Nesthäkchen und ihre Küken. Else Ury
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Название: Nesthäkchen und ihre Küken

Автор: Else Ury

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752937589

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СКАЧАТЬ hopsis!« Ursel war stets ein getreues Echo.

      Annemarie kümmerte sich nicht weiter um die Kritik ihres Publikums, sondern mischte mit Eifer ihren Kuchenteig. Die Zuschauer fanden es geraten, auf eigene Faust für ihr Vergnügen zu sorgen.

      Das fanden sie sehr bald. Vronli, indem sie die Rosinen, die für den Napfkuchen bestimmt waren, einer eingehenden Kostprobe unterwarf; Hansi auf der Fliegenjagd, die nun mal seine Leidenschaft war; und Klein-Ursel fand ein reiches Feld für naturwissenschaftliche Untersuchungen im Mülleimer.

      Eine Weile ging alles gut. Bis Mutti auf den unglückseligen Gedanken kam, sich umzudrehen.

      »Pfui Deibel, Ursel, du bist ja aber wirklich ein – – –« Annemarie hielt mitten im Satz inne. Denn schon klang es ihr »Pui Beibel!« vom Mülleimer entgegen. Weiter wollte Annemarie den Wortschatz ihres Nesthäkchens doch nicht bereichern.

      »Vronli, sag mal der Flora, sie möchte flink rühren kommen, sonst kriegt die Sandtorte einen Wasserstreifen, wenn ich sie stehen lasse«, rief die Mutter, ihr Nesthäkchen, das mehr einem Mistbauer glich, säubernd.

      »Flochen – Flochen – – –« – dieses war der Kosename, dessen sich sämtliche Hartensteinsche Kinder bedienten –, »du sollst flink rühren kommen.« »Flochen« kam aber nicht herbeigesprungen, sondern langsam und gemächlich, wie sie alles tat, herangeschlorrt. In demselben Tempo – andante moderato – begann sie auch die Keule in Bewegung zu setzen.

      Der temperamentvollen, raschen Annemarie zuckte es in allen Fingern, sie ihr aus der Hand zu reißen. Aber als Ursel wieder einigermaßen menschlich war, als man Vronli die Rosinentüte empört entrissen, Hansi, der durchaus eine erbeutete Fliege als Rosine in den Kuchen tun wollte, unschädlich gemacht worden war, ging es »klinglingling«.

      »Teleton – Omama«, sagte Klein-Ursel.

      »Ich werde halt rangehen.« Vronli, die sich als Beschäftigungslose augenblicklich etwas überflüssig in der Küche vorkam, rannte zum Telefon. Annemarie hinterdrein.

      »Nicht, Vronli, es kann ein Patient sein – laß mich heran.«

      »Tar tein Pajent – is Omama«, stellte Hansi draußen in der Küche sachkundig die Diagnose.

      Wirklich, es war die Omama – Frau Doktor Braun, die ihrem einstigen Nesthäkchen Annemarie täglich wenigstens durchs Telefon »Guten Morgen« sagte.

      »Jawohl, Muttichen, wir sind alle munter. Die Gören fast zu sehr – die haben sich heute schon verschiedenes geleistet. Na, das erzähl ich dir morgen. Kommt nur nicht so spät. Vater soll sich mal ein bißchen eher freimachen. Was – Klaus ist in Berlin? Famos, grade zu unserm Hochzeitstag! Ihr bringt mir noch jemanden mit? Wen denn? Sag's doch! Mach mich doch nicht so neugierig, Muttchen.«

      »Omama – Omama duten Tatt saden – – –«

      »Still, Urselchen, ich verstehe ja kein Wort, du darfst der Omama nachher ›Guten Morgen‹ sagen. Ja, du auch, Vronli. Ach Mutti, die Krabben geben keine Ruhe, und ich muß wieder raus zu meiner Sandtorte. Was, ihr bringt einen Streusel- und Mohnkuchen mit, und die Hanne dazu? Aber Mutti, das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen. Das heißt, Kanne ist mir sehr erwünscht, denn mein Flochen ist ja trotz ihres Namens nicht sehr fürs Springen. Aber Kuchen – das kränkt mich direkt in meiner Hausfrauenehre. Hanne, das alte Scheusal, denkt immer noch, ich verstände nichts. Also schön, dann werde ich den Napfkuchen lassen. Aber die Sandtorte ist schon eingerührt. Ja doch, jetzt kommt ihr heran, Jören. Also erst Vronli. Auf Wiedersehen, Muttchen, grüß' Vatchen.«

      »Tag, Omama. Ja, Vronli! Ja – ja – Mutti, darf ich Omama heute besuchen? Nee – och nee, Omama, Mutti erlaubt nicht – morgen kommst du zu uns? Ja, morgen ist Muttis Hochzeitstag. Wir freuen uns schon mächtig drauf. Ursel, schubbse doch nicht so doll, dann kommste nimmer dran – – –«

      »Nu Lein-Usche Omama duten Tatt saden – – –«

      Klein-Ursel schrie vergebens in das Telefon hinein, denn Annemarie, die ihre Sandtorte nicht länger im Stich lassen wollte, hatte bereits angehängt.

      Die Eile wäre durchaus nicht nötig gewesen, Annemarie war glänzend beim Kuchenbacken vertreten. Nicht durch Flora, die saß als Blumengöttin augenblicklich im Garten, um Mohrrüben zum Mittag herauszuziehen. Nein, durch ihren Sohn Hansi, der selbst eine Telefonunterhaltung mit der Omama verschmäht hatte, um Mutti zu überraschen und die Sandtorte fertig zu rühren.

      Was fehlte denn noch daran? Sand – Sand hatte Mutti bestimmt noch nicht herangetan; Hansi hatte genau aufgepaßt. Ob er welchen vom Spielplatz im Garten holte? Ach was, die Flora hatte ja Scheuersand genug im Abwaschtisch. Hansi streute freigebig davon in den Kuchenteig.

      So – nun noch den Wasserstreifen. Hansi hatte eine phänomenale Auffassungsgabe. Er hatte genau behalten, daß Mutti davon gesprochen. Der war ganz leicht zu machen. Bloß mit seinem kleinen Eimerchen mußte er an die Wasserleitung laufen.

      Schwapp – war er drin im Teig. Nun gerührt, was Zeug hielt. Mutti würde sich aber mal freuen.

      Mütter sind manchmal recht undankbar. Annemarie freute sich gar nicht, als sie den kleinen Kuchenbäcker, kirschrot vor Anstrengung, sich mit der großen Holzkeule herumquälen sah.

      »Hansi, wirst du wohl von der Kuchenschüssel fort – wo ist denn die Flora wieder hin? Geh' aus dem Weg, daß ich den Kuchen schieben kann. Der Ofen ist heiß, verbrenne dich nicht.« Annemarie ließ eiligst den Teig in die gefettete Form laufen. Er knirschte ein bißchen merkwürdig. War er auch lange genug gerührt? Sandtorte war Frau Annemaries Spezialität. Hoffentlich legte sie morgen Ehre damit ein.

      3. Kapitel

      Sieben Jahr sind um und um

      Trotzdem der Mond gestern Abend einen Hof gehabt, trotzdem sich nicht nur Floras Augen, sondern auch ihre Hühneraugen unangenehm bemerkbar gemacht hatten, was immer schlechtes Wetter bedeutete, trotzdem der Hahn gekräht hatte – Annemaries Befürchtungen, daß es regnen könnte, erfüllten sich nicht. In sonniger Herbstbläue lachte der letzte Septembertag hernieder, so golden, als hätte er allen Sommerglanz, alles Sommerleuchten noch einmal in sich vereinigt.

      »Piebe Honne ßeint, heut' tann mein Tind ada dehn«, war das erste, was in Annemaries Traumland hineindrang. Dann fühlte sie etwas Weiches, Feuchtes an ihrer Nase, und als sie verstohlen blinzelte, wogte es rosenrot. Die letzten Spätrosen, die Rudi ihr bereits im Garten zur Wiederkehr ihres Hochzeitstages geschnitten.

      Vor ihrem Bett aber standen drei kleine Hemdenmätze, hielten sich an den Händen und sangen, Ringelreihen hopsend:

      »Sieben Jahr sind um und um,

      Mutti dreht im Bett sich rum.«

      Mit der einen Hand umfaßte Annemarie die Rechte ihres Mannes, welche ihr die Blumen entgegenstreckte, mit der anderen griff sie nach ihrem Trio. Und so hielt sie wortlos für einen Augenblick ihr ganzes, reiches Glück. Sekundenlang nur – und doch eine Ewigkeit.

      »Piebe Honne ßeint – tann mein Tind heut' ada dehn?« erkundigte sich ihr Nesthäkchen, das nichts von dem stillinnigen Empfinden der Mutter ahnte, aufs neue.

      »Famos – da können wir den Kaffeetisch heut nachmittag im Garten decken.« Jetzt kam Leben in Annemarie. СКАЧАТЬ