Seite sich immer ein paar Leute gegenüber, die sich persönlich einfach nicht riechen können!«

      »Und als Ergebnis bleibt die Gemeinschaft auf der Strecke. Du hast schon Recht, und ich weiß, was du meinst«, pflichtete Hermann dem Hauptkommissar bei. Der wiederum schien sich nun langsam zu beruhigen.

      ***

      Dieser Freitag stellte sich für Hauptkommissar Pytlik immer mehr als ein gebrauchter Tag heraus. Gegen Mittag hatte er beschlossen, Gundi Reif noch ein paar nette Worte mit ins Wochenende zu geben. Als er hinüber zu ihr gegangen war, angeklopft und die Tür geöffnet hatte, musste er jedoch feststellen, dass seine Sekretärin allem Anschein nach schon nach Hause gegangen war. Frustriert schüttelte er den Kopf und ging zurück an seinen Schreibtisch. Draußen hatte sich der Nebel mittlerweile verzogen und das erste Oktoberwochenende grüßte mit einem freundlichen Gesicht.

      Nachdem Pytlik keine dringenden Dinge zu erledigen hatte und die abzuarbeitenen Stapel nicht nach sofortiger Erledigung brüllten, beschloss auch er, den Computer an diesem Tag etwas eher runterzufahren. Kurz nach 16 Uhr verabschiedete er sich von seinem Assistenten.

      »Also dann, Cajo, ein schönes und hoffentlich ruhiges Wochenende! Grüß deine Bernadette von mir! Bis Montag!«

      »Alles klar, Franz! Danke, werde ich machen!«

      ***

      Die Luft war klar, die Sonne färbte das am Boden liegende Herbstlaub in schöne Farben und Hauptkommissar Pytlik schmiedete ein paar mögliche Pläne für die nächsten beiden Tage. Ein Ausflug nach München zum Wandern mit seinem Bruder schien ihm zu kurzfristig. In seinem Garten war einiges zu tun und wenn das Wetter so bleiben sollte, überlegte er, dann wäre das eigentlich eine gute Gelegenheit, schon ein paar Vorbereitungen für die kalten Monate zu treffen. Ja, dachte er, das war eine gute Idee. Eventuell würde sich auch ein letztes Grillen anbieten; dafür würde er mit seinem Kumpel Heiner telefonieren. Er freute sich nun wirklich auf das Wochenende.

      Und er begann es mit einer Einkehr im Backhaus, wo er sich zu einer Tasse Kaffee zwei Puddingbrezeln bestellte und sich dann an einem Stehtisch in unmittelbarer Nähe zu zwei Männern gesellte, die bereits in ein angeregtes Gespräch vertieft waren und die Pytlik beim ersten Hinsehen auf Mitte dreißig schätzte. Wochenende hin oder her: Er war eben ein Kriminalist!

      Der eine der beiden Männer hatte einen unüberhörbaren Dialekt, den Pytlik nach kurzem Überlegen als Hessisch erkannte. Der Blick aus dem Fenster bestätigte den Kronacher Ermittler, da er einen roten Sportwagen mit Hanauer Kennzeichen sehen konnte, dessen Verdeck geöffnet war und die Sicht auf das luxuriös anmutende Innere der Karosse ermöglichte. Dass der Wagen auf dem Behindertenparkplatz stand, war natürlich nicht in Ordnung, und hätte sich Pytlik an diesem Tag nicht schon im Büro ärgern müssen, wäre er der Sache sicherlich nachgegangen. Er vereinbarte das kurz mit sich selbst und beschloss, den Macho mit den schwarzen gegelten Haaren touristenfreundlich gewähren zu lassen.

      Mit der Puddingbrezel war es bei Pytlik genauso wie mit der Leberkässemmel. Ein immer wiederkehrendes, den Geschmackssinn betörendes Ritual, dem sich der Hauptkommissar regelmäßig hingab. Zunächst hatte er sich deswegen nicht auf die beiden Männer konzentriert, sondern den Verzehr der klebrig-süßen Teile genossen. Nach und nach wanderte sein Gehör allerdings zum Nebentisch, und sowohl Inhalt als auch Art und Weise des Dialogs erschienen Pytlik mehr und mehr suspekt. Da standen allem Anschein nach zwei Typen, die damals zusammen in Kronach aufs Gymnasium gegangen sind und sich heute nach sehr langer Zeit wieder einmal trafen. Der eine, der mit dem Sportwagen vor der Tür, der den teuren Pullover lässig um seine Schultern gebunden hatte, so dass man auf jeden Fall auf dem Hemd das Logo der Edelmarke sehen konnte, erzählte unablässig davon, wie erfolgreich, beliebt und unwiderstehlich er in den Jahren nach der Schulzeit geworden war. Sein Kompagnon wirkte gegen den etwas übergewichtigen Angeber – Typ südländischer Gockel – nicht nur bieder, seine schmächtige Figur und sein offensichtlich nicht sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein ließen ihn wie einen kleinen Laufburschen wirken. Dennoch schienen die Beiden während ihrer gemeinsamen schulischen Zeit dicke Freunde gewesen zu sein. Pytlik war nun ganz Ohr und hatte seine Antennen auf Empfang gestellt, ohne dass die Tischnachbarn dies bemerkten. Das Backhaus war wie immer gut besucht.

      »Und das heißt also«, stellte der schüchtern Wirkende emsig eine weitere Frage und es machte den Eindruck, dass sie sich trotz ihrer damaligen Verbundenheit nun wohl schon länger etwas aus den Augen verloren hatten, »du bist jetzt in erster Linie von Beruf Sohn? СКАЧАТЬ