Название: Tot im Wohnwagen
Автор: Elisa Scheer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783750253230
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„Naja, die Frau ist natürlich schon länger tot, ich schätze, etwa zehn Tage. Also dürfte es seit etwa einer Woche hier zunehmend gemüffelt haben. Genaueres nach der Obduktion, wie immer eben.“ Sie gab den Leuten mit dem grauen Sarg ein Zeichen und kletterte aus dem Wohnwagen, ohne sich irgendwo festzuhalten.
Verständlich, dachten Katrin und Maggie mit einem verständnissinnigen Blick und zogen ihre Handschuhe fester, hier wollte man wirklich nichts berühren – entweder kontaminierte man anderes oder man fing sich selbst etwas Ekliges ein!
„Warum stehen hier überhaupt so viele verschimmelte Wohnwagen? Die Siedlung ist doch noch total neu?“, fragte Patrick.
Anne zuckte die Achseln. „Vielleicht haben die Leute gedacht, hier fallen die Krücken nicht auf. Naja, Fahrgestellnummer und so weiter – da kriegen wir schon noch jemanden dran. Wagen geht in die KTU, wenn wir hier fertig sind.“ Sie spähte hinein und nickte den Leuten von der Spurensicherung zu, die schon etliches eingetütet hatten.
Patrick und Maggie inspizierten die Umgebung – die lange Reihe heruntergewirtschafteter und mit Rostflecken übersäten Wohnwagen, die zum Teil nicht einmal verschlossen waren, wie Patrick mit prüfendem Griff feststellte, dahinter einige halbfertige Gebäude, die wohl eines Tages ein kleines Einkaufszentrum werden sollten, auf der anderen Seite eine umgepflügte Wiese, wo wahrscheinlich wieder ein Wohnblock entstehen würde.
Weiter vorne traf die Fontaneallee auf die Sophie-Laroche-Straße, die eine weitere Verkehrsader von Birkenried werden sollte. An der Ecke hielten auch verschiedene Busse.
Er würde hier nicht wohnen wollen, stellte er nicht ohne Naserümpfen fest – nicht, bevor hier ein Minimum an Infrastruktur vorhanden war. Nur halbfertige Häuser, dürftige Bäumchen, Baustellen und auf den Straßen zementverschmierter oder halb aufgestemmter Asphalt.
„Kann ganz nett werden hier“, stellte Maggie in diesem Moment fest. „Also, wenn die da mal vorankommen!“
„Und diese Schrotthaufen abtransportieren. Wer kommt wohl auf die Idee, da eine Leiche zu deponieren? Der Gestank muss doch auffallen!“
„Stimmt. Ein Plätzchen im Wald wäre wohl besser gewesen“, überlegte Maggie ohne großes Zartgefühl, „aber Wald ist hier ja weit und breit keiner.“
Patrick brummte vage zustimmend und sah sich weiter um. „Wer hat denn eigentlich die Feuerwehr gerufen?“
Maggie weckte ihr Tablet auf. „Eine Frau Garbrecht. Wohnt in der Straße da vorne, Richtung Brücke. Hat wohl beim Vorbeigehen die Leiche gerochen. Boah, wenn ich mir vorstelle, jeden Morgen diesen Mief und jeden Morgen schlimmer, logischerweise…“
„Ja, vielen Dank. Ich würde meine Wurstsemmel von heute Mittag gerne bei mir behalten, also hör mit dem Gelaber auf!“
„Du Seelchen! Wir könnten diese Garbrecht mal befragen gehen.“
Patrick sah auf die Uhr. „Halb acht. Ja, warum nicht? Die dürfte doch wohl aus der Arbeit zurück sein?“
„Wenn sie nicht gerade Barfrau ist.“
„Gibt´s die nicht nur in schlechten Fernsehkrimis?“
In angeregtem Gespräch über Kriminalfilme und alberne Klischees darin steuerten sie die Gerhart-Hauptmann-Straße an. „Wie in der Schule“, murrte Patrick. „Jede Straße ein Reclamheftchen, das ich zwar bekritzelt, aber nicht gelesen habe.“
Maggie kicherte. „Die Ratten, was? Hier, Nummer 36. Das muss es sein.“
„Das steht ja auch Garbrecht, du Meisterdetektivin. Vierter Stock. Hm, ganz oben ist bestimmt nett.“
„Solange der Aufzug funktioniert.“ Maggie klingelte.
Nichts geschah, auch nicht, als sie zum zweiten Mal – und deutlich länger – klingelte.
„Darf ich mal vorbei?“
Sie drehten sich um und sahen eine Frau um die Dreißig von eher unauffälligem Äußeren, die mit gezücktem Schlüssel dastand.
„Sie sind nicht zufällig Frau Garbrecht?“
„Doch“, antwortete die Frau leicht verblüfft, „warum? Aber das sage ich Ihnen gleich, ich kaufe nichts. Ich bin überzeugte Minimalistin und lese grundsätzlich auch keine Zeitschriften in Papierform.“
Maggie gluckste. „Kann ich gut verstehen, aber wir sind von der Kripo.“
Beide zückten ihre Ausweise.
„Hui! Was ist denn – ach! Wegen des stinkenden Wohnwagens womöglich?“
Patrick schluckte.
„Dann war kein vergammeltes Hackfleisch drin oder so was Ähnliches? Aber doch nicht etwa - ?“
„Oh doch“, antwortete Maggie mit der ernsten Miene, mit der sie Todesbotschaften zu überbringen gelernt hatten. „Eine tote Frau.“
„Großer Gott! Und Sie möchten mich bestimmt dazu befragen? Dann gehen wir doch besser hinauf, oder?“
Frau Garbrecht schloss auf und rief den Aufzug, nicht ohne mit verteidigendem Unterton darauf hinzuweisen, dass der Aufzug fast ganz von Solarzellen auf dem Dach gespeist werde.
„Sie wohnen doch im vierten Stock? Da würde ich aber auch nicht gerne zu Fuß hinaufkeuchen“, beruhigte Patrick sie.
„Ja, aber der Blick ist toll. Und mehr Stockwerke sparen doch auch Baugrund ein.“
Als sie die Wohnung betraten, hatte Maggie ein starkes Déjà-vu-Gefühl und grübelte noch darüber nach, als sie den angebotenen Platz auf einem gepolsterten Hocker einnahm. Schließlich gab sie auf und sich geschlagen. „Ich habe vor einiger Zeit schon so eine ähnliche Wohnung gesehen, allerdings in der Nähe der MiniCity…“
Frau Garbrecht grinste. „In den drei Wohntürmen? Da wohnt die Freundin des Bauherrn und offenbar hat er sich von ihrer Wohnung inspirieren lassen. Die Smart-Home-Elemente kann man hier allerdings nutzen oder es lassen, man braucht gerade mal eine App dafür.“
Maggie schlug sich an den Kopf. „Die Möbius, klar! Dann ist das Haus von MayBau?“
„Richtig. Siebenhundert Euro für zwei Zimmer sind nicht wirklich billig, aber wenn man nicht zu viel Gerümpel hortet, kommt man mit dem Platz gut aus, obwohl es nur 50 Quadratmeter sind. Vielleicht kaufe ich mir die Wohnung sogar, wenn ich das Geld zusammengekratzt habe und Birkenried bis dahin einigermaßen fertig ist. Eine Dauerbaustelle ist nicht ganz das, was mir vorschwebt. Aber deshalb sind Sie doch nicht hier, oder?“
„Nein, Sie haben Recht, es geht uns natürlich um die Leiche im Wohnwagen. Wissen Sie noch, wann Ihnen der Geruch zum ersten Mal aufgefallen ist?“
Patrick schluckte wieder, stellte aber fest, dass die Übelkeit nachzulassen schien.
Frau Garbrecht überlegte. „Ich komme ja zweimal täglich daran vorbei, weil dahinter eben die Bushaltestelle ist… angerufen habe ich heute – aber vorher schon mal, vor drei, vier Tagen, glaube ich. Da ist gar nichts passiert, ich hatte auch nicht das Gefühl, dass die im Ordnungsamt da wirklich interessiert waren. Heute СКАЧАТЬ