Schleuderkurs. Christina Hupfer
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Название: Schleuderkurs

Автор: Christina Hupfer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748561392

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СКАЧАТЬ um den Swimmingpool drehen wird. Und ich weiß nur zu genau, was so ein kleiner zusätzlicher Drink in der Schweiz kostet. Ein Vermögen! So was ist ab sofort für mich gestrichen. Das passt absolut nicht in meinen Sparplan, den ich als sich die Tür öffnete, blitzschnell abgedeckt habe.

      „Ach komm“, legt sie nach. „Ich will nicht den ganzen Abend mit Leuten reden müssen, die sich nur über spitze Hörner, Steilwände und Grate unterhalten wollen. Es wäre so schön, wenn du mit dabei wärst.“

      Während ich im Druckerraum die Blätter durch den Kopierer laufen lasse, denke ich über diesen Ausflug nach. So etwas würde ich mir in der nächsten Zeit natürlich nicht mehr leisten können. Die Fahrt, die Übernachtung und ein exzellentes Abendessen würden von der Firma bezahlt werden. Bei allem anderen müsste ich mich eben rausreden. Und die Berge ziehen mich an. Nicht die Gipfeltouren, bei denen ich mir vor Angst in die Hosen mache, aber die sanften Almwiesen, das überwältigende Panorama. Die frische, klare Luft. So wie ich es von meiner Kindheit her kenne. Von den Ferien im Allgäu bei Onkel und Tante. Beide leben leider nicht mehr, und zu meinen Vettern habe ich schon lange den Kontakt verloren. Was aber nicht an ihnen liegt. Beschämt frage ich mich: wie lange war ich nicht mehr dort? Die Antwort lautet ganz einfach: Seit meiner Beziehung mit Gerd.

      Auf einmal drängt es mich mit Macht, doch mitzufahren. Ich müsste ja nicht hinter diesen verrückten Sportlern her keuchen und würde garantiert auch keinen Liegestuhl verteidigen wollen. Aber ich könnte meinen Skizzenblock mitnehmen...

      Fast schon entschlossen stoße ich den Papierstapel in Form und hefte ihn zusammen. Draußen höre ich bereits den Smalltalk einiger Kollegen vor dem gegenüberliegenden Besprechungszimmer.

      „... heißt die nette, großäugige Kleine von der Konstruktionsabteilung? Die mit den langen, kastanienbraunen Haaren und dem klasse Fahrgestell?“

      Ich spitze die Ohren. Obwohl ich mich gerne gut kleide mag ich es gar nicht, nur auf mein Aussehen reduziert zu werden. Die Stimme, dunkel und rau, kenne ich nicht. Aber diejenige, die antwortet. Es ist der helle Tenor von Mike Krüger.

      „Welche Kleine? In dieser Abteilung arbeitet nur eine Frau, und das ist Paulina Werner. Klasse hat die. Aber klein ist die nicht gerade.“

      Na ja, im Verhältnis zu dem kraftstrotzenden Mike, dem ich wenn ich auf meinen schicken Plateausohlen-Stöckelschuhen stehe fast auf den Scheitel sehen kann, bin ich eine Riesin. Ich habe den Verdacht, dass er seine dunkelblonden Borsten extra so hoch föhnt und kunstvoll verwuschelt, damit er ein wenig größer wirkt. Ich bin gerührt. Aber klein hat mich nun wirklich noch niemand genannt. Wer hatte da gefragt? Mike hat seine Stimme gedämpft. Er ist immer noch beim Thema: „…Pech gehabt... …war mit dem Abteilungsleiter vom Verkauf, dem Homburger zusammen... …hat eine Neue...“

      Obwohl ich krampfhaft versuche, nicht hinzuhören, kann ich nicht anders. Erfahre ich vielleicht doch gerade, warum es wirklich mit mir und Gerd nicht geklappt hat und gebe damit dem latent vorhandenen Kloß in meinem Hals die Gelegenheit, sich mal wieder ordentlich aufzublähen. Das ist das Schlimme an einer Liebschaft im Betrieb. Jeder weiß davon, und natürlich ist es DER Gesprächsstoff wenn’s schief geht! Trotz fühlbar unterdrückter Schadenfreude, die von nicht wenigen Schreibtischen herüber waberte, habe ich mich täglich an meinen Arbeitsplatz geschleppt und die Zähne zusammen gebissen. Nur an Carolas ehrlichem Mitgefühl und ihrer Taschentücher-Box kam ich nicht vorbei. Jetzt den Druckerraum zu verlassen wäre für beide Seiten peinlich.

      Es sind noch ein paar Kollegen dazugekommen, und das Gespräch wendet sich zu meiner Erleichterung einem anderen Thema zu. Es wird darüber spekuliert, dass Herr Gauweiler von der Abteilung Getriebebau, der vor ein paar Tagen zum Schrecken aller plötzlich gestorben war, Selbstmord begangen haben soll. Er wurde angeblich kurz davor von einem Tag auf den anderen freigestellt, und die Gerüchteküche ist seitdem noch nicht zur Ruhe gekommen. Mike, der den armen Kerl gut gekannt hatte und den das sichtbar bedrückt, wird ausgefragt, kann aber auch nichts Erhellendes beitragen: „Ich habe keinen Schimmer, ob und wenn ja, was er ausgefressen hat. Von oben sickert überhaupt nichts durch.“

      Mich schaudert beim Gedanken an die Ausweglosigkeit, mit der dieser Mann offenbar konfrontiert war.

      „Ich habe keine Ahnung, ob ich hier bei diesem Meeting überhaupt mit dabei sein muss“, mault einer dazwischen und wechselt wiederum das Thema. „Mein Schreibtisch quillt über, und ich habe Besseres zu tun.“

      Bald werden sich alle in den Besprechungsraum begeben, dann kann ich ungesehen hinaus schlüpfen. Derweil studiere ich unser schwarzes Brett. Jemand will einen Kinderwagen verkaufen, ein anderer einen Küchenschrank. Die Tochter von Frau Schwartz bietet Nachhilfe in Mathematik an. Und die von Herrn Ritter möchte gerne Babysitten. Einer sucht einen Nachmieter für seine Wohnung. Meine Augen bleiben an den Fotos hängen. Fünfzehn Kilometer entfernt. Das würde gerade noch gehen. Müsste dann eben doch das Auto behalten. Sie wäre sogar etwas größer als meine. Ein wenig altbacken und verwohnt, der Grundriss nicht gerade praktisch. Aber mit etwas Farbe und viel Phantasie... Doch die Mietkosten! Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf. Die sind ja fast so hoch wie meine bisherigen Raten!

      Draußen ist es ruhig geworden. Ich schnappe mir meine Unterlagen, husche über den Flur und sinke in dem überfüllten Raum in der letzten Reihe neben Carola auf den Stuhl. Und wer unterbricht wohl mit dem Knall eines fallenden Papierstapels die Rede des Geschäftsführers? Alle Köpfe drehen sich ruckartig zu mir, während ich meinen roten Kopf schnell unter den Stühlen verstecke und Carolas Kopien und jedes Blatt meiner Präsentation einzeln vom Boden aufsammle. Auf diese Art Aufmerksamkeit hätte ich gerne verzichtet. Auch unser Chef mustert mich mit einem unwilligen Blick und fährt dann fort: “...bedanke mich für die vielen Überstunden, manche auch an den Wochenenden, die die erfolgreiche Einführung erst möglich gemacht haben. Es waren hohe Kosten notwendig, aber Sie werden sehen, es wird sich amortisieren. Ich bitte Sie, nicht nachzulassen in Ihrem Wirken. Dank Ihnen geht es der Firma wieder besser. Wir haben es aus der Talsohle geschafft.“

      Ein Witzbold, Herr Braun — Leiter Versand — murmelt: „aber für ne längst fällige Lohnerhöhung reicht es natürlich nicht.“

      Der Unwille gilt jetzt ihm. Aber Recht hat er. Nur traut sich keiner etwas dazu zu sagen. Gerd, natürlich ganz vorn, direkt neben unseren hohen Herrschaften, dreht sich halb zum gemeinen Volk und lächelt verächtlich. Die Rede geht weiter. Noch ein wenig Lobhudelei. Dann kommt er zu unserem Projekt: „Eine gründliche Schulung aller anderen Mitarbeiter durch die Mitglieder der Projektgruppe ist notwendig. Sie werden Ihnen nachher die Schulungspläne vorstellen...“

      Ich schweife ab, in Gedanken wieder bei meinen eigenen Problemen.

      „...drei neue Leute konnten eingestellt werden. Frau Luise Kaspar hat bereits im Einkauf angefangen.“ Eine Brünette erhebt sich. Ungefähr so groß, wie ich. Sie sieht ganz nett aus.

      „Herr Roland Kramer wird ab sofort die neu geschaffene Abteilung Controlling übernehmen.

      Der schmale Wicht mit der prächtigen Krawatte, der neben Luise Kaspar sitzt, nickt uns zu.

      „Wacht der jetzt darüber, wie oft wir aufs Klo gehen?“ Das war wieder Herr Braun und das höre zu seinem Glück diesmal nur ich — aber mein Prusten hören alle, und ich ernte einen höchst irritierten Blick von meinem Ex. Auch der Redner räuspert sich und schaut streng in meine Richtung: „...und Lukas Bohrer ist der neue Mitarbeiter für die ebenfalls neu geschaffene Stelle ‚Kontinuierliche Verbesserungsplanung‘. Kurz KVP. Er wird eng mit dem Controlling zusammenarbeiten.“

      Misstrauisch wird Bohrer von den meisten gemustert. Sind da etwa Stellen in Gefahr???

      Der Alte kommt zum Schluss: „Wir СКАЧАТЬ