Suomi on kaunis (Deutschland auch). Nadja Hummes
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Название: Suomi on kaunis (Deutschland auch)

Автор: Nadja Hummes

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746732084

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СКАЧАТЬ während ich es hin und her bewege, als würde ich Puderzucker über eine Waffel verteilen. Er folgt den Bewegungen meiner Hände mit seinen Augen.

      „Was ist mit der leere Laptop, Lenja?“

      „Ach, na ja“, zucke ich mit den Achseln. „Ideen habe ich. Etliche.“

      „So what's the problem?“

      „Ach Valtteri“, seufze ich. „Das liegt daran, wie zur Zeit mit der Schreiberei und Literatur umgegangen wird. Es gibt zu viele ‚Man soll‘ und ‚Man muss‘. Man muss innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne abliefern. Das lässt einem Buch kaum Raum zu wachsen, sich zu entwickeln. Man soll das schreiben, was sich gerade verkaufen lässt. Teeniebücher mit hippen Themen, Bloggertipps oder Weltschmerzdramen. Erotische Romane mit einem Schuss Lovestory. Schnell konsumierbaren und platten Science-Fiction-, Horror- oder Comedykram. Popcorn für's Gehirn. Billig produzierte Blockbuster in Buchstabenformat. Das geht nicht mit meiner Empfindung über das eigentliche Wesen des Schreibens einher. Echt nicht. Man muss zu allem eine Meinung haben. Und am Besten noch Künstlerklischees bedienen. Ich finde, auch ein relativ normales und bodenständiges Leben kann interessant und wunderschön sein. Und ich finde es wichtig, auch die Freiheit zu haben, zu etwas mal keine Meinung haben zu dürfen. Es ist dem Zuschauer, Leser, Konsument or whoever durchaus zumutbar, so etwas zwischendurch mal aushalten zu können. Und, by the way, wo wir schon einmal gerade dabei sind: Wenn diverse Leute mich als langweilig empfinden, weil ich nach meinem oft sehr angefüllten Tagewerk lieber rechtschaffen auf der Couch entspanne anstatt die neuesten Rezepte der Molekularküche auszuprobieren oder in irgendeinem Rauschzustand wirre Gedanken zu äußern, dann bitteschön. Dann bin ich nach deren Auffassung eben langweilig. Dann sollen sie sich Autoren oder Künstlern zuwenden, die ihr Publikum wöchentlich mit irgendwelchen Skandalen, Exzessen, Selbstfindungs­prozessen oder Einblicken in ihr aktuelles Liebesleben „updaten“. Letzten Endes ist es sowieso der Konsument, der Leser, der Fernsehzuschauer, der Internetuser, der danach geht, was er als ansprechend empfindet. Geschmäcker sind halt unterschiedlich. So what? Man soll unterhalten. Hallo?! Ich schreibe meine Sachen so, wie sie mir in den Sinn kommen. Wenn ich meine Gedanken ständig darum kreisen ließe, ob das, was ich schreibe, denn unterhaltsam 'rüberkommt oder nicht, dann würde mich das in meiner Schreiberei total blockieren. Man mussauf Poetry Slams gehen. Muss man? Wozu? Um sich Ideen klauen zu lassen? Um noch mehr abzuklopfen, welcher Drive beim Publikum gerade gut zieht? Um sich durch dieses Abchecken von Publikumsgunst, Konkurrenz, aktuellen Hypes und Verkaufsmaschen selber noch bekloppter im Kopf zu machen oder von anderen machen zu lassen? Jaja, ich weiß, die offizielle Version lautet ‚Um sich zu präsentieren‘. Man muss auf sämtlichen Social-Media-Plattformen tagtäglich aktiv sein. Und wenn schon nicht täglich, dann aber mindestens ein bis zwei Mal wöchentlich. Ja klar, es gibt ja auch noch nicht genug Leute, die online posten, ob sie aktuell Nudeln kochen, ihre Haare waschen oder WC-Papier einkaufen. Man muss im Gespräch bleiben. Man muss sich interessant machen. Man muss, man soll, man muss, man soll.

      „Ich verstehe dich sehr, sehr gut, Lenja. Ich weiß genau, wovon du sprichst. Aber lass dir das Schreiben nicht verleiden. Das Schreiben liegt in deine Natur, Lenja. Wie so vieles andere auch. Und dass du bist eine Künstlerin, liegt auch in deine Natur. Ui, du warst grad so was von Künstlerin. Ob nun Klischee oder kein Klischee.“

      „Wie jetzt? Was meinst du?“

      „Deine flammende Rede für wie du die Schreiberei im Kern erkennst. Wie du sie fühlst, siehst und umsetzt.“

      „Ist das dein Ernst?“

      „Yes! Du bist so was von Künstlerin. Diese Empörung. Dieser Scharfsinn. Dieses feeling. Du hast nicht gebraucht zu überlegen für die Worte. Das kam alles direkt, wämm-wämm-wämm. Schüttest du manchmal Farbeimer auf eine weiße Leinwand?“

      „Ach Valtteri. Wie du weißt, habe ich nicht so viel Platz. Ich habe kein Atelier oder so. Das ist einfach nicht drin. Zur Zeit kann ich mir gerade mal eine kostengünstige Mietwohnung leisten. Du weißt doch, weswegen ich umgezogen bin. Unter anderem. Aber... naja... manchmal. Im Frühling und Sommer zum Beispiel. Wenn draußen die bunten Knospen sprießen und das Gras saftig grün wird. Wenn man sehen und riechen kann, wie überall das Leben erwacht. Das finde ich toll. Dann habe ich manchmal Lust, Farbeimer auf eine weiße Leinwand zu schütten. Manchmal lasse ich die Farben aber auch sachte fließen oder ich verteile sie großflächig oder ich male Linien und Formen oder setze nur einzelne Akzente. Manchmal lasse ich ein Bild auch eine Weile liegen, bis ich es wieder hervorhole und daran weiterarbeite. Ich mache das halt so nach Gefühl.“

      „Great! Ist das bei deine Bücher auch so?“

      „Vielleicht so ähnlich. Buchstaben setzen sich anders auf Papier als Farbe.“

      „Diese Formulierung! ‚Buchstaben setzen sich anders auf Papier als Farbe.‘ Great!“

      „Ich empfinde es so. Was ist mit der Formulierung?“

      „Schreib, Lenja. Schreib.“

      „Ja. Mache ich. Allerdings musst du mir dabei nicht unbedingt über die Schulter gucken“, murmele ich vor mich hin, unterbreche die Malerei für einen Moment, stehe auf und klappe das Laptop zu.

      Valtteri macht eine kurze Pause und schaut mich an. Seine typischen Denkfalten kräuseln sich auf seiner Stirn.

      „Aber jetzt mal zu dir, Valtteri: Wie geht es Anneline?“, erkundige ich mich, während ich die Malerei wieder aufnehme.

      „Das tut überhaupt nichts zur Sache!“, antwortet er übertrieben resolut.

      Ich muss lächeln. Er registriert es aus seinen Augenwinkeln.

      Valtteri reißt drei weitere Bögen Papier von dem DIN A2-Malblock herunter. Er mischt Farben, wischt sie unwirsch über die Blätter. Währenddessen bearbeite ich meine aufgetragenen Farben mit zwei Schwämmen, deren Poren und Struktur eine unterschiedliche Größe und Dichte aufweisen. Wir schweigen. Konzentriert starren wir mal grübelnd, mal murrend und mal grinsend auf unsere jeweiligen DIN A2-Bögen, greifen nach Farben, Pinseln, Zahnbürsten, Spachteln, Schwämmen und Tüchern und malen vor uns hin. Minuten verstreichen, dann hebt Valtteri seinen Blick, unterbricht seine Malerei und sieht mich an. Er guckt verlegen, ist unsicher.

      „Hach“, stöhnt er überfordert.

      Für einen kurzen Augenblick wirkt er wie ein hilfloser Schuljunge.

      Valtteri steht auf. Er stemmt sich die linke Hand in den Rücken, mit der rechten Hand kratzt er sich an seinem Kopf.

      „Hach je“, seufzt er vor sich hin.

      „Nur Mut.“

      „Jo“, erwidert Valtteri, während er sich umständlich durch seine schon etwas schütteren Haare fährt. „Jo, jo, joooo.“

      Er stapft in den Flur, greift nach seinem Mobiltelefon. Kurz darauf höre ich ihn wenige Sätze Finnisch sprechen. Kaum fünf Minuten später setzt er sich wieder zu mir und betrachtet eingehend die trocknende Farbe auf seinen Bildern.

      „Und?“

      „Wir sind für morgen Abend verabredet. Nach die Arbeit.“

      „Mensch, Valtteri, das ist doch super! Ich freue mich mit dir.“

      „Also… die Überlegung wäre… Ich komme hierhin, gehe duschen, ziehe mich um und fahre direkt wieder los. СКАЧАТЬ