Название: Coon: Großes Finale
Автор: Udo Horst Barsuhn
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783750217393
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Ich nicke zu den Ausführungen von Josef, denn den Arbeitsplatz will ich dem Kerl nicht wegnehmen. Man kann nie wissen wie sich das auf seine Psyche auswirken würde – zum Besseren auf jeden Fall nicht! Ein weiterer Vorteil seiner Beschäftigung ist die zeitliche Gebundenheit an einen Ort. In dieser Zeit seiner Arbeitstätigkeit kann er keine Tiere abknallen – dass ich in dieser Zeit auch gefahrlos neue Duftmarken in seinen Garten setzen kann ist ein weiterer – wenn auch nicht so entscheidender - Vorteil. Vielleicht wirkt sich auch die gemeinsame Arbeit in der Metzgerei, mit meinem Freund Josef und Gerda irgendwann einmal mäßigend auf seine abartigen Gepflogenheiten aus.
Nach einer kurzen Nachdenkpause grinst Gerda und meint: Ganz anderes Thema, die Geschichte haben mir Kunden gestern im Laden erzählt: Ein Verwandter vom Obstgeschäft Friedrich ist am Freitag fünf Mal in die gleiche Auto-Blitzerfalle hinein gefahren. In der Tempo 50 Zone hat die Mobilblitzeranlage heftig zugeschlagen: Innerhalb von 3 Stunden wurden Geschwindigkeiten von 64 bis 75 km gemessen. Der Mann war jeweils in verschiedenen Geschäften einkaufen und war dabei dann jedes Mal zu schnell. Das Beste kommt noch, denn er hat heftig bei seiner Frau über den Standort des mobilen Blitzers gemeckert (Anmerkung Coon: „Gemeckert“ ist eine Anlehnung an Ziegen die meckern. In der Pfalz heißt dies, man hat sich über etwas „laut beschwert“). Die hat das dann nicht glauben wollen und ist selbst dort hingefahren. Übrigens auch zu schnell und somit wurde zum sechsten Mal geblitzt, mit 72 Kilometern. Als sie dann wütend über ihre eigene Tollpatschigkeit am Ende der Straße gewendet hat und heimgefahren ist, kam sie prompt wieder in die Fotofalle, diesmal mit 76 Stundenkilometern. Die Frau und der Mann haben sich übrigens über die insgesamt 7 Anhörungsbögen und Verwarnungsgeldbescheide beschwert. Argument: An dieser Stelle wäre noch nie ein Blitzer gestanden und zudem müsste es Mengenrabatt geben. Eine Antwort des Ordnungsamtes auf ihre Beschwerde steht noch aus“. Ein „wohlwollender“ Nachbar (ironisch für den schadenfrohen Nachbarn) hat den beiden dann einen leeren Fotoalbum mit den Bemerkungen gebracht: „Da könnt Ihr dann die jetzigen und die künftigen Blitzerfotos einkleben. Bestimmt bekommt Ihr auch noch ein Dankesschreiben von unserem Orts-Bürgermeister, für die tatkräftige, finanzielle Unterstützung unserer Stadt“. Dieser Nachbar hat dann rasch das Weite gesucht, bevor die beiden Temposünder richtig zum Nachdenken gekommen sind. Der nachgeworfene, alte Aschenbecher hat darum auch sein Ziel um mehrere Meter verfehlt.
Josef hält sich den Bauch von Lachen und auch ich kann mir die Situation richtig gut vorstellen! Josef meint dann, nach Luft schnappend: „Ja, ja, der Pfälzer in seiner Wut und das Spötteln der anderen, denn wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht mehr zu sorgen, oder wie es schon Schopenhauer sagte: „Es gibt wenige Dinge, welche so sicher die Leute in gute Laune versetzen, wie wenn man ihnen ein beträchtliches Unglück, davon man kürzlich betroffen worden, erzählt““. Nun hält sich auch Gerda vor Lachen den Bauch und ich nicke als Zeichen meiner Zustimmung zu dieser Ansicht, den beiden zu.
Auf einmal wird Gerda etwas nachdenklich und meint zu ihrem Mann: „Schatz, ich habe mich vorhin im Spiegel mal wieder richtig angeschaut und fühle mich einfach nicht mehr hübsch. Schwimmringe um die Hüften, Falten an einigen sichtbaren Stellen im Gesicht und am Hals, die Hände etwas trocken und wegen der vielen Arbeit die wir haben, habe ich einfach keine Zeit den dringend notwendigen Friseurbesuch zu machen. Ich könnte von Dir mal wieder ein hübsches Kompliment vertragen“. Josef überlegt kurz und meint dann trocken: „Die Farbe Deiner Augen ist immer noch klasse“. Mein Kopf ruckt wegen dieser Aussage herum und ich achte darauf etwas aus dem Wurfbereich von Gerda herauszukommen, die jetzt aber mit rotem Kopf antwortet: „Hätte ich mir ja denken können, der Herr Metzgermeister macht keine Komplimente. Würde mich nicht wundern wenn Du sagst aus mir wäre ein toller, saftiger Schinken geworden. Hätte ich doch damals, vor unserer Eheschließung auf meine Mutter gehört, die hat mir immer einen Spruch des englischen Schauspielers Peter Sellers zitiert: „Ein kluges Mädchen heiratet einen Mann, der beim Militär gewesen ist. Er kann flicken, stopfen, putzen, Betten machen, ist in Erster Hilfe ausgebildet, mit wenig Geld und wenig Freizeit zufrieden und hat gelernt, Befehle widerspruchslos auszuführen“. Aber ich dumme Gans musste natürlich einen groben Metzger erwählen, bei dem ich auch noch jeden Tag im Geschäft schuften muss“. Josef grinst, hastet schnell von seinem Platz auf, reißt Gerda an sich und gibt ihr einige herzhafte Küsse, die sie zunächst abzuwehren versucht, indem sie den Kopf dreht. Doch schon nach wenigen Augenblicken sind ihre Lippen vereint. Josef meint nach einer kurzen Verschnaufpause: „Da fällt mir Lacordaire ein: Menschen schwachen Willens warten auf den Frieden, um zu handeln. Die Apostel starken Glaubens aber säen in die Stürme“. Dazu grinst er wieder spitzbübisch und legt noch einen Spruch nach: „Ich hätte es auch mit Kant sagen können: „Alle Stärke wird nur durch Hindernisse erkannt, die sie überwältigen kann“.
Ein weiterer, tiefer Kuss ist die Folge. Ich glaube wirklich es wird allmählich Frühling und damit ich mich auch einmal an geistreichen Aussprüchen beteilige, der hier von Herder umschreibt treffend diese Szene der beiden: „Ohne Begeisterung schlafen die besten Kräfte unseres Gemütes. Es ist ein Zunder in uns, der Funken will“. Bevor nun die Flamme des Begehrens vollends an Kraft gewinnt, verabschiede ich mich schnell, kann aber aus den Augenwinkeln noch sehen, wie Josef seinen kleinen Schatz zu sich heranzieht, die das offensichtlich gerne über sich ergehen lässt.
Unterwegs kann ich den Blumenfortschritt in einigen Gärten erkennen: Hier blühen bereits die ersten zwei weiß-rosa Hyazinthen, in unmittelbarer Nähe haben andere Hyazinthen, wie auf ein geheimes Signal hin, einen regelrechten Wachstumsschub bekommen und auch dort streben die Blütenhalme nach oben und wollen ihre duftende Pracht zeigen. In einem anderen Garten hat der Schnittlauch bereits eine Höhe erreicht, wo man sich überlegt, dass in einigen Tagen zum ersten Mal wieder einige, grüne Halme abgeschnitten werden können. Bestimmt eine tolle Kraft die in dem Gewürz steckt, denn die Pflanze ist den ganzen Winter im Gartenboden geblieben und hat sich jetzt den Weg, der Sonne entgegen, gebannt. Es ist früher Nachmittag und das Thermometer zeigt über 15° C an. Wohlgemerkt plus, und das im Februar, dem Monat, der nach langjährigen Wetteraufzeichnungen als der kälteste Monat des Jahres gilt. In der Ferne sehe ich auch einige Mitbürger die gemütlich spazieren gehen, andere haben bereits die ersten Sitzmöbel herausgestellt und andere beginnen bereits im Freien zu grillen. Insekten sind kaum feststellbar, wahrscheinlich wurden sie durch die rasche Wärmeentwicklung überrumpelt. Nach einiger Zeit komme ich in der 1.Querstraße, beim Seniorenprojekt „Gute Freunde wohnen zusammen“ an. Trotz des Winters war an fast allen Stellen der Wohnanlage gearbeitet worden und fast alle Senioren sind mittlerweile in ihre Wohnungen eingezogen. Die Haupttüre der Anlage steht offen und so kann ich problemlos in den Hauptsaal gelangen, wo sehr viele Bewohner anwesend sind. Als mich einige davon sehen, machen sie den Gruppenrest auf mich aufmerksam.
Susanne winkt mich heran und meint: „Heute sind wir hier zur allgemeine Aussprache. Zudem habe ich einen kleinen Vortrag zum Thema: „Süße Verführung: Zucker und seine Austauschstoffe“ vorbereitet, den ich in wenigen Minuten halten werde. Es fehlen nur noch 5 oder 6 Personen, die sich sogar angemeldet haben und die von auswärts kommen. Mein Gott, wie das klingt, von auswärts, dabei habe ich vor 3 Monaten selbst noch nicht meine neue Wohnung bezogen gehabt, bin also auch immer von „auswärts“ gekommen“. Dann lächelt sie versonnen, als die Angemeldeten soeben den Saal betreten. Sie stellt sich hinter ein kleines Stehpult, auf dem auch ein Mikrophon angebracht ist, räuspert sich kurz und schon sind die ersten Sätze zu vernehmen: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade in unserem Alter ist es erforderlich sich verstärkt mit dem Thema Gesundheit zu beschäftigen. Laut der Weltgesundheitsorganisation „WHO“ sind beispielsweise 25 Gramm Zucker pro Tag kein Problem. In Deutschland haben wir es jedoch geschafft aus diesem unbedenklichen Wert, eine Tagesration von 100 Gramm zu machen. Wir verleiben uns diese Menge vor allem als weißen Haushaltszucker ein. Wertvolle Stoffe sind durch die Herstellungsmethode darin praktisch nicht mehr enthalten und so nehmen СКАЧАТЬ