Auf Biegen oder Brechen. Thomas Hölscher
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Читать онлайн книгу Auf Biegen oder Brechen - Thomas Hölscher страница 13

Название: Auf Biegen oder Brechen

Автор: Thomas Hölscher

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750218949

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СКАЧАТЬ auch dort gewesen war. Aber Heinz konnte sich nicht erinnern, die in den Zeitungen abgebildete Person dort gesehen zu haben. "Mein Gott, diese Beschreibung: Dunkle Haare und ein Schnäuzer: So sehen doch 80 Prozent aller Schwulen aus."

      "Aber die Größe", sagte Börner schnell. "Der ist doch höchstens so groß." Er deutet mit der rechten Hand die ungefähre Große des Täters an. Heinz schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht."

      Börner glaubte, dass die Stimme des Bekannten wieder ärgerlicher geworden war. Er wollte jetzt auf keinen Fall, dass Heinz noch einmal den Sinn der ganzen Sache in Frage stellte. Deshalb fragte Börner schnell nach den anderen Anwesenden auf jener Fete.

      Auch Heinz hatte von den rund 20 bis 25 Anwesenden nicht alle gekannt. Es dauerte fast eine viertel Stunde, bis er sich an 10 Personen erinnert hatte. Börner notierte die Namen und Adressen. Von den meisten wusste Heinz nur die Stadt, in der sie wohnten. Zusammen mit den drei Ermordeten war damit die Identität von rund der Hälfte der Anwesenden festgestellt: Börner wollte nun keinen Zweifel am Sinn seiner Nachforschungen mehr aufkommen lassen.

      "Sag mal", Börner zögerte einen Augenblick, weil er nicht wusste, wie er seine Frage formulieren sollte. "Von den 10 Leuten hier", er deutete auf die Liste, die Heinz Behrend ihm diktiert hatte, "Gleicht von denen einer dem Bild des Täters?"

      Heinz sah ihn entgeistert an. "Du willst doch wohl nicht sagen..."

      "Gar nichts will ich sagen", unterbrach ihn Börner. "Gar nichts. Pass auf, ich lese dir jetzt noch einmal alle Namen vor, und du sollst nur sagen, ob du mit Sicherheit ausschließen kannst, dass die jeweilige Person dem Täter ähnlich sieht." Noch immer sah Heinz ihn unwillig an, und wieder spürte Börner eine ohnmächtige Wut, aber er ließ sich nicht von seinen Vorstellungen abbringen. "Du musst vor allem bedenken, dass es veränderliche Merkmale gibt. Man kann seine Haare kurz oder lang tragen, einen Schnäuzer abrasieren usw.. Also klar?" Es dauerte keine zwei Minuten, bis Heinz mit Bestimmtheit die zehn Personen als Täter ausgeschlossen hatte.

      Börner fing an, ihn dafür zu hassen, dass es nicht voran ging. Vor allem dafür, dass Heinz ihn offensichtlich immer weniger ernst nahm, er aus seiner Verstimmung über Börners Fragerei gar keinen Hehl mehr machte, der Tonfall seiner Stimme schon klar machte, dass er alles für Blödsinn hielt, was Börner da erzählte, weil er ja besoffen war.

      Und dann wusste Börner nicht mehr weiter. Und auch dafür gab er Heinz die Schuld.

      Außerdem wurde er nun auch müde; immer wenn er sich besoff, kam der Umschlag ganz plötzlich: Gerade war er noch aufgekratzt gewesen, hatte voller Ideen, Pläne und Selbstvertrauen gesteckt, und ganz plötzlich war es dann immer vorbei. Das durfte jetzt nicht passieren, das durfte auf keinen Fall passieren. Irgendwie musste er diesen Heinz dazu bringen, die Sache genau so ernst zu nehmen, wie er selber es immer noch tun wollte. Wenn der doch auch nur besoffen wäre!

      Börner sah auf die Bierflasche des Bekannten und stellte enttäuscht fest, dass sie nicht einmal zur Hälfte geleert war. Er selber trank seine Flasche in einem Zug aus. Er spürte, wie sich sein Körper gegen den Alkohol wehrte.

      Er versuchte zu resümieren; er musste sich jetzt konzentrieren. Wie lange dauerte die Stille zwischen ihnen schon? Gleich würde der Bekannte irgendetwas sagen, er habe aber nun genug, er solle nach Hause gehen oder irgendsowas. Das Muster der Tapete begann vor Börners Augen zu tanzen.

      Er hatte nur die eine Chance, dass nämlich der Täter auch auf dieser verdammten Fete in Langendreer gewesen war. Sonst war alles Unsinn. Aber der musste einfach dort gewesen sein, er wollte nicht, dass alles sinnlos war. Zumindest ist es doch nicht unwahrscheinlich, versuchte er sich selber einzureden; es spricht doch einiges dafür. Aber dann musste er selber diesen Jungen doch auch gesehen haben. Es war einfach nicht zu fassen: Außer an Christoph K., Bennie, den großen blonden Typen und natürlich Heinz Behrend konnte er sich an niemanden erinnern. Nur dass einige der Männer ganz gut ausgesehen hatten, das wusste er noch. Aber das wusste er; wie sie tatsächlich ausgesehen hatten, davon hatte er keine Vorstellung mehr.

      Du musst dich erinnern. Du bist mit Heinz dahin gefahren. Bei der Ankunft in Langendreer war es schon dunkel. Es war eine Art Zechenkolonie mit Ein- oder Zweifamilienhäusern. Da war gleich am Eingang diese Bar. Bennie hatte fast den ganzen Abend da gestanden, den Leuten Alkohol angeboten und geredet. In blitzschnell wechselnden Impressionen zog der Abend an Börner vorbei. Da war auch dieser Mann, den du nett gefunden hast, diese große blonde Schnitte. Der saß auch den ganzen Abend an der Bar und hat mit kaum jemandem geredet. Du hast ihn die ganze Zeit beobachtet, aber du warst zu feige, ihn anzureden. Der sah gut aus, oder besser geil. Ein großer Kerl; er war gerade von Gran Canaria zurückgekommen und sah braungebrannt aus. Wegen dem bist du doch dann so früh gegangen, weil du zu feige warst ihn anzuquatschen, nicht weil dich die ganze Atmosphäre auf der Fete abgestoßen hat. Das war nur ein Vorwand; du hast dich mit diesem Christoph eigentlich über deine Angst unterhalten, einen Mann, den du geil findest, anzureden.

      "Sag mal, ist dir schlecht?"

      Die Stimme von Heinz ließ Börner zusammenschrecken. Er schüttelte langsam den Kopf und hoffte, dass er nun so aussah, als überlege er angestrengt. Heinz sollte jetzt den Mund halten.

      Die Polizei: Börner fixierte den Wust von Papier, der vor ihm auf dem Tisch lag und den er seit heute Nachmittag 17 Uhr produziert hatte. Wenn er allein in nun vielleicht fünf Stunden irgendetwas von Bedeutung herausgefunden haben wollte, dann musste die Polizei in über drei Wochen schon viel weiter gekommen sein, seine Fährte schon längst als falsch aufgegeben haben. Wieder spürte Börner, wie das Gefühl der Resignation unaufhaltsam in ihm hochstieg.

      Aber ohne irgendein Ergebnis würde er hier nicht weggehen, würde er nicht einmal mehr die Augen öffnen. Nun sah Börner das Gesicht des Mannes, den er auf der Fete nett gefunden hatte, ganz klar vor sich. Er musste sich zusammenreißen. Ein letztes Mal.

      Vielleicht war es das: Wenn seine Annahme richtig war, dann hatte er die Zahl der in Frage kommenden Personen von vornherein auf maximal 25 reduziert. Und wenn die Angaben von Heinz stimmten, dann hatten eben fünf Stunden gereicht, um die Zahl der als Täter in Betracht kommenden Personen auf ungefähr zehn festzulegen. Es ging nun nur noch darum, diese zehn Personen auch noch ausfindig zu machen.

      Im Gegensatz dazu suchte die Polizei doch eine Nadel im Heuhaufen, wenn sie von dieser Fete nichts wusste. Und woher sollte sie davon wissen? Dass er darauf gekommen war, das war doch reiner Zufall gewesen. Nicht einmal Heinz war es seltsam vorgekommen, dass drei der Opfer auf dieser Fete gewesen waren. Dem war es ja nicht einmal aufgefallen. Es war Börner völlig gleichgültig, welche Schritte seine früheren Kollegen unternommen hatten. Er brauchte Leute wie Bremminger nicht. Er kam alleine zurecht. Und Milewski brauchte er schon gar nicht. Nur durften die von dieser Fete nichts wissen. Dann musste die Suche für die Polizei schwierig sein. Gut, sie hatten mittlerweile herausgefunden, dass alle Opfer Schwule waren. Aber der Täter? Sie wussten, wie er aussah. So, wie zigtausend andere. War der auch schwul? Und wenn man davon ausging: Wer ist schon schwul, und wer nicht? Es steht keinem im Gesicht geschrieben. Und was war sein Motiv? Hasste er Schwule, oder war es Rache? Plötzlich verstand Börner die barsche Vorgehensweise der Polizei beim Verhör in den Schwulenkneipen: Sie suchten eben die Nadel im Heuhaufen, und sie wussten sich in einer Umgebung, die die Polizei immer noch hasste. Außerdem stand die Polizei unter Erfolgszwang; die Öffentlichkeit erwartete Ergebnisse. Und dieser Zwang war die denkbar schlechteste Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit. Sie hatten mit Sicherheit noch nichts Konkretes herausgefunden. Und mit jedem Tag, der verstrich, mussten sie nervöser werden. Börner lachte boshaft. Aber da war dieser eine Punkt, der ihn in Unruhe versetzte. "Du sag mal", wandte er sich wieder an Heinz Behrend. "Ist eigentlich einer dieser Leute, die du mir genannt hast, von der Polizei verhört worden?"

      Obschon in dem Zimmer nur eine kleine Tischlampe brannte, СКАЧАТЬ