Der Wurbelschnurps. Nadja Hummes
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Читать онлайн книгу Der Wurbelschnurps - Nadja Hummes страница 14

Название: Der Wurbelschnurps

Автор: Nadja Hummes

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783741805110

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СКАЧАТЬ hin“, erwiderte Finella halb maulig, halb belustigt. „Wie ging es weiter, nachdem der alte Dorjas den Bagot umfasst hatte?“

      „Wie gesagt, er erschrak fast ein wenig.“

      „Und dann?“

      „Er hütete sich, den Bagot zu drücken. Er beließ es bei dem Umfassen des Bagots, wurde kurz von ihm gedrückt und ließ ihn gleich darauf wieder los. Die umstehenden Bagots umarmten den alten Dorjas nicht. Sie lachten erleichtert oder verbeugten sich oder klatschten in ihre Hände oder wedelten fröhlich ihre Arme in der Luft oder übergaben ihm Geschenke oder murmelten und brabbelten unablässig in ihrer typischen Bagotmanier, – aber sie umarmten ihn nicht. Und sie schüttelten ihm auch nicht die Hand. Auf diese Weise bedankten die Bagots sich bei dem alten Dorjas und verabschiedeten ihn. Gleich darauf machte er sich wieder auf den Heimweg.“

      „Hat er auch gesagt, wie es sich anfühlt, von einem Bagot umarmt zu werden? Oder hat er dir nur davon berichtet, wie es ist, einen Bagot zu umarmen?“

      „Oh, er hat durchaus davon erzählt. Der alte Dorjas war so gut wie fassungslos. Im Grunde hat er nur darauf geachtet, wann die Umarmung beendet war.“

      „Um überhaupt feststellen zu können, dass er gedrückt wude?“

      „Exakt. Hätte er nicht festgestellt ‚Aha, jetzt ist der Körperkontakt also beendet‘, so hätte er nicht gewusst: ‚Aha, dann muss das vorher also eine Bagot-Umarmung gewesen sein.‘ Er hat kaum etwas gespürt. Eher so etwas wie ein aufgeplustertes Fellknäuel, das plötzlich zerpufft.“

      „Vielleicht so, wie eine buschige Perserkatze. Oder wie ein fülliger Hund, der in einen Teich springt und als nasse Bohnenstange wieder herauskommt“, überlegte Finella.

      „Nein. Glaube mir, Finella. Selbst die haben mehr Körpersubstanz als ein Bagot.“

      „Au weia.“

      „Tja. Das sind Bagots. Ich verstehe vollkommen, was du meinst, Finella.“

      „Du, Wurbelschnurps“, sagte Finella und hielt inne. „Ich wüsste gerne, was es mit den Federkristallweißen auf sich hat.“

      „Das kann ich gut verstehen, Finella. Mir geht es ebenso.“

      „Hmmm. Wen könnten wir fragen? Wo könnten wir hingehen, um etwas über die Federkristallweißen in Erfahrung zu bringen?“

      „Ich weiß es nicht. Ich gestehe, ich habe schlichtweg keine Ahnung.“

      „Hmmmmm.“

      „Du, Finella?“

      „Ja?“

      „Würdest du mir davon erzählen, wenn du etwas über die Federkristallweißen in Erfahrung bringst?“

      „Du stellst Fragen, Wurbelschnurps! Klar! Natürlich erzähle ich dir davon! Das versteht sich doch von selbst!“

      „Ja.“ Der Wurbelschnurps lächelte glücklich. „Da hast du Recht. Können wir dann weitergehen? Wir sind schon ziemlich spät dran.“

      „Wie kommst du darauf?“ erkundigte Finella sich ernsthaft.

      „Die Sonne hat den Zenit bereits passiert. Weißt du denn nicht um die Sonnenuntergänge in den Bergen?“

      „Nein. Wurbelschnurps. Ich habe diese Berge noch nie zuvor besucht. Wie soll ich denn da um die Sonnenuntergänge in den Bergen wissen?“

      „Aber in der Menschenwelt gibt es doch auch Berge?“

      „Schon.“

      „Dort habt ihr doch auch Sonnenuntergänge?“

      „Ja, schon.“

      „Wieso weißt du dann so wenig darüber?“

      „Jetzt hör auf, Wurbelschnurps!“ schnauzte sie ihn mit einem Male an. Einmal mehr wurde ihr ihre eigene Unzulänglichkeit bewusst. Tiefe Beschämung erfasste sie. Schmerzende Beschämung, die sie zu verbergen suchte. „Ich kann doch nicht alles wissen!“ setzte sie patzig verstockt hinzu.

      „Nein. Das musst du auch nicht“, erwiderte der Wurbelschnurps. Er sagte es so, dass sie sein Mitgefühl ebenso deutlich hören konnte, wie die klare Grenze, mit der er ihren Tonfall nicht duldete.

      Schweigend liefen sie nebeneinander her.

      Finella wusste genau, dass es an ihr lag. Zwar ratterte sie in ihren Gedanken sämtliche „Der ist total blöd! Der ist gemein! Der hat keine Ahnung! Der ist schuld! Ich bin nur deswegen so ausfallend geworden, weil er…!“ und weitere Sätze dieser Art herunter. Sie wusste jedoch, dass sie Unrecht hatte.

      Das wusste sie ganz genau. Es wäre ihr nicht einmal schwer gefallen, es zuzugeben. So etwas hatten Mama und Papa ihr zum Glück schon vor langer Zeit beigebracht. Nein, das war es nicht. Was sie schmerzte, zutiefst schmerzte, war ihre eigene Dummheit und das Wissen um ihre gelegentliche Faulheit. Nicht zuletzt auch die Momente, in denen sowohl ihre Bildungslücken als auch ihre Faulheit offenkundig zu Tage traten. Summa summarum taten ihr also sage und schreibe drei Faktoren auf einmal weh. Finella seufzte über ihr eigenes Elend. Was für eine schrecklich missliche Lage. Was für ein bedauernswerter Zustand. Welch ein Weltschmerz.

      Vorsichtig guckte Finella zur Seite, las im Gesicht ihres Wurbelschnurpses. Nein, er bemitleidete sie nicht. Ganz eindeutig. Sie seufzte lauter. Sie stöhnte jammervoll. Der Wurbelschnurps verzog keine Miene.

      Weiterhin liefen sie schweigend nebeneinander her.

      Na bitteschön. Wenn der Wurbeschnurps bockig sein wollte, das konnte sie auch. Er würde schon sehen, was er davon hat. Ha.

      Und noch immer liefen sie schweigend nebeneinander her.

      Es dauerte eine Weile, bis Finella erneut einen Blick zur Seite wagte. So bockig sah der Wurbelschnurps gar nicht aus. Oder?

      Vorsichtig schaute sie ein zweites Mal zur Seite. Und ein drittes Mal. Nur, um sich zu vergewissern.

      Nein. Der Wurbelschnurps sah tatsächlich nicht besonders bockig aus. Höchstens ein ganz klein wenig. Genau genommen fand sie, so sehr sie auch suchte, nur eine sehr geringe Spur von Bockigkeit in seinem Gesicht. Verschwindend gering.

      Wieder seufzte Finella. Dieses Mal allerdings nicht über ihren Weltschmerz, sondern weil der Schmerz, den sie ihm durch ihr Verhalten zugefügt hatte, jetzt auf sie selber überging. Und dieser Schmerz tat noch viel mehr weh als jener zuvor.

      Finella sah ein, dass der Wurbelschnurps nichts für ihre Unzulänglichkeiten konnte. Klein und tapfer lief er wuseligen Schrittes den Weg zum alten Dorjas hinauf. Obwohl ihr Verhalten ihn schmerzte. Obwohl auch er einfach hätte stehenbleiben und sich verweigern können. Allein, – er tat es nicht. Finella bewunderte ihn dafür. Sie wollte das auch können.

      Sie wusste, der Wurbelschnurps würde dem alten Dorjas freudig, höflich und aufmerksam gegenübertreten. Sie kannte den Wurbelschnurps. Sie wusste, er würde weder seinen Gram noch seinen Unbill an dem alten Dorjas auslassen. Auch dafür bewunderte sie ihn ein wenig. Auch das wollte sie gerne können.

      Wie oft hatte sie nach der Schule einfach ihren Rucksack in die Ecke geschmissen СКАЧАТЬ