Название: Der Fluch des Nazigoldes
Автор: Anselm Weiser
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783741807343
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Mit dem wütenden Ausruf, »verdammte Scheiße« sprang Stielhammer in den Spähwagen und sein »ihm nach - Mann« brachte den verdutzten Jelinek dazu, mit Vollgas loszurasen. Hierbei übersah Jelinek einen vorbeifahrenden Spähwagen und verursachte einen Unfall, der unnötige Zeit kostete.
E. R. versuchte in seiner Erinnerung zu ergründen, ob Stielhammer in diesem Moment insgeheim ahnte, warum er die drei Männer nicht mitnahm und sie einem ungewissen Schicksal überlassen hatte. Sie hatten keinen Marschbefehl bei sich und konnten große Schwierigkeiten mit der Feldgendarmerie, den sogenannten Kettenhunden, bekommen. Die neigten zu spontanen und ungerechtfertigten Hinrichtungen von Fahnenflüchtigen. Er kam zu keinem Ergebnis.
Der Spähwagen überholte Wehrmachtskolonnen und näherte sich dem Moospass. Stielhammer überlegte, der Mann hatte drei Stunden Vorsprung, konnte aber nicht so schnell fahren wie der Spähwagen. Sicher hatte er mit der Zugmaschine größere Schwierigkeiten beim Überholen und beim Überqueren der Berge, wie des Timmelsjochs. Im Ötztal gab es kein Ausweichen in andere Richtungen, höchstens ein Verstecken in Sackgassen der Nebentäler. Man musste ihn vor Oetz erreichen. Der Kerl musste wissen, welche Fracht er mitführte, sonst wäre sein Ausbrechen nicht zu erklären gewesen. Das Risiko ohne Marschbefehl unterwegs zu sein, wäre zu groß gewesen. Stielhammer wandte sich an Jelinek mit der Frage: »Kennen sie den Mann?« Er bekam die lakonische Antwort: »Natürlich, er heißt Beier und stammt aus Bayern!« Auf weitere Fragen antwortete er ausweichend. Stielhammer war jetzt der festen Überzeugung, dass der Inhalt der Kisten allen am Transport Beteiligten bekannt war. Er scheute sich nicht zu sagen: »Drei Tonnen Gold, der Arsch kann nicht glauben damit durchzukommen?« Er erhielt darauf keine Antwort. Erst nach einer längeren Denkpause flüsterte Jelinek vor sich hin:
»Das ist eine ganze Menge, da kann man schon ein Risiko auf sich nehmen!« Als sie vom Timmelsjoch ins Ötztal einfuhren, wurde es dunkel. Das Überholen der Kolonnen war nicht leicht für das Fahrzeug mit Standarte. Ohne Überholvorgänge wäre es unmöglich gewesen ihn einzuholen. Schmährufe wie, natürlich die Bonzen, heim ins Reich! oder die Nachricht, nach München müsst ihr nicht mehr, das ist heute gefallen, bekam Stielhammer zu hören. Jelinek grinste vor sich hin, war aber froh, schneller als die anderen voranzukommen. Stielhammer ahnte, dass er mit Glück den Flüchtenden erreichen würde.
Das Tempo der Fahrzeugkolonnen verlangsamte sich wesentlich, da wegen angreifender Tiefflieger ohne Licht gefahren wurde. Stielhammer erlaubte sich, diese Notwendigkeit zu missachten. Bei einem die Straße blockierenden Auffahrunfall vor einer Brücke über die Ache gerieten sie in einen Stau und kamen nicht weiter. Stielhammer stieg aus und ging in Fahrtrichtung die Wagenkolonne entlang. Wie von ihm erhofft, stieß er nach einem halben Kilometer auf die gesuchte Zugmaschine. Der sternklare Nachthimmel brachte viel Licht. Er konnte Beier erkennen, der über dem Lenkrad eingeschlafen war. In diesem Augenblick begannen sich die vorderen Fahrzeuge des Staus in Bewegung zu setzen. Stielhammer lief um die Zugmaschine herum und kletterte auf den Beifahrersitz der noch stehenden Maschine. Dort drückte er mit den Worten »los - fahr weiter«, dem verdatterten Beier die Pistole in die Seite. Noch schlaftrunken setzte dieser die schwere Zugmaschine in Fahrt. »Solltest du zu fliehen versuchen, schieße ich dich über den Haufen« drohte Stielhammer. Beier schwieg.
Er hielt sich streng an den bei dem schwachen Sternlicht notwendigen Sicherheitsabstand. In Ötz erlaubte er sich erstmals zu sagen: »Wir könnten jetzt über das Sellraintal fahren. Da ist weniger Verkehr zu erwarten.« Erst hier viel Stielhammer auf, dass Jelinek ihnen nicht mehr gefolgt war. Als sie, wie vorgeschlagen nach rechts abgebogen waren, fragte Stielhammer sarkastisch: »Oder haben Sie schon Sehnsucht nach dem Erschießungskommando?« Beier antwortete nicht. Unausgesprochen war jetzt klar, »nur einer von beiden kommt durch.« Ein kurzer Seitenblick Beiers auf die ihn bedrohende Pistole ließ darüber keinen Zweifel. Stielhammer bedauerte, die Situation provoziert zu haben. Er spürte jetzt die Müdigkeit der zweiten schlaflosen Nacht. Ein Sekundenschlaf wäre tödlich, das war ihm klar. Beier lauerte nur darauf. Stielhammer spürte, dass er es nicht mehr lange schaffen würde wach zu bleiben. Die Entscheidung musste bald fallen.
E. R. unterbrach den Gedankengang mit der sich gestellten Frage: »Wann hatte Stielhammer den Entschluss gefasst, nicht über Innsbruck und den Brennerpass nach Franzensfeste zurückzukehren, sondern bei Kermaten in Richtung Bad Tölz und Holzkirchen abzuschwenken? Zum Schloss im Grünen, auch auf die Gefahr hin, den Amerikanern in die Hände zu fallen?« War auch er dem Goldrausch verfallen, oder wollte er das Gold für einen Widerstand oder für die Weiterführung des Krieges gegen die Sowjets beschaffen? Diese Fragen konnte er heute nicht eindeutig beantworten. Er musste einen Moment abschalten. Er hatte sich so sehr in die gedachte Situation zurückversetzt, dass er die Müdigkeit Stielhammers zu verspüren glaubte. Mit zwei neuerlichen Schüssen überwand er diese. Sein Gedankenflug in die Erinnerung ging weiter.
Beier schien die Brisanz der Situation richtig einzuschätzen. Seine Nervosität war spürbar. Es begann Tag zu werden. Die Straße war jetzt erstaunlich leer. Sie waren am Walchensee vorbeigefahren, und Stielhammer spielte mit der Idee, die Zugmaschine mit dem Gold im See zu versenken. Er fürchtete, dass Schloss im Grünen und die ihm für ein vorübergehendes Versteck tauglich erscheinende Scheune bei Holzkirchen nicht mehr zu erreichen. Er musste einsehen, nicht überlegt zu haben, wie er die Zugmaschine verschwinden lassen könnte. Er fragte Beier: »Kennen Sie sich hier aus?« Dieser antwortete: »Und ob, wie in meiner Westentasche!«
Sie fuhren nach einer kurvenreichen Strecke am Kochelsee entlang. Beiers Antwort hatte Stielhammer aufgeschreckt, er war jetzt wieder hellwach. Plötzlich, an einer flachen Stelle, riss Beier das Steuer herum und fuhr auf das Wasser zu. Stielhammer, der Ähnliches ahnte, gelang es abzuspringen, bevor das Fahrzeug das Wasser erreichte. Der See schien hier schnell tiefer zu werden, denn die Maschine war in wenigen Sekunden versunken. Stielhammer versicherte sich, dass die Pistole entsichert war, und hielt nach Beier Ausschau. Der war zunächst nicht zu sehen. Nach längerer Zeit sah er Beiers Kopf im See auftauchen. Er schoss sofort. Beier wollte das gegenüberliegende Ufer erreichen. Nach dem vierten Schuss verschwand der Kopf von der Oberfläche des Sees. Stielhammer wartete vergeblich auf ein Auftauchen. Die noch herrschende Dämmerung und ein leichter Dunst über dem See hätten ein weiteres Zielen unmöglich gemacht. Er war sicher, den Mann getroffen zu haben.
E. R. war es unangenehm, sich an diesen Vorfall erinnert zu haben. Obwohl er zu Recht Beier, den Deserteur und Goldräuber, nach Kriegsrecht erschossen hatte. Wären da nicht seine eigenen Absichten im Spiel gewesen. Er gab noch einen Schuss ab und es beruhigte ihn, ins Schwarze getroffen zu haben.
Zwei Tage später konnte sich Sturmbannführer Stielhammer nach einer unangenehm beschwerlichen Fahrt zurückmelden. Per Autostop mit verschiedenen Wehrmachtsfahrzeugen sowie im Beiwagen eines Kradmelders war er in Amstetten angekommen. Er übernahm wieder das Kommando über sein Ersatzbataillon. Die Nachricht vom Tode Hitlers erschütterte ihn nicht. Dieses Kapitel hatte er abgeschlossen. Er hatte noch keine Pläne für die Zukunft. Die Eröffnungen seines Vaters über die Baseler Guthaben beruhigten ihn dagegen sehr. Nicht zu vergessen war auch der Goldschatz im Kochelsee. Wichtig war ihm jetzt noch, lebend davon zu kommen. Er hütete sich davor, mit Franzensfeste Kontakt aufzunehmen. In der augenblicklichen Lage war das ohnehin nicht möglich. Es kam zu keiner Feindberührung mehr. Am siebten Mai erhielt die Division den Befehl, sich nach Westen über die Enns zurückzuziehen, um nicht der für den nächsten Tag vorgesehenen Kapitulation der Roten Armee in die Hände zu fallen. Die Kapitulation und Waffenübergabe an die Amerikaner erfolgte am nächsten Tag bei St. Valentin.
E. R. verspürte heute noch ein Gefühl des Stolzes darüber, dass er, Stielhammer es war, der dank seiner guten Englischkenntnisse amerikanische Offiziere von der Notwendigkeit einer ehrenvollen Übergabe überzeugen konnte. Er befand sich mit drei Kameraden in einer Gruppe hochrangiger amerikanischer Offiziere in lässigen Kampfanzügen, als er den Vorbeimarsch des Regiments abnahm. »Die Augen links«
war das Maximum, СКАЧАТЬ