Blaue Diamanten. Irene Dorfner
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Название: Blaue Diamanten

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783738070484

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СКАЧАТЬ ihm heute besonders schwer, seine Mutter irgendwie zu mögen. Nach den üblichen Beschimpfungen und Vorwürfen schimpfte sie nun über seinen toten Vater, an dem sie nie ein gutes Haar ließ. Tamino zwang sich dazu, irgendwann nicht mehr zuzuhören. Er dachte an das, was der Mann vorhin zu ihm sagte. Sprach er nicht auch von einer Bezahlung, mit der er sich im Kolibri mehrere Tage vergnügen könnte? Die Bezahlung konnte nicht gering sein, die Sache würde sich auf jeden Fall finanziell lohnen. Je länger er darüber nachdachte, desto weniger Bedenken hatte er. Was sollte schon passieren? Wenn er aufflog, würde er der Polizei die Wahrheit sagen. Sollten die ihm doch das Gegenteil beweisen! Die anfängliche Angst war verflogen und er fühlte sich auf seltsame Weise lebendig. Endlich passierte etwas Positives in seinem langweiligen, eintönigen Leben. Freute er sich etwa auf das, was ihn erwartete? Seine Mutter bemerkte die Veränderung im Gesicht ihres Sohnes, was sie nur noch wütender machte. Sie wurde lauter und die Vorwürfe wurden heftiger. Sie gab erst auf, als sie erschöpft war. Sie setzte sich wieder in ihren Sessel und nahm die Fernbedienung in die Hand. Pünktlich fing eine ihrer Sendungen an. Tamino war sprachlos. Wie machte sie das nur immer? Egal, wie schlecht sie drauf war und was sie ihm alles um die Ohren warf: Ihre Sendungen verpasste sie nie.

      Tamino war endlich allein und spülte den Teller ab. Er war wie immer stolz auf sich, dass er geduldig war und sich beherrscht hatte, was ihm immer schwerer fiel. Wurde sein Nervenkostüm dünner oder wurde seine Mutter fieser?

      Er ging in sein Zimmer. Er besah sich das Gesicht auf dem Foto eindringlich und kannte es rasch auswendig. Bereits am nächsten Tag hielt er auf der Heimfahrt Ausschau nach der Frau. Da stand sie! Auf der gegenüberliegenden Seite wartete sie auf die Linie 12. Stieg auch sie hier um oder stieg sie zu? Das hatte ihn nicht zu interessieren. Er beobachtete die Frau, die etwas abseits von den anderen stand. Die Frau war nicht sein Typ. Sehr in sich gekehrt und mausgrau, das mochte er an Frauen überhaupt nicht. Jeden dritten Monat gönnte er sich einen Bordell-Besuch im Kolibri im Herzen Münchens, wo er ein anderer Mann sein konnte. Mit seinem sauer verdienten Geld warf er an diesem Tag um sich. Es war für ihn immer noch erstaunlich, was man mit Geld alles kaufen und erreichen konnte. Seine Mutter wusste natürlich nichts davon, die würde ausflippen. Niemand wusste davon, das war sein kleines Geheimnis und das Highlight seines Lebens. Er sparte für diesen einen Abend jeden Cent und genoss bei seinen Bordellbesuchen jede Minute. Seiner Mutter erzählte er immer, dass er in die Oper ginge. Sie hasste die Oper und käme nie auf die Idee, ihn begleiten zu wollen. Sein Vater war ein riesiger Opernfan gewesen und hatte damals nach seiner Geburt darauf bestanden, ihn Tamino zu nennen, nach der Figur in der Zauberflöte. Das war das einzige Mal gewesen, dass sich sein Vater gegen seine Mutter auflehnte und durchsetzte. Auch deshalb hasste seine Mutter die Oper, weil ihr Mann sie so sehr liebte. Das wusste Tamino, deshalb hatte er die Oper vorgeschoben und benutzte sie als Alibi. Dass er an diesen Abenden in seinem besten Anzug außer Haus ging und sehr spät wieder zurückkam, wunderte seine Mutter daher nicht.

      Das da hinten war also die Frau, der er den Umschlag übergeben musste. Ein Kinderspiel. Dieser kleine Job würde ihm im Kolibri mehrere entspannende Abende ermöglichen. Er grinste, ohne es zu bemerken.

      „Dieser Tamino ist ein Trottel,“ sagte Lutz Bräu zu Daniel Thalhammer. Sie waren dem Bus gefolgt, um Tamino bei der Umschlagübergabe zu beobachten.

      „Deshalb habe ich ihn ausgewählt. Ich finde, er ist perfekt für den Job. Ein unbeschriebenes Blatt ohne soziale Kontakte. Außerdem ist auch er ständig pleite.“

      „Ich weiß, obwohl ich das nicht verstehe. Er lebt bei seiner Mutter und hat einen Job. Er wird zwar beim Staatstheater nicht gut bezahlt, aber ohne Miete und ohne Auto müsste er eigentlich prima über die Runden kommen.“

      „Er hat eine kleine Schwäche: Der Idiot verprasst sein Erspartes im Puff.“

      Lutz Bräu verzog das Gesicht. Er mochte keine Bordelle, die widersprachen seinen moralischen Grundsätzen.

      Bräu und Thalhammer fuhren nach Hause. Thalhammer bewohnte eine kleine, schäbige Wohnung in einem miesen Wohnviertel am Rande Münchens; mehr konnte er sich nicht leisten. Er nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich auf die alte, ramponierte Couch. Er war zufrieden mit der Auswahl der beiden Personen, der Test hatte reibungslos funktioniert.

      Bräu fuhr in seine Wohnung der gehobenen Mittelklasse und las bei einem guten Glas Rotwein nochmals mit Genuss den Artikel in der heutigen Tageszeitung. Das überraschende Treffen der EU-Energieminister in München passte hervorragend in den Plan. Ihm war klar, dass der Bayrische Ministerpräsident nur aus Prestigegründen eingeladen hatte und bei den speziellen Fragen komplett überfordert war.

      „Der macht sich doch nur wichtig. Die Wahlen stehen bevor und er möchte Punkte sammeln,“ lachte Bräu und schenkte nochmals nach. Ihnen hätte nichts Besseres passieren können. Die Polizei war abgelenkt und somit konnte er mit Thalhammer in Ruhe arbeiten.

      Was ihm zu schaffen machte, war die geplante Sperrung der Zufahrtsstraße zur A94, die schon seit Wochen angekündigt wurde. Das wäre nicht so schlimm, wenn nicht auch die B304 mit unnötigen Baustellen behindert wäre. Noch war die Zufahrt zur A94 offen, aber wie lange? Eine Fahrt durch die Innenstadt Münchens kam nicht in Frage, das war zu gefährlich. Zum Glück hatten sie einen Plan B, auf den sie im Notfall zurückgreifen konnten. Die Frau, die Thalhammer ausgewählt hatte, war perfekt. Wenn er ehrlich war, hatte er auch mit dem Mann ein glückliches Händchen bewiesen, aber persönlich hatte er etwas gegen ihn. Bräu wischte den Gedanken daran weg. Noch war die Zufahrtsstraße zur A94 offen und alles würde glatt laufen, ganz sicher.

      Der lange geplante Coup konnte endlich beginnen. Nächste Woche war es endlich so weit.

      3.

      Die Kriminalbeamten der Mühldorfer Polizei murrten und waren sauer. Ihr Chef Rudolf Krohmer hatte ihnen eben offenbart, dass sie sich einem ganz besonderen Einsatz anschließen mussten: Dem Treffen der EU-Energieminister in der Bayrischen Staatskanzlei in München.

      „Was sollen wir dort? Gibt es nicht schon genug Einsatzkräfte?“ maulte Hans Hiebler, der solche Jobs überhaupt nicht mochte. Der 55-jährige, 1,80 m große Lebemann roch heute wieder fantastisch. Allerdings war er müde, denn er kam direkt von einem Date mit einer jungen Frau, die er erst heute Nacht in einer Disco kennengelernt hatte. Hans war nicht verheiratet und genoss sein Leben in vollen Zügen. „Sind die Minister nicht erst kürzlich in Brüssel zusammengesessen?“ hakte er nach.

      „Richtig. Aber unser Ministerpräsident hat eingeladen, um die noch offenen Fragen zu klären. Nach meinen Informationen wurden noch nicht alle Punkte für die Umsetzung der EU-Klima- und Energieziele für das Jahr 2030 sichergestellt. Seien Sie unserem Minister-präsidenten dankbar, dass er sich dafür einsetzt, die Umwelt geht uns schließlich alle an,“ sagte Krohmer, für den es selbstverständlich war, dass sich seine besten Leute bei der Sicherung des Treffens beteiligten. „Ich weiß, die Sache ist kurzfristig, aber das schaffen Sie schon.“

      „Wann soll das stattfinden?“ sagte Leo Schwartz. Der 51-jährige gebürtige Schwabe hatte schlecht geschlafen und war mies drauf. Der 1,90 m große Mann hatte heute wieder eines dieser schrecklichen T-Shirts an, deren Leuchtfarben nicht nur in Krohmers Augen schmerzten.

      „Lesen Sie keine Zeitung? Die Energieminister treffen nächste Woche Dienstag den 15. März in München ein. Das ganze dauert zwei Tage bis zum 17. März. Am Freitag nach dem Frühstück reisen die Minister ab, dann ist der Spuk vorbei.“

      „So kurzfristig? Was ist unsere Aufgabe?“ sagte Tatjana Struck gelangweilt. Auch sie mochte diese Aufpasser-Jobs für hochrangige Personen nicht, dafür hatte sie sich nicht für ihren Job entschieden. Sie wollte Verbrechen aufklären und nicht Kindermädchen spielen. Die 38-jährige СКАЧАТЬ