Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 3. Jörn Kolder
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Читать онлайн книгу Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 3 - Jörn Kolder страница 9

СКАЧАТЬ unternehmen wollten. Kopflos sagte sich Frieder Bergmann, dass er weder jetzt noch später, wenn der Dampfer wieder an seinem Ausgangspunkt anlegen würde, ungeschoren verschwinden könnte und wie um Zeit zu gewinnen stieg er vollkommen durcheinander über eine Leiter zur Dampfmaschine hinunter, der Maschinist stand ja mit dem Bootsführer noch am Ausgang. Unten angekommen schaute Bergmann sich gehetzt um, Richtung Heck sah er links und rechts jeweils eine eiserne Tür und drückte zuerst die linke auf. Dort sah er eine kleine Werkstatt, hinter der rechten wurde Koks gebunkert: das Material für die Feuerung der Dampfmaschine. Klirrende Leiterstufen zeigten an, dass der Maschinist wieder seinen Arbeitsplatz besetzen wollte und Frieder Bergmann verlor jetzt vollständig die Kontrolle über seine flatternden Nerven, mit einem Satz war er hinter dem Kokshaufen verschwunden aber realisierte noch, dass der Heizer sicher ab und an Nachschub an Brennmaterial holen müsste.

      Kurz entschlossen sprang er hinter den Berg, warf sich auf den Boden und bedeckte sich so gut es ging noch mit Koks. Er hörte, dass der Heizer die Klappe des Dampfkessels öffnete und Koks hineinschaufelte, dann knallte der Verschluss wieder zu und der Maschinist hatte offensichtlich Zeit für eine Pause. Bergmann lauschte angestrengt und bekam mit, dass der andere Mann offensichtlich eine Flasche öffnete, denn nach einigen deutlich vernehmbaren gierigen Schlucken rülpste dieser röhrend und ließ einen donnernden Furz fahren. Dann schien er sich seine Schaufel zu greifen und weiterzumachen, denn der Koksberg geriet in Bewegung, als der Mann sein Arbeitsmittel in den Haufen stieß.

      „Noch vier Schippen, das reicht dann bis nach Hause“ brabbelte er vor sich hin „Scheißschaufelei, ich hab‘ vielleicht die Schnauze voll, noch n Bierchen könnte mir jetzt gut tun.“

      Wieder trank er hastig und quittierte den Kohlensäuregehalt des Bieres mit einem weiteren Rülpser. Bergmann konnte mittlerweile ganz gut lokalisieren wo sich der Heizer aufhielt, denn die Eisenplatten dröhnten unter dessen Schritten. Der Mann warf seine Schaufel krachend in eine Ecke, dann näherte er sich nochmals dem Koksberg und blieb vor diesem stehen. Frieder Bergmann erstarrte: war er entdeckt worden? Einen Augenblick später war diese Befürchtung hinfällig, denn es plätscherte laut auf den Koks, der Heizer erleichterte sich ungeniert. Das schien auch ein Zeichen für das baldige Anlegen zu sein denn kurz darauf sprang der Maschinentelegraph an und der Mann hantierte an der Steuerung. Frieder Bergmann verspürte einen sanften Stoß als der Dampfer an den Anlegeponton schrammte, er war wieder am Ausgangsort seiner Reise angekommen. Dennoch waren seine Probleme nicht kleiner geworden, wie sollte er von Bord kommen? Der Maschinist kletterte nach oben und Frieder Bergmann schälte sich unter dem Kokshaufen hervor, dann stieg er selbst nach oben. Seine zu Beginn der Dampferfahrt sauberen Sachen hatten nunmehr eine anthrazitfarbene Note erhalten und auch Gesicht und Hände trugen diesen Farbton. In diesem Aufputz würde er noch mehr Aufmerksamkeit erregen und keineswegs über die Landungsbrücke ans Ufer kommen. Jetzt ist alles egal sagte er sich, ging geduckt zum Heck des Schiffes und ließ sich an einem an der Bordwand baumelnden Tau ins Wasser gleiten. Das war nicht kalt und nach einigen Schwimmzügen hatte er Grund unter den Beinen, dann stieg er aus dem Fluss. Es war jetzt gegen 16 Uhr und der Bereich der Anlegestelle gut bevölkert, als Frieder Bergmann wie Aphrodite den Fluten entstieg richteten sich alle Augen auf ihn und er verfiel in einen Dauerlauf um den neugierigen Blicken zu entkommen. Plötzlich fiel ihm ein, dass er seinen Jaguar unweit der Anlegestelle geparkt hatte und das Parkticket in 10 Minuten ablaufen würde. Er musste also wieder zurück und da er nicht feststellen konnte wie er jetzt aussah stapfte er in hohem Tempo mit abwärts gerichtetem Blick an den staunenden Passanten vorbei. Seine zitternden Hände konnten kaum die Tasten der Autofernbedienung betätigen, aber dann öffnete er die Tür und ließ sich erschöpft in den Sitz fallen. Er hatte es geschafft.

      „Sag‘ mal Frieder, hältst du das nicht albern für dein Alter, hier in der Badewanne mit Spielzeugschiffen zu hantieren?“ hatte ihn Petra gefragt.

      „Keineswegs“ war die knappe Antwort gewesen.

      Frieder Bergmann hatte nach dem Debakel auf dem Elbdampfer beschlossen, sich zunächst im kleinen Maßstab an die Kunst der Bootsführung heranzutasten. Aus seiner Sicht war das ja eine übliche Art etwas zu erlernen, schließlich übten Piloten ja auch im Simulator. Verglichen mit diesem komplizierten Gerät nahmen sich seine technischen Mittel aber eher bescheiden, allerdings nicht unbedingt kostengünstig aus. Er verfügte über zwei elektrisch angetriebene Spielzeugschiffe, die er mit Bedacht in einem Laden ausgewählt hatte. Eines davon war die Nachbildung eines Supertankers, das andere das Modell eines Kriegsschiffes mit gewaltigen Geschütztürmen. Auf den ersten Blick schienen die Schiffe so gar nicht zueinander zu passen, schließlich wollte Bergmann den Schiffsverkehr auf einem Binnenfluss simulieren, aber wenn man genauer hinsah konnte man feststellen, dass die beiden Fahrzeuge annähernd gleich lang, breit und hoch waren. Frieder Bergmann hatte in Ermangelung geeigneter Binnenschiffe eben diese Modelle ausgewählt, da sie ähnliche Größenverhältnisse aufwiesen. Das Schlachtschiff war auch deswegen in seinem Einkaufwagen gelandet weil es nettes Feature mitbrachte: man konnte die Oberseite der Geschütztürme aufklappen und kleine Plastikgeschosse in ein Magazin drücken. Auf der drahtlosen Fernsteuerung des Kriegsschiffes befanden sich ein Steuerkreuz und mehrere Knöpfe, deren Funktionen sich Bergmann aus dem Studium der Bedienungsanleitung erschlossen hatten. Mit dem Steuerkreuz gab man den Kurs vor, also geradeaus, rückwärts, nach links oder rechts (er hatte schon wieder vergessen, welche Seite Backbord und welche Steuerbord war). Ein kleines und zur Hälfte senkrecht aus der Steuerung herausragendes Rad legte die Geschwindigkeit fest. Vier in einer Linie angeordnete blaue Knöpfe dienten dazu die Geschütztürme zu aktivieren. Wenn Bergmann also den ersten drückte war der am Bug befindliche in Betrieb, der vierte erweckte den hinteren am Heck zum Leben. Er konnte auch alle gleichzeitig aktivieren, dann war er in der Lage, die Türme synchron zu bewegen. Diese Bewegung stellte für ihn eine ernste Herausforderung dar, denn neben den blauen Knöpfen waren jeweils kleine Joysticks angeordnet. Mit deren Hilfe konnte man den einzelnen Turm in jede Richtung drehen und auch die Erhöhung der Geschützrohre festlegen. Neben den Joysticks gab es nochmals rote Knöpfe, die zur Abfeuerung der Geschosse dienten. Bergmann hatte sich beim Kauf des Schlachtschiffes nicht lumpen lassen und war der Empfehlung des Verkäufers gefolgt, Spezialmunition zu erwerben.

      „Wenn Sie ein realistisches Verhalten haben wollen nehmen Sie natürlich die „Combat Shells“, diese Spezialgeschosse explodieren beim Aufprall auf ein anderes Schiff oder einen beliebigen Gegenstand. Die sind nicht billig aber Sie werden begeistert sein wenn Sie die Wirkung dieser Munition beobachten können. In den kleinen mit Schwarzpulver gefüllten Kartuschen – das ist aber ungefährlich - befinden sich Wuchtgeschosse mit einem zusätzlichen Brandsatz. Man schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: beim Schuss entstehen Rauchgase, die die Sache total realistisch wirken lassen, und wenn die Granaten ein gegnerisches Schiff treffen bohrt sich der kleine Stahlpfeil, der das Wuchtgeschoss nachbildet, in die Bordwand oder das Deck hinein. Der Clou ist allerdings die Wirkung des Brandsatzes. Wenn sich dieser entzündet gerät der Gegner auch noch in Brand. Natürlich benötigen Sie dafür zusätzlich einen Brandbeschleuniger, denn das Plastik der Modellschiffe ist eigentlich kaum entflammbar. Ich empfehle Ihnen ein Zielschiff zu kaufen, das nicht so teuer ist. Dieses wird dann mit diesem Spezialmittel hier über der Wasserlinie eingestrichen, es bildet sich ein Gasfilm der zirka 30 Minuten anhält, in dieser Zeit dürften Sie ein paar Treffer angebracht haben. Aber bitte unbedingt nur im Freien verwenden. Das ist eine Mordsgaudi, ich selbst habe so schon einige Zielschiffe auf den Grund geschickt. Wir haben hier auch ein Demonstrations-Video von der „New Jersey“, kommen Sie mal mit.“

      Frieder Bergmann stand gefesselt vor dem Fernseher. Das Schlachtschiff fuhr auf einem größeren Teich, die Kamera schwenkte auf einen Mann der das Modell steuerte. Das Zielschiff, ein Tanker, versuchte seinem Verfolger mit einem wirren Zick-Zack-Kurs abzuschütteln und das schien auch auf den ersten Blick zu gelingen. Dann zoomte die Kamera nah an die vorderen Türme des Schlachtschiffs heran, während der Fahrt drehten sich diese in Richtung des Tankers, die Rohre hoben sich und dann war eine Rauchwolke zu erkennen. In Zeitlupe verfolgte die Kamera die Bahn СКАЧАТЬ