Название: Mein Chef und andere Hürden
Автор: Monika Starzengruber
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783750225701
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„Monika!“, rief eine Passantin hinter meinem Rücken. Scheinbar hatten sich Bekannte getroffen. Trotzdem ich den fremden Stimmen, sowie dem anschließenden Begrüßungsgeschehen nicht länger als nötig meine Aufmerksamkeit schenkte, hinkte mein Denken dem gerufenen Namen „Monika“ hinterher. Dabei schoss mir Monika Kilius, meine esoterisch interessierte Seminarfreundin ein. Na ja - Freundin war zu viel gesagt. Bekannte traf es besser. Vielleicht lebte sie noch solo? Meiner Meinung nach kam dieser gnädige Fingerzeig von meinen himmlischen Helfern. Ein gehauchtes „Danke“ ans Universum für diesen grandiosen Einfall war somit fällig.
Schon drückte ich die Tasten meines Handys. Nach den ersten Signaltönen erfasste mich eine gewisse Unruhe. Umso inbrünstiger vereinnahmte mich der Wunsch, dass Monika abheben würde. Nach drei weiteren Rufzeichen erfüllte mich die Befürchtung, dass es das gewesen war, als unerwartet dann doch ihre erfreute Stimme erklang: „Hallo Rena, schön, dass du anrufst. Hast du das Buch von Angerbauer und Kilian „Befreiung von negativen Wesen“ schon gelesen?“
In Anbetracht der Zurechtlegungen meiner weiblichen List, die bezüglich Kurt einzusetzen vonnöten war und die mich noch voll in Anspruch nahmen, kam ich nicht gleich darauf, was sie meinte. Darum wiederholte ich ihre Worte leise. Befreiung von negativen Wesen? Was für ein Zufall, wegen so eines Wesens rief ich an.
„Wenn nicht, leihst du es mir trotzdem?“
Die Götter hatten ein Einsehen.
„Kurt bringt es dir heute noch vorbei.“
„Kurt? Wer ist Kurt?“
„Ein selten lieber Kerl.“ Das Universum möge mir diese Lüge verzeihen.
„Was Ernstes?“
„Nein, nur ein Freund, nichts weiter. Es trifft sich gut, er wollte dich ohnehin kennen lernen.“ Dass er das wirklich wollte, brachte ich ihm schon noch bei - irgendwie. Nebenher schickte ich ein Stoßgebet ins All, um nun nicht hören zu müssen, dass sie fest vergeben sei.
„Ach ja? Okay. Ab acht bin ich zu Hause.“
Ich atmete auf.
„Wieso hast du eigentlich angerufen?“
Heiß. Kalt. Mir stockte der Atem. „Äh ... ja ... warte ... das ... Seminar, ... ja genau, wegen des nächsten Seminars, wie heißt es noch?“
„Die Erde und ihr spiralenförmiger Aufstieg ins Wassermannzeitalter.“
„Richtig. Wann sagtest du ist der Vortrag?“
„Kommenden Samstag 18 Uhr im Weidingerhof.“
„Alles klar.“
„Vergiss nicht, mir das Buch vorbeizuschicken. Ich brauche dringend Lesestoff.“
Diese Mahnung hätte es nicht gebraucht, wo ich noch dringender einen Notnagel brauchte und innerlich bereits jubilierte, die Lösung der Lösungen gefunden zu haben. Mit ein wenig Glück richtete sich Kurt bei Monika häuslich ein und kam nicht wieder. Das Non-Plus-Ultra, multipliziert mit dem Tüpfelchen auf dem i, ergab summa summarum - ein Pärchen.
Ich war ein Genie! Stutz. Und eine Kupplerin. Warum fiel mir Claudia plötzlich ein?
Wie immer fand die Besprechung im Konferenzzimmer statt. Wir Abteilungsleiter breiteten die dazu benötigten Unterlagen vor uns auf dem Tisch aus und warteten auf Dorner. Der, wie üblich, seinem Auftritt den nötigen Stellenwert verlieh, indem er vorerst durch Abwesenheit glänzte. Manchmal hielt dieser Status einschläfernd lange an. Bis er dann abgehetzt mit hochrotem Kopf erschien, seine Ringmappe auf den rechteckigen Tisch schnalzte, sodass wir ausharrenden alle wieder aufwachten.
„Unser heutiges Ziel ist es ... äh ... uns über die Umsatzsteigerung der einzelnen Bereiche, die Kundenzufriedenheit ... äh ... und dem wichtigsten Punkt, die Freundlichkeit der Mitarbeiter gegenüber dem Kunden ... äh ... Gedanken zu machen.“
Der Einstieg seiner Reden glich sich stets aufs Haar. Nämlich kam nie, auch nur in minimalster Weise, die Andeutung einer Entschuldigung über seine Lippen, nach einer derartigen Versetzungsphase. Getreu nach dem schlauen Büchlein, das jeder in der Chefetage las, irgendwann: Als Chef darfst du Fehler machen, aber du darfst sie niemals zugeben.
„Frau Starz ... äh ... wir beginnen mit Ihrer Abteilung. Lassen Sie Ihre Kennzahlen hören.“
Eifrig blätterte ich mich durch meine vorliegenden Schmierzettel, um den herauszufischen, worauf die begehrten Ziffern standen und staunte nicht im Geringsten, als Dorner nach deren Bekanntgabe sagte: „Der Umsatz ist viel zu niedrig und das Manko ... äh ... viel zu hoch.“
Ein Faktum, das mir bekannt war und meinen Adrenalinspiegel nicht die Spur ins Wanken brachte. Zum Staunen kam ich erst, als Dorner mir einen Vorschlag unterbreitete, um den Umsatz, wie er dementierte, schlagartig steigen zu lassen.
„Aktiv verkaufen.“
Seiner Meinung nach war das der Schlüssel zum Erfolg. Aktiv verkaufen sagte mir zuerst gar nichts, bis Dorner sein Vorhaben ausschmückte: „An unseren verkaufsstärksten Tagen, sprich Wochenenden, konzentrieren wir uns ... äh ... auf einen Artikel, den wir groß und breitflächig platzieren. Wir bieten den Kunden die Ware persönlich, im Zuge einer Verkostung zum Kauf an, ... äh ... damit er gleich schmeckt, was er ... äh ... kaufen soll.“
„Mit einem Wort, wir in der Obstabteilung werden zu Marktschreiern“, folgerte ich unüberhörbar, in der Annahme, ihn falsch verstanden zu haben.
„Nicht direkt, aber ... äh ... so in der Art.“
Das war das Himmelschreiendste, was ich je gehört hatte. Es war der Hammer. Aber der Überhammer war der Film, den wir uns anschließend als Vorbild „hineinziehen“ durften. Worin ein Fischstand vorgeführt wurde, deren Angestellte sich nicht zu knapp in Szene setzten, indem sie die Fische zur Unterhaltung der davor stehenden Kunden in die Luft, warfen, sie auffingen und in einem Ton anpriesen, der jeden Rummelplatzsteher neidisch werden ließ.
Nebenbei gaukelte ich mir vor, wie wir unsere Äpfel, Birnen, Bananen und Salate durch die Gegend schupften. Wie das Obst und Gemüse durch Missgriff auf den Boden landete oder aus Versehen auf den Köpfen der Kunden. Kaum zu Ende gegaukelt prustete ich los vor Lachen. Letztlich rang ich mir unter den fragenden Blicken meiner Kolleginnen und Dorner ab: „Für diese Art von Verkauf bin ich eindeutig zu bald geboren.“
Schließlich waren wir ein Selbstbedienungsmarkt und keine Witzbude. Doch als loyales „Betriebsinventar“ hatte man natürlich umzusetzen, was Dorners Kopf ausbrütete. So war es mir auferlegt, die neu erworbenen Kenntnisse für den Verkauf an meine untergebenen Hirten von Obst und Gemüse weiterzugeben. Auf die Frage von Janina: „Wer soll das machen?“, bekam sie die zart besaitete Zukunftsmusik von Dorner zu hören. „Jeder.“
Das war nicht leicht durchzuführen, denn, jeder scheute sich vor dem intimen Kontakt zum Kunden, freiwillig meldete sich keiner dafür. Beim Austeilen des Selbstvertrauens nach der Geburt schien keiner meiner Kolleginnen zum Schreihals geworden zu sein. Ein Zustand, der mich zwang, ein Machtwort zu sprechen. Ein Klipp und СКАЧАТЬ