Zahltag. Irene Dorfner
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Название: Zahltag

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783742795328

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СКАЧАТЬ sie gerne verzichten. Sie liebte ihre Arbeit und wollte nichts anderes machen. Vor knapp einem Jahr hatte sie den Absprung von zuhause geschafft und jetzt war sie endlich wieder in Mühldorf. Ihre Wohnung war verwaist und kalt. Trotzdem fühlte sie sich dort wohler als irgendwo sonst auf der Welt. Sie war heute sehr früh aufgestanden und war vor ihrem ersten Arbeitstag seit diesem unsäglichen Vorfall in Wolfratshausen wieder in ihrem Leben angekommen. Vielleicht konnte sie wieder so etwas wie Normalität aufbauen und endlich wieder zur Ruhe kommen. Sie konnte es kaum erwarten, wieder durchzustarten. „Was liegt an, Leute?“

      „Der Chef hat uns einen Fall aufs Auge gedrückt, der nicht gut aussieht. Irgendwelche Deppen werfen unterschiedlichste Gegenstände von Brücken auf Straßen.“

      „Verletzte?“

      „Seit heute gibt es einen Toten.“

      „Wer ist das Opfer?“

      „Patrick Ziegler. Der Junge war gerade mal 21 Jahre alt. Sein Fahrzeug wurde in voller Fahrt mit einem Pflasterstein getroffen.“

      „Sonst noch etwas? Das können doch noch nicht alle Informationen gewesen sein.“

      „Nun mal ganz langsam, junge Frau,“ sagte Hans. „Wir haben den Fall erst vorhin übertragen bekommen. Wir wissen auch noch nicht mehr.“

      Mit großem Eifer machten sich die Kriminalbeamten an die Arbeit. Die Tatsache, dass das Todesopfer noch so jung war und er das einzige Kind der Familie war, schlug allen auf den Magen. Die Berichte der Altöttinger Kollegen waren dürftig, sie hatten nicht die kleinste Spur auf die Brückenwerfer. In den Unterlagen gab es auch keinen konkreten Hinweis auf Mitglieder der Bürgerwehr.

      Werner hatte die entsprechenden Brücken, von denen Abwürfe gemeldet wurden, auf einer Karte eingezeichnet.

      „Es waren hauptsächlich Brücken in Altötting und Neuötting betroffen. Niemand hat den- oder diejenigen gesehen. Die Meldungen wurden von betroffenen Autofahrern vorgenommen. Ich habe eine Liste mit Namen und Adressen angefertigt,“ schloss Werner seine Ausführungen.

      „Wo und wie sollen wir anfangen?“, rief Leo.

      „Wir sollten mit den Eltern des Opfers sprechen. Vielleicht bekommen wir einen Hinweis, der uns weiterhilft,“ sagte Tatjana.

      „Ich glaube nicht, dass uns das weiterbringt. Die Zeugin Alramseder sagte, dass es zur Tatzeit stockdunkel war. Der Pflasterstein hätte jeden treffen können, auch ihren eigenen Wagen. Aber wenn du meinst, sprechen wir mit den Eltern, ich begleite dich.“ Hans nahm seine Jacke. Er musste raus hier. Schon seit Tagen saßen er und seine Kollegen an alten Fällen, mit denen der Chef immer wieder ankam, wenn kein aktueller Fall vorlag.

      „Dann übernehme ich mit Werner die Zeugen,“ sagte Leo. Auch er war froh darüber, endlich aus dem Büro zu kommen. Wie Hans hasste auch er trockene Büroarbeit.

      Es war kalt geworden, sehr kalt. Überall sah man Weihnachtsdekorationen, die zum Ende November jedes Jahr angebracht wurden. Dieses Jahr begann die Adventszeit besonders früh. Auch die Stadt Mühldorf ließ sich nicht lumpen und dekorierte den Stadtplatz, über den sie gerade fuhren, mit üppigen Sternen und Lichterketten. Hans liebte diese Jahreszeit, auch wenn sie ihn gleichzeitig traurig stimmte. Seine Eltern lebten schon lange nicht mehr und mit Wehmut dachte er daran, wie heimelig und gemütlich sein Elternhaus in der Vorweihnachtszeit geschmückt war. Der Duft von Weihnachtsplätzchen durchzog das Haus und überall glitzerte und funkelte es. Das war lange vorbei. Hans hatte kein Händchen für Dekoration und so blieben die alten Erinnerungsstücke in den Kartons auf dem Speicher.

      „Was ist mit dir? Träumst du?“, riss ihn Tatjana aus seinen Gedanken. „Ich habe dich etwas gefragt.“

      „Entschuldige, ich war gerade ganz woanders. Wie war deine Frage?“

      „Ich möchte wissen, ob es in der Zwischenzeit irgendetwas Neues gibt? Hat jemand geheiratet? Wurden Kinder geboren? Hast du endlich eine Frau gefunden, die es mit dir aushält?“

      „Du warst gerade mal ein halbes Jahr weg. Außerdem haben wir dich abwechselnd besucht und dich auf dem Laufenden gehalten. Wie sieht es bei dir aus?“

      „Ich bin wieder hier, das muss reichen,“ sagte Tatjana und zündete sich eine Zigarette an. Das war bereits die Zweite, seit sie unterwegs waren. Tatjana war dünn geworden, viel zu dünn. Optisch sah sie immer noch gleich aus. Sie trug zu Jeans und dicken, bequemen Schuhen einen der selbstgestrickten Pullover, die sie sonst auch immer trug. Diese wurden von Häftlingen gestrickt, die sich dadurch für die Zeit nach dem Knast ein Zubrot verdienten; dieses Projekt hatte auch Tatjana ins Leben gerufen. Hans ließ sich von dem Äußeren nicht täuschen. Seine Kollegin hatte sich verändert und er hoffte, dass sich das wieder legte, denn er mochte sie genau so, wie sie vor dem tragischen Zwischenfall gewesen war. Ihr Unterton war schnippisch und kam etwas zu scharf rüber. Außerdem wurde sie nervös, wenn man versuchte, ihr in die Augen zu sehen. War er zu kritisch und beobachtete sie zu genau? Vielleicht hatte sie einfach nur schlecht geschlafen.

      Vor dem Haus der Familie Ziegler atmete Hans tief durch. Die bevorstehende Unterhaltung mit den Eltern des Opfers schlug ihm jetzt schon auf den Magen. Tatjana ging es ähnlich. Vorhin war sie von ihrem Vorhaben noch völlig überzeugt, jetzt zweifelte sie. Warum wollte sie unbedingt mit den Eltern sprechen? Den Sohn hatte es zufällig getroffen, das stand für sie außer Frage. Was wollte sie hier? Sie zündete eine weitere Zigarette an.

      „Möchtest du Zeit schinden? Irgendwann müssen wir da rein,“ sagte Hans und stieg aus. „Oder hast du es dir anders überlegt? Sollen wir wieder fahren?“

      „Nein. Jetzt sind wir hier und ziehen die Sache auch durch.“ Tatjana warf die Kippe auf die Straße und klingelte an dem schlichten, gepflegten Einfamilienhaus. Die Lautstärke der Türglocke überraschte beide. Ein Mann Mitte fünfzig öffnete die Tür.

      „Kriminalpolizei Mühldorf. Mein Name ist Struck, das ist mein Kollege Hiebler. Wir sind hier, ….“ Weiter kam Tatjana nicht. Der Mann drehte sich wortlos um und ging ins Haus, wobei er die Haustür offenließ. Tatjana und Hans folgten dem Mann und staunten nicht schlecht, als sie den Staatsanwalt Eberwein im Wohnzimmer vorfanden.

      „Herr Eberwein? Was machen Sie hier?“

      „Ich bin ein Freund der Familie Ziegler. Gut, dass Sie sich um den Fall kümmern. Willkommen zurück, Frau Struck,“ sagte Eberwein und gab ihr sogar die Hand. „Ich darf mich verabschieden. Ich gehe davon aus, dass Sie alles daransetzen, um den Mörder von Patrick so schnell wie möglich zu finden?“

      „Selbstverständlich.“

      Der Termin bei Gericht war schneller vorbei, als gedacht. Eberwein fühlte sich dazu verpflichtet, seinem Freund und dessen Frau persönlich beizustehen. Jetzt, da die Kriminalbeamten hier waren, konnte er beruhigt gehen. Eberwein war zufrieden, die Kriminalpolizei arbeitete wie gewünscht mit vollem Einsatz an dem Fall.

      Das Ehepaar Ziegler beantwortete alle Fragen der Kriminalbeamten. Sie schilderten ihren Sohn in den buntesten Farben, was ihnen augenscheinlich sehr schwerfiel. Besonders Barbara Ziegler war am Boden zerstört und musste sich sehr konzentrieren, alle Fragen richtig zu verstehen. Für Hans stand außer Frage, dass sie unter Medikamenten stand. Paul Ziegler war sehr viel gefasster. Er hing an Hans‘ und Tatjanas Lippen und vervollständigte die Aussagen seiner Frau, wenn sie ihm nicht ausführlich genug schienen. Tatjana und Hans hatten keine Fragen mehr. Sie würden am liebsten so schnell wie möglich verschwinden, aber Frau Ziegler hinderte sie daran.

      „Sie СКАЧАТЬ